Das Jugendamt des Landkreises Germersheim steht vor einer neuen und schwierigen Aufgabe: Die Betreuung von jungen Migranten / Flüchtlingen, die ohne ihre Eltern oder Erziehungsberechtigten nach Deutschland kommen.
Diese Aufgabe wurde bisher von einem spezialisierten Jugendamt in Trier zentral übernommen, das aber seine Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung aufgekündigt hat.
Das hat zur Folge, dass der Landkreis Germersheim nun alle Aspekte des sogenannten Clearingverfahrens für unbegleitete minderjährige Ausländer (umA) selbst erledigen muss, von der Altersfeststellung und Unterbringung bis zur Gesundheitsversorgung und Vormundschaft.
“Von heute auf morgen hat unser Jugendamt alle Aufgaben, die mit der Inobhutnahme oder vorläufigen Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Ausländern zusammenhängen, aufgebürdet bekommen. Damit hat keiner gerechnet und wir müssen nun klären, wie wir diese herausfordernde Aufgabe personell und auch fachlich meistern”, sagte der erste Kreisbeigeordnete Christoph Buttweiler im Jugendhilfeausschuss.
Clearingverfahren soll offene Fragen klären
Das Clearingverfahren ist ein wichtiger Schritt, um die Bedürfnisse und die Situation der jungen Migranten zu klären und ihnen die notwendigen Hilfen zukommen zu lassen. Dazu gehören unter anderem die Inaugenscheinnahme zur Altersfeststellung und die Festsetzung des Alters, die geeignete Unterbringung, der Gesundheitscheck und die Sicherstellung der medizinischen Versorgung, die Prüfung ehrenamtlicher Vormundschaft unter anderem von Verwandten und die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen in Kooperation mit der Ausländerbehörde.
“Wir sind für die pädagogischen Maßnahmen sowie beispielsweise ausländerrechtliche, sorgerechtliche und organisatorische Abläufe zuständig, die zwischen der Entscheidung über die vorläufige Inobhutnahme und der Entscheidung über die Gewährung von notwendigen Hilfen umgesetzt werden”, erläuterte die Jugendamtsleiterin Denise Hartmann-Mohr.
Schwerpunktjugendämter überlastet
Das Jugendamt Trier hatte diese Aufgabe seit 2017 für den Landkreis Germersheim und andere Landkreise übernommen, als landesweit sogenannte Schwerpunktjugendämter festgelegt wurden, die das Ankommens-Prozedere für junge unbegleitete Flüchtlinge gleich nach ihrer Einreise zentral übernehmen sollten.
Fünf Schwerpunktjugendämter gab es in Rheinland-Pfalz, doch nun steht Trier nicht mehr zur Verfügung. Der Grund dafür seien die hohen Zugangszahlen in Verbindung mit knapper werdenden Ressourcen in der Jugendhilfe, teilte das Jugendamt Trier mit.
„Personal reicht nicht“
Seit Anfang September hat das Land dem Landkreis Germersheim 25 neu eingereiste umA zugewiesen, von denen „aktuell neun noch in der Zuweisung“ seien, so die Kreisverwaltung.
Insgesamt sind dem Landkreis derzeit 60 umA zugewiesen, von denen etwa die Hälfte direkt im Landkreis bei geeigneten Personen, in einer geeigneten Einrichtung oder sonstigen Wohnformen untergebracht ist, die andere Hälfte ebenso außerhalb des Landkreises.
“Wir stehen vor einer Mammutaufgabe, die mit dem vorhandenen Personal alleine nicht zu stemmen ist. Wir brauchen daher mindestens zwei zusätzliche Stellen im Allgemeinen Sozialen Dienst und mindestens eine im Bereich der Vormundschaften”, sagte Buttweiler.
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