Mittwoch, 15. Mai 2024

Weinstraßen-Ausbau Diedesfeld: Geringere Kosten und neue Beitragsbescheide für Anlieger

16. März 2023 | Kategorie: Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer

Innenhof des Neustadter Rathauses.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Diedesfeld. Besitzer von Grundstücken entlang der Weinstraße in Diedesfeld erhalten etwa Mitte April neue Vorausleistungsbescheide bezüglich der Straßenausbaubeiträge.

Darüber hat Martina Annawald, Leiterin des städtischen Fachbereichs Stadtentwicklung und Bauwesen, den Stadtrat in seiner Sitzung am Dienstagabend, 14. März 2023, informiert.

Zunächst erhalten alle Betroffenen ein Schreiben der Bauverwaltung, in dem über den geplanten Versand der neuen Bescheide im April sowie über das neue Zahlungsziel im Mai (ein Monat nach Zustellung) informiert wird. Außerdem wird auf zu erwartende Beitragsreduzierungen hingewiesen.

Bei der Überprüfung des gesamten Prozesses hat die Bauverwaltung festgestellt, dass Berechnungsfehler gemacht wurden. Das führte zur Annahme von deutlich höheren Baukosten. Schon im Januar hatte der Beigeordnete und Baudezernent Bernhard Adams angekündigt, dass sich die Neuberechnung positiv für die Beitragspflichtigen auswirken könne. Zuvor entschuldigte er sich bei einer öffentlichen Infoveranstaltung der Stadtverwaltung in der Diedesfelder Festhalle für die kurz vor Weihnachten 2022 verschickten fehlerhaften Bescheide.

Dem schloss sich Oberbürgermeister Marc Weigel an. Er sagte im Stadtrat: „Wir wissen, dass dieser persönliche Fehler das Vertrauen in die korrekte Arbeitsweise der Stadtverwaltung beeinträchtigt hat. Dafür möchte ich mich bei den Betroffenen entschuldigen. Wir nehmen das sehr ernst und es werden daraus die erforderlichen Konsequenzen gezogen. Eine lückenlose, transparente Aufklärung war uns sehr wichtig. Auch wenn persönliche Fehler von Mitarbeitenden nicht immer vermeidbar sind, so werden wir aufgrund dieser Erfahrung die Kontrollmechanismen verbessern.“

Beitragsfähige Kosten: 1,05 statt 2,14 Millionen Euro

Die neuen Beitragsbescheide beinhalten neben der korrigierten Forderung auch eine transparente Kostenaufstellung. Festgestellt wurde, dass die beitragsfähigen Kosten um 1.087.200 Euro (beziehungsweise 51 Prozent) niedriger als noch im Dezember angenommen liegen. Die Differenz ergibt sich aus einem fehlerhaft angerechneten Haushaltsansatz für die Jahre 2024/25 in Höhe von 867.200 Euro sowie aus einer Reduzierung der anzusetzenden Kosten von 220.000 Euro durch die Konkretisierung der einzubeziehenden Flächen sowie deren Beitragsfähigkeit (Ausstattungsqualität).

Zudem wurde die Neuberechnung genutzt für Anpassungen bei den Kosten für die Oberflächenentwässerung, bei der Straßenbeleuchtung sowie beim Grunderwerb. Außerdem wurde eine generelle Kostensteigerung von zwei Prozent hinzugerechnet (plus 21.000 Euro).

Die Summe der beitragsfähigen Kosten beträgt 1.052.000 Euro. Bisher war die Bauverwaltung von 2,14 Millionen Euro ausgegangen.

Welche Kosten übernimmt das Land?

Insgesamt kostet die grundlegende Sanierung der Weinstraße (L 512) zwischen dem Ortseingang von Maikammer kommend bis zum Ortsausgang Richtung Hambach sechs Millionen Euro, die sich das Land und die Stadt (mit ihren Tochtergesellschaften) teilen. Da es sich um eine Landesstraße handelt, übernimmt das Land mit 2,5 Millionen Euro die Kosten für die Fahrbahn, sehr schmale Gehwege (sogenannte Schrammborde) Busbuchten, Schilder und Markierungen. Das Land übernimmt nicht die Kosten für die Straßenbeleuchtung, (breitere) Gehwege, Plätze, Kanal und Versorgungleitungen. Diese Kosten verteilen sich auf Stadt, ESN und Stadtwerke. Die Stadt zahlt insbesondere für Gehwege, Beleuchtung und anteilig für die Oberflächenentwässerung.

