
Bewässerungsgraben Ottersheim
Foto: Pirmin Hilsendegen, Ottersheim
Bornheim. Am Samstag, 15. März, wird ab 11 Uhr im Rheinland-Pfälzischen Storchenzentrum in Bornheim zum zehnten Mal der Gerhard-Postel-Naturschutzpreis verliehen.
Diesjähriger Preisträger ist die Interessengemeinschaft (IG) Queichwiesen aus Ottersheim, die auf Vorschlag vom Jessica Lehmann, Leiterin des Zentrums, ausgezeichnet wird. Die für die Verleihung des Preises zuständigen Vorstandsmitglieder der Aktion PfalzStorch mit Pfarrer Andreas Gutting aus Schwegenheim als erstem Vorsitzenden, waren von Lehmanns Vorschlag überzeugt. Neben Mitgliedern der Aktion PfalzStorch, können auch sonstige Institutionen und Vereine, und jeder Bürger Vorschläge für geeignete Preisträger machen.
Wassermanagerin hält Laudatio
Als äußeres Zeichen der Anerkennung der Arbeit der IG wird ein Gemälde der Künstlerin Helga Sauvageot aus Karlsruhe, sowie eine bronzene Storchenstatue überreicht. Die Laudatio hält Julia Schrade, 2023 Wassermanagerin der Stadt Forchheim in Franken und Vorstandsmitglied der Deutschen Vereinigung für Wasser, Abwasser und Abfall.
Der Preis wurde erstmals 2013 im Gedenken an den Pfarrer und Naturschützer Gerhard Postel verliehen. Ausgezeichnet werden Einzelpersonen, Gruppen und Vereine, die sich über Jahre hinweg vorbildlich im Naturschutz engagieren. Postel war zusammen mit dem ehemaligen Landtagsabgeordneten und Bornheimer Ortsbürgermeister Dieter Hörner Mitbegründer der „Aktion PfalzStorch“.
NABU-Ortsgruppe Neustadt erster Preisträger
Erster Preisträger war die NABU-Ortsgruppe aus Neustadt/Weinstraße für ihr Projekt „Wassermanagement und Reaktivierung der Geinsheimer Wassergräben“. Ein Jahr später wurde Carsten Carius aus Ottersheim für seine vorbildliche, die Artenvielfalt fördernde Bewirtschaftung der Queichwiesen bei Ottersheim belohnt. Er wird nun zum doppelten Preisträger, engagiert er sich doch bis heute in der IG Queichwiesen.
Wiederansiedlung des Weißstorchs
Hintergrund der Interessen der IG war zusammen mit der Aktion PfalzStorch unter anderem die Wiederansiedlung des Weißstorches, der seit 1973 aus der Pfalz verschwunden war und der in den 1990er Jahren hier wieder heimisch werden sollte. PfalzStorch war 1994 als IG gegründet worden, seit 1998 ist sie als Verein aktiv.
Die Frage „Was brauchen Störche“ beantwortete einst Gerhard Postel: „Ohne Wiese kein Storch, ohne Bauern keine Wiesen.“ Diese Antwort verdeutlicht, warum ab 1996 die IG Queichwiesen ins Spiel kam.
Gründung IG Queichwiesen: Auslöser Postel-Vortrag
Das Problem war nämlich, dass die Wiesen immer weniger wurden! Gründe hierfür waren der Strukturwandel und das Verschwinden der Milchwirtschaft. Die Motivation der IG war es die Landwirte bei der Fortsetzung der Bewirtschaftung ihrer Wiesen zu unterstützen.
Ideen hierzu waren der Heuverkauf an Pferdehalter, die Mutterkuhhaltung und die Nutzung der Fördermöglichkeiten im Vertragsnaturschutz. Die Landwirte erklärten, dass der Ertrag der Wiesen kaum kostendeckend sei, wenn die Wiesen nicht so bewässert würden, wie dies früher der Fall war.
Auslöser zur Gründung der IG war ein Vortrag in Ottersheim, bei dem Gerhard Postel und der ortsansässige Biologe Pirmin Hilsendegen die Besonderheiten der Wiesen vorstellten. Hilsendegen, auch Mitglied in der Aktion PfalzStorch, engagiert sich bis heute aktiv in der IG, deren Sprecher er ist.
Diese trifft sich mit Bauern und Naturschützern sowie Vertretern der Kommunen, unter Führung der Gemeinde Ottersheim. So gibt es wiederkehrende Sitzungen und Exkursionen, um auch Mitmenschen die Arbeit der IG näher zu bringen.

