Dienstag, 21. Mai 2024

Wörth: Kinder- und Jugendbande rüstet sich mit illegalen Waffen aus 

9. Oktober 2023 | Kategorie: Kreis Germersheim, Regional

Symbolbild: Pfalz-Express

Wörth – Eine Kinder- und Jugendbande in Wörth sorgt seit längerer Zeit für Unruhe in der Stadt.

Die Mitglieder der Bande schikanieren und erpressen andere Kinder und Jugendliche. In der Regel wollen sie das Geld, das die Kinder dabei haben. Aber auch Erwachsene werden angepöbelt und bedroht. Der bekannteste Vorfall bis jetzt: Auf der Maimarkt 2023 wurde in Elfjähriger geschlagen und sein Vater, der eingeschritten war, mit einem Messer bedroht

Aufgerüstet: Schlagstock, Messer, Machete

Doch das ist noch nicht alles: Seit neustem ist Bande offenbar mit Waffen ausgerüstet, die sie von einem ihrer Anführer erhalten haben. Dem Pfalz-Express liegen Fotos vor, auf denen die Kinder/Jugendlichen mit den Waffen posieren. 

Auf den Fotos zu sehen sind unter anderem ein 14-Jähriger und ein 13-Jähriger, die beide in Wörth wohnen.  Der Ältere hat die Waffen mutmaßlich bei einem Besuch im europäischen Ausland besorgt und nach Deutschland geschmuggelt. Er hat demnach Schlagringe, Teleskopschlagstöcke und Macheten an seine Freunde verteilt, darunter auch an den einen jüngeren Bruder des Messerbedrohers auf der Kerwe. 

Bei vielen Kindern und Eltern gehen Angst und Sorge um, denn mit der mutmaßlichen Bewaffnung könnte eine weitere Eskalationsstufe erreicht sein. Es gibt jedoch etliche betroffene Kinder, die schon lange mit der Angst vor der Bande leben müssen.

Die meisten Kinder in Wörth hätten mittlerweile nicht mehr als 3 Euro dabei, teilten Eltern dem Pfalz-Express mit, da man der Jugendbande kein Geld überlassen will. Es sei eine „unglaubliche Situation in Wörth“, so einige Eltern, die sich nun zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben. 

Strafmündigkeit erreicht

Bislang waren die Behörden weitestgehend machtlos, weil die meisten Bandenmitglieder noch nicht das 14. Lebensjahr erreicht hatten und somit strafunmündig waren. Zwar war man mit den Eltern in Kontakt, die Streifen wurden verstärkt, das Jugendamt und weitere Institutionen involviert – genützt hat es nichts.

Das hat sich immerhin geändert: Die Polizei kann nun gegen die beiden Haupttäter vorgehen, weil sie das 14. Lebensjahr erreicht haben. Das bedeutet, dass sie nach dem Jugendstrafrecht belangt werden können. Jugendstrafrecht soll allerdings in erster Linie nicht bestrafen, sondern erziehen.

Zahlreiche Bürger, ganz besonders aber Eltern von Schulkindern, sind dennoch verärgert und fordern mehr Schutz und Prävention. 

Die Stadt Wörth verwies nach PEX-Anfrage, ob und was die Stadt tun könne, um die Situation zu bereinigen oder zu verbessern, auf das jugendliche Alter der mutmaßliche Täter. Deswegen sei in der öffentlichen Kommunikation Zurückhaltung geboten. 

Polizei: Nehmen jeden Vorfall ernst

Eine Anfrage bei der Polizei ergab, dass relativ wenig Informationen über jüngste Vorfälle vorliegen. Das letzte bekannte Vorkommnis war der versuchte Raubüberfall im September in einer Unterführung in Wörth (wie berichteten hier). 

Der Polizeisprecher betonte gegenüber dem Pfalz-Express, dass man das Thema sehr ernst nehme. „Wenn Hinweise bei uns eingehen, werden sie auch verfolgt.“ Wenn Straftaten vorlägen, würden Strafverfahren eingeleitet. Bedeutet im Umkehrschluss: Eltern sollten sich sofort an die Polizei wenden, wenn neue Vorfälle bekannt werden, und nicht schweigend hinnehmen.

Klima der Angst und Bedrohung

Allerdings ist das gar nicht so einfach in einem Klima der Bedrohung. Denn die Jugendbande scheint die Stadt im Griff zu haben. „Sie wissen genau, dass sie kaum Konsequenzen zu befürchten haben. Sie werden immer dreister und gewalttätiger“, schildert ein Elternteil. Jedes Kind in Wörth kenne die Bande mittlerweile. „Alle zahlen freiwillig ihr Taschengeld an die Jungen und wagen es nicht, sich zu beschweren. Viele schließen sich aus Angst lieber der Bande an.“

Ein Beispiel aus dem Schulalltag schildert das Elternteil ebenfalls: „Ein Mädchen steht im Schulhof, als L. sie plötzlich zu Boden stößt und sagt: ´Aus dem Weg, du Fotze.´ Das Mädchen weint. Hat sie das dem Lehrer gemeldet? Nein! Aus Angst. Sie muss ja jeden Tag in die Schule gehen.“ So ergehe es vielen Opfern der Bande. Sie zeigten niemanden mehr an, hätten sich angepasst aus Angst.

Schulleiter: Deutliche Ansage gemacht

Die Jugendlichen besuchen verschiedene Schulen. Der Pfalz-Express hat mit CBG-Schulleiter Jörg Engel gesprochen. Er betonte, dass die Schule aggressives Verhalten nicht toleriere. Den angeschuldigten Schüler habe er in deutlichen Ansagen klargemacht, dass eine Störung des Schulfriedens Konsequenzen habe. Er warnte, dass Störer von der Schule ausgeschlossen oder sogar verwiesen werden könnten. Grundsätzlich wolle man den Schülern jedoch helfen, aus der schlechten Dynamik herauszukommen, so Engel. Ob die renitenten Jugendlichen sich von einem drohenden Schulverweis beeindrucken lassen, ist offen. 

Wie also kann man die Jugendbande stoppen? Wie kann man verhindern, dass sie noch mehr Schaden anrichten und andere Kinder traumatisieren? Wie kann man die Opfer unterstützen? Fragen, die dringend einer Antwort bedürfen.

*Information zum Jugendstrafrecht

Möglichen Strafen sind beispielsweise:

  • Erziehungsmaßregeln: Zum Beispiel muss sich der junge Täter regelmäßig bei einem Betreuer melden oder an einem sozialen Trainingskurs teilnehmen.
  • Zuchtmittel: Zum Beispiel muss der junge Täter eine Geldbuße zahlen oder einen Jugendarrest absitzen.
  • Jugendstrafe: Das ist eine spezielle Form der Freiheitsstrafe für junge Täter, die nur bei schweren oder wiederholten Straftaten verhängt wird. Die Dauer beträgt mindestens sechs Monate und höchstens zehn Jahre.
Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen