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Südwestpfalz: Bündnis 90 / Die Grünen lehnen Kreishaushalt ab

14. Dezember 2021 | Kategorie: Politik regional, Südwestpfalz und Westpfalz

Dr. Fred Konrad, Fraktionsvorsitzender B90/Grüne im Kreistag Südwestpfalz, hier beim Nominierungs-Parteitag 2021
Foto: Archiv

Pirmasens. Mit der Ankündigung, seine Fraktion werde dem Kreishaushalt nicht zustimmen, eröffnete Dr. Fred Konrad namens der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen gestern Nachmittag seine Stellungnahme vor dem Kreistag.

Der vorliegende Haushalt sei geprägt von der aufgezwungenen Perspektivlosigkeit rheinland-pfälzischer Kommunalpolitik vor dem Hintergrund einer verfassungswidrigen Unterfinanzierung.

Der Kreisverwaltung und namentlich Frau Hüther sprach er den Dank seiner Fraktion aus „für die Vorbereitung der Haushaltsdebatte und die übersichtliche Darstellung des Kreishaushaltes“.

Das Jahr 2021 sei von den Belastungen durch die Corona-Pandemie bestimmt worden, sagte der Mediziner Konrad und dankte den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes und den Kräften die diese Arbeit zusätzlich unterstützen.

Das Beispiel der Infektionsnachverfolgung habe auch gezeigt, mit welchen Mitteln die Verwaltung selbst heute noch auskommen müsse, merkte er an. Beispielsweise seien bis Anfang dieses Jahres Befunde per Fax versandt worden.

Die derzeit anstehende Umstellung auf digitalisierte Verarbeitung sei dort parallel zur größten Belastung obendrein zu bewältigen.

Wir brauchen Konzepte für die Zukunft des Kreises

Der sinnvolle Einsatz von Informationstechnologie könne Personalüberlastung vermeiden und Personaleinsparung ermöglichen, erwartet Fraktionsvorsitzender Konrad.

„Wir brauchen Konzepte für die Zukunft des Kreises, eine professionelle Organisationsentwicklung in der Verwaltung.“ Vor der (anstehenden, Anmerkung des Verfassers) Planung von Sanierung oder Neubau des Kreisverwaltungsgebäudes hätte seine Fraktion erwartet, dass interne Arbeitsabläufe genau analysiert, sowie die zu erwartenden Effekte von Digitalisierung, Homeoffice und Arbeit außerhalb des Verwaltungsgebäudes geklärt werden. „Das Verwaltungsgebäude von morgen wird aber für die Verwaltung von gestern geplant. Statt ‚Form follows Function‘ gibt es ‚alten Wein in neuen Schläuchen‘“, bemängelte er.

Ein noch schlimmerer Fehler sei, dass in der Vorplanung der vollständige Ersatz fossiler Brennstoffe nicht berücksichtigt worden sei. „Nicht einmal die steigende CO²-Bepreisung, die ja schon gesetzlich festgelegt ist, wurde in den Lebenszykluskosten berücksichtigt. Während Rheinland-Pfalz bis 2040 klimaneutral sein will, wird unser Kreis-Verwaltungsgebäude in der ganzen Lebenszyklus-Perspektive weit darüber hinaus von fossilen Brennstoffen abhängig sein – und das bei Gesamtkosten von 70 Millionen über diesen Nutzungszeitraum.

Die größte Investition unseres Kreises für die nächsten Jahrzehnte ignoriert die Klimakrise. Wir brauchen Konzepte für die Zukunft des Kreises“, betonte der Sprecher von B90/Grüne. Dazu gehöre ein professionelles Gebäude- und Energiemanagement.

Von Bund und Land übertragene Aufgaben sind unzureichend refinanziert

Der vorliegende Haushalt verlange von den Gemeinden eine höhere Umlage, weil von Bundes- und Landesebene übertragene Aufgaben nicht ausreichend refinanziert seien, kritisierte Fred Konrad die übergeordneten Entscheidungsträger. „Bieten wir dafür auch ein zukunftssicheres Konzept für das künftige Wirtschaften?“, warf er in den Raum.

„Der Kreishaushalt müsste ja mindestens ein professionelles Gebäudemanagement beinhalten, das dafür sorgt, dass der Kreis ebenfalls bis 2040 klimaneutral ist und dafür sorgt, dass wir Energiekosten einsparen.“

Konzepte fehlen

„Wir brauchen Konzepte für die Zukunft des Kreises, ein Wirtschaftsförderungs- und Gewerbeflächen-Konzept“, forderte Fred Konrad. „Die künftige Nutzung von Gewerbeflächen muss vom Kreis, wo er mit zuständig ist, mit konzipiert werden. Den Gemeinden und Verbandsgemeinden muss Unterstützung bei einer abgestimmten Entwicklung von Gewerbe und Flächen gegeben werden.

Dazu gehört, dass sich die Wirtschaftsförderung an klaren Zielen und Konzepten orientiert. Diese hat zwar einen umfangreichen Tätigkeitsbericht vorgelegt, dessen Signal ist aber, dass alle die investieren gleich willkommen sind.“ Das sei ein Fehler. Nicht jede Investition habe schließlich den gleichen Nutzen und bringe gleich starke Belastungen mit sich. „Da wäre es hilfreich zu wissen, ob der Wirtschaftsförderung eine Idee von der künftigen Wirtschaftsstruktur unserer Region zugrunde liegt.“

Auch ein Konzept zur Klimaneutralität des Kreises sei erforderlich. Dieser sei an der Kreisenergiegesellschaft beteiligt, die eigentlich zur aktivsten der nächsten Jahre werden sollte. „Stattdessen sehen wir in diesem Feld überhaupt keine Bewegung mehr. Das muss sich dringend ändern.“

Die Absicht der Kreisenergiegesellschaft im kommenden Jahr vier Fotovoltaik-Anlagen auf kreiseigenen Gebäuden zu errichten werde begrüßt, ersetze aber kein Gesamtkonzept.
Es brauche auch ein Zukunftskonzept für den Bestand des Biosphärenhauses Fischbach (Verbandsgemeinde Dahner Felsenland, d. Verf.). Da sehe man einen Zuschuss des Kreises und die künftige Trägerschaft müsse endlich geklärt werden.

Wir wollen ein eindeutiges Signal an das Land senden

Gefordert werde für die Zukunft des Kreises ein Haushalt, der ein politisches Signal für eine verfassungskonforme Refinanzierung der kommunalen Verpflichtungen durch das Land sendet. „Wir fordern die Kollegen auf, im nächsten Jahr gemeinsam einen Haushalt auf den Weg zu bringen, mit dem wir unsere Zukunftsaufgaben anpacken könnten, auch wenn dieser dann wahrscheinlich von der Kommunalaufsicht nicht akzeptiert wird und nachgebessert werden muss“, so Grünen-Sprecher Konrad.

„Ein ehrlicher Haushalt, der unsere eigentlichen Verpflichtungen abbilden würde, ist mit den Mitteln, die den Kommunen zugestanden werden, nicht erreichbar. Wir sollten einen solchen ehrlichen Haushalt erarbeiten, damit wir ein eindeutiges Signal an das Land senden können.

Die verfassungswidrige kommunale Finanzierung geschieht auf Kosten der kommenden Generation.“
„Geht man davon aus, dass Urteile des Bundesverfassungsgerichtes bindend für alle staatlichen Ebenen sind, müsste sich im nächsten Haushalt ein Riesenschritt des Kreises in Richtung Klimaschutz abbilden.

Eine pfälzische Zeitung hat dieser Tage getitelt, dass Rheinland-Pfalz jetzt zu den reichen Ländern gehört. Die Finanzministerin geht aufgrund der Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Mainz von zusätzlichen Mitteln im Kommunalen Finanzausgleich (KFA) aus. Tatsache ist aber, dass die Vorschläge zur Weiterentwicklung des KFA selbst dann nicht ausreichen, die Kreise ausreichend zu finanzieren“, sehen die Südwestpfalz-Grünen voraus.

„Es liegt ein ordentlicher Haushaltsentwurf vor, aber dieser kann die Zukunft unseres Gemeinwesens nicht sichern“, so Fred Konrad seine Stellungnahme zusammenfassend. „Deshalb unser Votum dagegen.“

Anmerkung: Der Haushalt des Kreises Südwestpfalz wurde mit sechs Gegenstimmen und einer Enthaltung angenommen. (Werner G. Stähle)

 

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