Donnerstag, 25. April 2024

Ukraine-Flüchtlinge: „Wir schaffen das“ – Kreistag stimmt für Umbau von Bienwaldschule 

Dezentrale Unterbringung bevorzugen

7. April 2022 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional

Landrat Dr. Fritz Brechtel auf dem Kreistag am 4. April 2022.
Foto: Rolf H. Epple/Pfalz-Express

Kreis Germersheim – Bei der Kreistagssitzung am 4. April stand auch die Unterbringung und Versorgung der Ukraine-Flüchtlinge auf dem Plan.

Das Wichtigste vorneweg: Die Kreistagsmitglieder stimmten einstimmig dafür, dass der Kreis den Um- und Ausbau der leerstehenden Bienwaldschule in Wörth im Obergeschoss vorantreibt. Auf der Planung steht auch eine Erweiterung mit Containern, um weitere Kapazitäten zu schaffen.

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Wie Landrat Dr. Brechtel informierte, kann die Sammelunterkunft des Landkreises in der Bienwaldschule innerhalb weniger Tage einsatzbereit gemacht werden. „Wir haben das Erdgeschoss soweit hergerichtet, dass die Räume notfalls als Sammelunterkunft nutzbar wären. 80 bis 100 Personen könnten so zumindest ein Dach über dem Kopf haben.“

Gleichzeitig war aber klar, dass Geflüchtete im Landkreis dezentral in privaten Unterkünften untergebracht werden sollen. Erst wenn diese Kapazitäten wirklich ausgeschöpft sind, soll eine Sammelunterkunft eröffnet werden.

Die Bilder der Gräueltaten aus Butscha (Bucha) würden die Situation sicherlich verschärfen, so der Landrat. „Die Flüchtlinge werden kommen und der Strom wird nicht so schnell abreißen.“

DRK betreibt Einrichtung

Das Deutsche Rote Kreuz hat sich bereit erklärt, die Einrichtung zu betreiben. Die Kosten für die baulichen Arbeiten und den Betrieb der Unterkunft sowie eine mögliche Re-Finanzierung durch Landes- und Bundesgelder sind in der Abklärung.

Für die Arbeiten im Erdgeschoss sind bisher rund 70.000 Euro angefallen. Der Ausbau und die geforderte Brandschutzmaßnahmen im Obergeschoss werden voraussichtlich 400.000 Euro kosten. Zusätzlich kommen Kosten für u.a. Container, auch Duschcontainer, Hausmeister und Nebenkosten auf den Kreis zu.

Rund 630 Geflüchtete aus der Ukraine leben bereits im Landkreis Germersheim. Sie zu integrieren sei eine große Aufgabe. Auf Basis einer Richtlinie aus der Zeit der Flüchtlingswelle 2015/16 wollen die Kommunen ihre Integrationsarbeit fortsetzen.

Stimmen

Kreistagsmitglied Dr. Dennis Nitsche  (SPD, Bürgermeister Wörth) sagte, die Lage sei dramatisch. Es sei selbstverständlich, dass man den Menschen helfen und ihnen Unterkunft gewähren würde.

Dr. Dennis Nitsche – Foto: Rolf H. Epple/Pfalz-Express

Allerdings seien Massenunterkünfte nur das allerletzte Mittel. Es gebe einen erheblichen Puffer an leeren Wohnungen, die nicht auf dem Markt seien. In diesem Fall müsse man eventuell „sanften Druck“ auf die Wohnungseigentümer ausüben. Denn: „In der Ukraine sind keine Wohnungen mehr, in die man zurückkehren kann. Die Menschen werden lange bei und bleiben.“

Martin Brand (CDU, MdL) wies darauf hin, dass Wohnraum oftmals noch aus der Zeit von 2015/16 belegt sei. Deswegen sei die Herausforderung heute größer als damals. Das Motto müsse wieder sein: „Wir schaffen das“, ein viel diskutiertes Zitat der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Martin Brandl – Foto: Rolf H. Epple/Pfalz-Express

Einigkeit gebe es ja, so Brandl. Beim Akquirieren von Wohnraum solle man die Menschen lieber überzeugen.

Auch Gerd Unterforsthuber von der AfD bekräftige: „Den Menschen muss geholfen werden, das ist klar.“ Ob denn externe ukrainische Schulklassen gebildet würden wie von der ukrainischen Bildungsministerin gefordert?

Gerd Unterforsthuber – Foto: Rolf H. Epple/Pfalz-Express

Landrat Brechtel war davon nichts bekannt. Er sagte zu Unterforsthuber, er rede schon wieder am Thema vorbei. Es gehe hier um die Unterbringung von Flüchtlingen im Landkreis Germersheim.

Pascal Endres von den Grünen regte sich über Unterforsthuber auf, der – wie schon berichtet –  die Maske mit Abstand vors Gesicht hielt und sie nicht aufsetzte. „Die Maske trägt man so!„, demonstrierte Endres die richtige Trageweise.

Pascal Endres (Archiv) © Janine Escher

Zur Flüchtlingshilfe meinte Endres, Hilfe könne sehr unterschiedlich sein. „Wir danken allen, die sich in irgendeiner Form einbringen.“ Dennis Nitsche habe recht: Eigentum verpflichte. „Wir sind auf einem guten Weg. Bis auf manche, die schon wieder spalten wollen.“

Für Mario Brandenburg (FDP, MdB), war klar: „Volle Zustimmung!“ Brandenburg hatte den Berliner Bahnhof besucht, auf dem ein Großteil der Flüchtlinge ankommt. Die Menschen dort hofften, dass sie bald wieder in ihre Heimat zurückkehren könnten, berichtete Brandenburg.

Mario Brandenburg – Foto: Rolf H. Epple/Pfalz-Express

Aber: „Irgendwann ab einem Punkt X gibt es nichts mehr zum Zurückkehren.“ Der Bundestagsabgeordnete aus Rülzheim teilte noch mit, dass im Bildungsministerium an einer Online-Plattform gearbeitet werde, damit die Kinder und Jugendlichen bei ihrer Rückkehr wieder in ihr Bildungssystem passen.

Rülzheims Bürgermeister Reiner Hör war aufgebracht über die AfD, die immer wieder bundespolitische Argumente ins Spiel brachte.

Reiner Hör – Foto: Rolf H. Epple/Pfalz-Express

Er stand auf, marschierte zum Rednerpult und redete Klartext: „Hier werden keine bundes- und landespolitische Probleme gelöst, sondern wir wollen helfen. Und zwar Menschen, die wegen eines Aggressors vertrieben wurden. Deswegen verweise ich nicht auf andere, sondern wir wollen für den Landkreis Germersheim etwas Gutes tun.“

Fördergelder 

Zustimmung des Kreistags fand auch Aufteilung mögliche Fördergelder des Bundes bzw. des Landes im Verhältnis 45:55 zwischen Kommunen und Landkreis. „Allerdings möchte ich Land und Bund darauf hinweisen, dass die Summen, die damals bei uns angekommen sind, bei den zu erwartenden Flüchtlingszahlen bei weitem nicht ausreichen werden“, betonte Landrat Brechtel. (cli)

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