Die Stadt muss bei ihrem Anteil die Anlieger beteiligen. Rechtsgrundlagen für diese Einmalbeiträge sind das Kommunalabgabengesetz (KAG) und die städtische Ausbaubeitragssatzung. Sie definieren unter anderem die Beitragspflicht, die beitragsfähigen Verkehrsanlagen (zum Beispiel Gehwege) und die Zahlungsfristen. Außerdem legt die Satzung fest, dass der Stadtrat über den Gemeindeanteil zu entscheiden hat.

Stadtrat legt Gemeindeanteil fest

Zum Ausbau der Weinstraße in Diedesfeld hat der Stadtrat am 16. April 2019 den Gemeindeanteil auf 30 Prozent festgelegt und beschlossen, dass die Anlieger Vorausleistungen in der vollen Höhe des endgültigen Betrages zahlen.

Ein Stadtanteil von 30 Prozent entspricht nach geltender Rechtsprechung einem mäßigem Durchgangs-, aber überwiegendem Anliegerverkehr. Für die Anlieger beitragspflichtig sind neben der Straßenbeleuchtung nur die Gehwege und ein Anteil für deren Entwässerung. Die Kosten für die Straße übernimmt das Land, da es sich um eine Landesstraße handelt. Insofern wird bei der Erhebung des Gemeindeanteils auch nur der Fußgängerverkehr berücksichtigt.

Der Anliegerverkehr zu Fuß hat als Ausgangspunkt oder Ziel die Weinstraße. Wer dort also ein „Anliegen“ hat, wird hinzugerechnet. Er überwiegt wegen der dichten Wohnbebauung, der Bushaltestellen und der Festhalle. Er umfasst alle Fußwege der Bewohner (beispielsweise auch zum entfernt geparkten Fahrzeug), deren Besucher, Kunden von Unternehmen und Nutzer der Festhalle. Der Durchgangsverkehr hingegen hat Quellen und Ziele in umliegenden Straßen (Schule, Kita, Spielplatz, Friedhof). Er wird als mäßig eingestuft. Maßgeblich ist der ganzjährige Alltagsverkehr, also nicht in der Tourismussaison oder bei Veranstaltungen.

Häufig wurden Zweifel an der Korrektheit des Gemeindeanteils geäußert. Deshalb wurde in der städtischen Infoveranstaltung am 19. Januar eine Überprüfung zugesagt. Diese hat nun ergeben, dass der vom Stadtrat beschlossene Gemeindeanteil von 30 Prozent beibehalten wird.

Wie werden die Anliegerkosten verteilt?

Beitragspflichtig sind alle Eigentümer, deren Grundstücke durch die Weinstraße erschlossen werden, und zwar als „Solidargemeinschaft“. Die Beiträge werden nach Grundstücksgröße, Bebauung und Nutzung berechnet. Grundlage sind die Kosten für Gehsteige, Beleuchtung und die anteilige Oberflächenentwässerung. Dies ist unabhängig davon, ob an einem bestimmten Grundstück überhaupt ein Gehsteig verläuft oder wie breit er ist. In etwa 100 Fällen kommen Kosten für neue Hausanschlüsse an das Kanalnetz hinzu. Diese werden direkt vom ESN abgerechnet.

Von den 1,05 Millionen Euro an beitragsfähigen Aufwendungen übernimmt die Stadt 30 Prozent. Der Rest (70 Prozent / 736.000 Euro) wird auf die 350 Anlieger der Weinstraße verteilt.

Zu den bisherigen Bescheiden wurden 110 Widersprüche eingelegt. Wer einen zulässigen Widerspruch eingelegt hat, erhält einen Änderungsbescheid als „Teilabhilfebescheid“. Das Widerspruchsverfahren wird somit fortgeführt, sofern der Widerspruch nicht zurückgenommen wird. Wer bereits zu viel gezahlt hat, bekommt den Differenzbetrag nach Erhalt des neuen Bescheids von der Stadtkasse zurückerstattet.