Teilungswehr bei Ottersheim
Foto: Pfalz-Express/Ahme
Bis zu 50 Interessierte beteiligen sich beispielsweise an der Begehung der vorhandenen Wehre, mittels denen die Bewässerung gesteuert wird. Besonders eindrucksvoll ist das Ottersheimer Teilungswehr, dass im Jahr 1772 (!) entstand und die Queich in zwei Adern trennt.
Die Bewässerung wird nach dem Prinzip der Staugraben-Berieselung durchgeführt, wobei der Wasserspiegel der Queich mit Hilfe von Stauwehren angehoben wird, um die Wiesen unter Wasser zu setzen und den Wiesenboden zu sättigen. Bewässert wird, wie seit Alters her, an zwei von den Gemeinden bestimmten Tagen jeweils im April und Mai sowie im Juli und August. Mit rund 450 Hektar handelt es sich um das größte zusammenhängende Wiesenbewässerungssystem in Deutschland.
Wehre und Gräben frei gelegt
Anfang der 2000er Jahre stellten sich für die IG die Fragen: Wo funktioniert die Wiesenbewässerung noch? Was ist zur Fortsetzung nötig? Wo kann sie wiederhergestellt werden? Der Bestand an Wiesen und auch die damit einhergehende Bewässerung entlang der Queich von Landau bis Zeiskam, Lustadt und Bellheim, ist nämlich schon seit dem 15. Jahrhundert nachgewiesen. So wurden Wehren und Gräben freigelegt und instandgesetzt, sodass die Wiesenbewässerung in den folgenden Jahren wieder in Gang kam und sich in Folge dessen auch wieder Störche ansiedelten.
Bei einem Symposium der Aktion PfalzStorch im Jahr 2008 entstanden zudem Kontakte mit interessierten Menschen aus anderen Wiesenbewässerungs-Gebieten, so mit Prof. Christian Leibundgut aus Freiburg. Dieser ist schon sein Leben lang damit beschäftigt das Kulturerbe „Traditionelle Bewässerung“ zu dokumentieren und zu sichern.
Die IG wirkte dann im internationalen Beirat zur traditionellen Bewässerung in Europa mit. Initiativen in mehreren europäischen Ländern beantragten die Anerkennung als Immaterielles Kulturerbe in ihrem Land, wobei es nicht um Bauwerke, sondern um die angewandte Praxis und das Wissen geht, das von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Wiesenbewässerung ist Immaterielles Kulturerbe
Die Wiesenbewässerung in den Queichwiesen wurde dann 2018 als Immaterielles Kulturerbe in Deutschland anerkannt. Zusammen mit Initiativen aus Belgien, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz wurde schließlich ein Antrag auf eine weltweite Anerkennung bei der UNESCO gestellt. Diese erkannte im Dezember 2023 die „Traditionelle Bewässerung: Wissen, Technik und Organisation“ als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit an.
Die Menschen in der Südpfalz sind stolz auf diesen Schatz, den sie vor ihrer Haustür haben. Die Aktion PfalzStorch sieht in der Arbeit der IG Queichwiesen ein besonders eindrucksvolles und erfolgreiches Beispiel für „Naturschutz mit dem Storch“.
Infos im Internet
www.queichwiesen.de
https://pfalzstorch.de/wiesenbewasserung/
https://www.unesco.de/staette/wiesenbewaesserung-in-den-queichwiesen-zwischen-landau-und-germersheim/
https://ich.unesco.org/en/RL/traditional-irrigation-knowledge-technique-and-organization-01979#identification
Zur Person
Gerhard Postel, geboren am 28. Februar 1941 in Freimersheim, gestorben am 6. April in Speyer war ein evangelischer Geistlicher, der sich jahrzehntelang im Umwelt- und Naturschutz, speziell als Ornithologe engagierte und sich als Historiker betätigte. 25 Jahre war er Umweltbeauftragter der Evangelischen Kirche der Pfalz, Kuratoriumsmitglied der Deutschen Umweltstiftung und Mitbegründer der Gruppe Natur und Ethik.
Im Naturschutzbund Deutschland, war Postel zwölf Jahre Vorsitzender des Bezirksverbands Pfalz. Auch als Gründer und Mitbegründer verschiedener regionaler Umweltorganisationen machte er sich einen Namen.
1998 war er Gründungsmitglied und bis zu seinem Lebensende führender Repräsentant der Aktion PfalzStorch. (Heinz Lambert, Burrweiler)

