Montag, 13. Mai 2024

Neustadter Sexualstraftäter weigerte sich, Fußfessel zu tragen

13. September 2023 | Kategorie: Kreis Südliche Weinstraße, Regional

Foto: red

Edenkoben – Nachdem am Montag (11. September 2023) ein 61-Jähriger wegen des dringenden Tatverdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Untersuchungshaft genommen wurde, haben die Staatsanwaltschaft Frankenthal und das Polizeipräsidium Rheinpfalz am Mittwoch weitere Informationen bekannt gegeben.

Mehr dazu in unseren Artikeln vom 11. September 2023 und vom 12. September 2023

Vorstrafen und Führungsaufsicht

Der Mann war bereits mehrfach wegen Sexualdelikten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden, zuletzt 2008, aber auch schon 1996.

Nach seiner Entlassung im Jahr 2012 stand er unter Führungsaufsicht, die vom Gericht und den Bewährungshelfern überwacht wird. Dabei handelt es sich um eine Maßnahme, die die verurteilte Person nach der Haft betreuen und vor erneuter Straffälligkeit bewahren soll. Außerdem soll die Polizei für den Schutz der Allgemeinheit sorgen.

Der 61-Jährige hielt sich jedoch nicht an die Auflagen der Führungsaufsicht und wurde deshalb 2020 erneut zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Nachdem er diese verbüßt hatte, wurde er am 14. Juli 2023 wieder entlassen und erneut unter Führungsaufsicht gestellt. Eine weitere Inhaftierung oder sonstige Unterbringung war rechtlich nicht möglich.

Antrag auf Elektronische Fußfessel

Die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) beantragte beim Landgericht Frankenthal, dass der Mann eine sogenannte “Elektronische Fußfessel” tragen muss, um seinen Aufenthaltsort zu überwachen. Dies wurde zunächst abgelehnt, aber nach einer Beschwerde beim Oberlandesgericht Zweibrücken genehmigt.

Der 61-Jährige weigerte sich jedoch, sich die Fußfessel anlegen zu lassen, was rechtlich nicht erzwungen werden kann. Deshalb leitete die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) ein neues Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht ein.

Gefährderansprache und Überwachung

Die Polizei führte bereits vor seiner Entlassung eine Gefährderansprache mit dem Mann durch und wies ihn auf die Einhaltung der gerichtlichen Weisungen hin. Zudem wurden umfangreiche gefahrenabwehrende Maßnahmen getroffen, wie zum Beispiel die Überwachung seines Wohnorts und seiner Kontaktpersonen, die Einrichtung eines Sperrbezirks um Schulen und Kindergärten, die Kontrolle seiner Kommunikationsmittel und die Durchführung von Hausbesuchen.

Von Staatsanwaltschaft, Polizei und allen anderen beteiligten Stellen wurde fortlaufend sorgfältig geprüft, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um eine weitere Straffälligkeit des 61-Jährigen zu verhindern, so Polizei und Staatsanwaltschaft.

Dazu gehörte auch, ob eine informatorische Einbindung der Schulbehörden oder der Öffentlichkeit über den entlassenen 61-Jährigen erforderlich war. Dennoch mussten die Interessen der Allgemeinheit einerseits gegen die Persönlichkeits- und Freizügigkeitsrechte des Entlassenen andererseits sorgfältig abgewogen werden. Besonders eine öffentliche Bekanntgabe personenbezogener Daten ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich. „Diese waren in diesem Fall leider nicht gegeben“, hieß es. 

Deutlich über die richterliche Weisung hinaus nahmen Polizeikräfte jedoch unangekündigt und engmaschig, zum Teil täglich, Kontakt zu dem Mann auf, um auf die Einhaltung der Auflagen der Führungsaufsicht hinzuwirken.

Hinweise aus der Bevölkerung

Nachdem der Polizei bekannt wurde, dass die Entlassung des 61-Jährigen zu einer großen Verunsicherung der Bevölkerung geführt hat und in Sozialen Netzwerken vor ihm gewarnt wird, wurde bei der Polizei Neustadt ein Hinweistelefon eingerichtet. Es gingen eine Vielzahl von Meldungen über diverse Aufenthaltsorte des 61-Jährigen ein. Unter anderem wurde er in Maikammer und Edenkoben gesehen. In vielen Fällen konnte durch die Ermittlungen letztendlich nicht geklärt werden, ob der Mann sich an für ihn verbotenen Orten tatsächlich aufhielt.

Die Ermittlungen zu dem Fall laufen mit Hochdruck weiter. Die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) und das Polizeipräsidium Rheinpfalz bitten um Verständnis, dass zum Schutz der Opfer und aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes keine weiteren Angaben gemacht werden können.

„Auch bei Staatsanwaltschaft Frankenthal und Polizeipräsidium Rheinpfalz löst die Tat tiefe Betroffenheit aus“, hieß es von den beiden Behörden. „Wir verstehen die Sorge und den Unmut, die sie in unserer Gemeinschaft auslöst. Gleichwohl müssen wir betonen, dass wir bei unserer Aufgabenerfüllung an geltendes Recht und Gesetz gebunden sind. Im Rahmen dieser Vorgaben haben wir die uns zur Verfügung stehenden und taktisch sinnvollen Möglichkeiten ausgeschöpft.“ 

Hinweis der Polizei – Täter ist nicht entlassen

Nach Gerüchten in sozialen Netzwerken, der 61-jährige Tatverdächtige sei aus der Untersuchungshaft entlassen worden, meldeten sich bei der Polizei in Neustadt besorgte Bürger. Staatsanwaltschaft und Polizei stellen hiermit klar, dass die Gerüchte nicht stimmen. Der Mann befindet sich weiterhin in Untersuchungshaft in einer Justizvollzugsanstalt.

Weitere Informationen (Wortlaut Polizei und Staatsanwaltschaft)

Im Zeitraum zwischen der Entlassung und dem 17.08.2023 wurden mehrere behauptete Verstöße gegen die Führungsaufsicht zur Anzeige gebracht und überprüft. Bei der weit überwiegenden Anzahl der Anzeigen waren Straftaten nicht beweisbar. In drei Fällen konnten nach § 145a StGB (Strafrahmen: Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe) strafbare Handlungen aus Sicht der Staatsanwaltschaft hinreichend nachgewiesen werden.

Aufgrund dessen erhob die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) am 08.09.2023 beim Amtsgericht Neustadt/Weinstraße Anklage gegen den 61-Jährigen. Mit Anklageerhebung beantragte die Staatsanwaltschaft ferner Erlass eines Untersuchungshaftbefehls wegen Fluchtgefahr und Verdunklungsgefahr, weil mit Zustellung der Anklageschrift an den 61-Jährigen zu befürchten war, dass er sich dem Strafverfahren entziehen und die Wahrheitsfindung erschweren werde.

 

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