Keine wiederkehrenden Beiträge möglich

Dem Stadtrat erklärte Martina Annawald auch die Hintergründe, warum beim Weinstraßen-Ausbau in Diedesfeld nicht das System der wiederkehrenden Beiträge angewendet werden kann. Es handelt sich stattdessen um eins der letzten Straßenbauprojekte in Neustadt, das noch über die Einmalbeiträge der Anlieger abgerechnet wird.

Seit 2020 gilt in Rheinland-Pfalz ein modifiziertes Landesrecht, wonach ab 2024 nur noch die wiederkehrenden Beiträge erhoben werden. Damit sind künftig alle beitragspflichtig, die in einem bestimmten Gebiet, in dem gebaut wird, ein Grundstück besitzen. Zahlen müssen also nicht mehr ausschließlich die direkten Anlieger. Dadurch werden die Kosten auf mehr Schultern verteilt und Einzelne mit niedrigeren Beiträgen, dafür aber häufiger, belastet.

In Diedesfeld ist dieses System leider noch nicht möglich, da zum Baubeginn 2019 noch keine entsprechende Abrechnungseinheit per Satzung geschaffen worden war. Dies wäre zwar grundsätzlich rückwirkend möglich. Die Rückwirkung ist allerdings vom Gesetzgeber begrenzt auf den Zeitpunkt, zu dem zuletzt Beitragspflichten nach dem einmaligen Ausbaubeitragsrecht bestanden. In Diedesfeld war das im Jahr 2020, als in anderen Straßen im Ort die Beleuchtung ausgetauscht wurde. Auch hier mussten die Anlieger Einmalbeiträge zahlen. Damit war der Weg für eine rückwirkende Einführung von wiederkehrenden Beiträgen für die Weinstraße versperrt.

Zusätzliche wiederkehrende Beiträge sind für die Anlieger der Diedesfelder Weinstraße zunächst ausgeschlossen: Wer bereits Ausbaubeiträge gezahlt hat, wird zehn Jahre lang von wiederkehrenden Beiträgen verschont. Die Frist läuft ab dem Bauabschluss. Die Einführung wiederkehrender Beiträge in Diedesfeld kann erst nach Abschluss der Baumaßnahme in der Weinstraße eingeführt werden – denn zwei Abrechnungssysteme gleichzeitig sind ausgeschlossen.

Land fordert Vorausleistungen

Zudem erklärte Martina Annawald, dass die Kommunen vom Land gehalten sind, die Beiträge per Vorausleistung zu erheben. Dies soll sicherstellen, dass die Stadt nicht vorfinanzieren muss und die Grundstückseigentümer nach Abschluss der Gesamtmaßnahme nicht die Zinsen für eine städtische Kreditaufnahme übernehmen müssen. Daher hat der Stadtrat 2019 beschlossen, dass Vorausleistungen in Höhe des voraussichtlichen endgültigen Ausbaubeitrags zu zahlen sind.

Die Vorauszahlungen sind bei größeren Maßnahmen, die sich über mehrere Jahre hinziehen, die Regel. Nach Bauabschluss und Prüfung aller Rechnungen können die endgültigen Ausbaubeiträge ermittelt werden. Aufgrund sorgsamer Kalkulation wird hierbei nicht mit erheblichen Differenzen gerechnet.

Weitere Informationen zum Thema gibt es unter www.neustadt.eu/strassenausbaubeitraege.

Unterdessen schreitet der Weinstraßen-Ausbau in Diedesfeld voran. Dies geschieht in sechs Etappen. Der erste Abschnitt vom Ortseingang von Maikammer kommend bis zur Weißkreuzstraße wurde 2019 fertiggestellt. Zwischen Juni 2022 und Februar 2023 wurde am zweiten Abschnitt bis zur Weinstraße 580 gearbeitet. Nun ist der dritte Abschnitt bis zur Kreuzstraße dran. Er soll im September fertig sein. Planmäßiges Ende der Gesamtmaßnahme ist Anfang 2025.

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