Kandel – Bei teils mehr als 30 Grad fanden sich über den Tag verteilt rund 70 Menschen am Plätzel unter den eigens aufgestellten Pavillons ein. Dort hat im Rahmen der französischen Woche der Tag der offenen Gesellschaft stattgefunden.
Auch zufällige Spaziergänger kamen an den beschatteten Biertischen rasch ins Gespräch, fanden Gemeinsamkeiten aus der Vergangenheit oder auf ihren Interessensgebieten.
Interessant war, wie viele Paare und alleinstehende Menschen, und auch zugezogene Familien sich offenbar mehr Begegnung wünschen. So griffen sie die Möglichkeit auf, auch jenseits der gewohnten Gesellschaft Kontakte anzubahnen.
Die lebhaften Gespräche erinnerten manche an die alte Markttradition auf dem Plätzel. Nach Kandel Zurückgekehrte verbanden damit ihre Kindheit. Neu zugezogene Menschen zeigten sich berührt vom familiären Miteinander in Kandel. Für einige noch ungewohnt, war es für sie eine Bereicherung, so unkompliziert und warmherzig von Kandelern angesprochen und eingebunden zu werden.
Keine Anonymität
Eine Familie, vor ein paar Jahren aus Peking neu hergezogen, empfand den Unterschied zur Anonymität der chinesischen Millionenmetropole als besonders wohltuend, und so entspann sich ein interessantes Gespräch über Nachbarschaft und Zusammenhalt. Auch aus Herxheim und Hayna waren Besucher aufs Plätzel gekommen.
Über Aushänge in Sprachschulen aufmerksam geworden wagten sich auch einige Migranten mit noch frischen Deutschkenntnissen auf die Veranstaltung und fanden ins Gespräch.
„Man muss viel reden, um die Sprache zu lernen“, erklärte ein aus Mazedonien stammender junger Mann, der hier eine Ausbildung machen möchte. Er lerne erst seit zwei Monaten Deutsch, da es an seinem vorherigen Arbeitsplatz nicht nötig war, Deutsch zu können. Auf die Frage, wie er hier in der Region seine Freizeit verbringe, antwortet er fröhlich: „Ich koche gerne für meine Freunde“. Wer weiß, vielleicht konnte er an diesem Tag neue hinzugewinnen?
Wohnungen verzweifelt gesucht
Aber es wiederholen sich doch Themen, die das Leben hier beeinträchtigen, so gerne Menschen sich integrieren möchten. So erzählte eine junge Mutter mit Kinderwagen mit Verzweiflung in den Augen, sie könne keine Wohnung für ihre Familie mit drei Kindern finden. Der Mann ist Deutscher, hat einen festen Job; sie ist Europäerin; dennoch ist es ihnen nicht möglich, ein passendes Zuhause zu finden. So geht es vielen, die in Kandel eine bezahlbare Wohnung suchen.
Auch das veränderte Klima und der gesellschaftliche Zusammenhalt insgesamt wurden an den Tischen thematisiert.
„Neben Kritik und Sorgen überwog aber der Optimismus bzgl. unserer offenen Gesellschaft als derjenigen Lebensweise, die uns allen die Möglichkeit bietet, nach unseren Vorstellungen zu leben und zugleich solidarisch mit anderen; nur wenn wir bereit sind, anderen wirklich zuzuhören und uns aufeinander einzulassen, können wir diese offene Gesellschaft erhalten“, sagt Irene Lamberz, Vorsitzende des Beirats für Migration und Integration.
Lamberz weiter: „Wer unbekümmert oder absichtlich online und offline nur in seiner Blase „babbelt“, trägt leider dazu bei, dass wir bald nur noch aus solchen Bubbles bestehen, und damit in unterschiedlichen, voneinander getrennten Parallel-Welten leben, die gefährlich auseinanderdriften können und es auch teilweise schon tun.“ Dagegen setze der Tag der Offenen Gesellschaft ein Zeichen. Entsprechend warm sei das Klima der Veranstaltung gewesen – sowohl im Sinne der Temperaturen als auch der Herzlichkeit, mit der Menschen aufeinander zugingen.
Dank des Engagements der Citymanagerin Jennifer Tschirner und Heidi Untch vom Frauen- und Familienzentrum/Haus der Familie, der Mitarbeiter des Bauhofs und der Haustechnik, der Beiräte, der Ehrenamtlichen von Kandel AKTIV und zahlreicher weiterer Helfer war für alles gesorgt.
Um 17 Uhr wurden die Zelte abgebrochen. Und auch dabei zeigte sich wieder, wieviel effizienter und freundlicher alles vonstattengeht, wenn man – auch spontan – gemeinsam anpackt.
„Das geht in Kandel, und wir sollten darauf achten, dass das so bleibt“, so Lamberz. Der Beirat für Migration und Integration sucht daher für die anstehenden Wahlen im nächsten Jahr Interessenten, die sich für ein gutes Zusammenleben und den Erhalt der offenen Gesellschaft einsetzen und für die Beirat kandidieren möchten.
Weitere Informationen auf https://www.kandel.de/sv_kandel/Rathaus/
Kontakt: Dr. Irene Lamberz, Vorsitzende des Beirats für Migration und Integration
Anfragen, Mitteilungen und Terminvereinbarungen per E-Mail: Beirat-MI@vg-kandel.de
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