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Mehr bezahlbarer Wohnraum für Kandel: Stadtrat verabschiedet Wohnbaurichtlinie

21. Juli 2023 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional

Die Situation in Kandel: Viele hochpreisige Einfamilienhäuser, wenig bezahlbarer Wohnraum.
Fotos: Pfalz-Express

Kandel – Die Wohnbaurichtlinie für Kandel hat in der Sitzung des Stadtrats am 18. Juli 2023 für eine kontroverse Diskussion gesorgt.

Denn unbestritten ist: Die Stadt hat ein Wohnungsproblem. Es gibt zu wenig bezahlbare Wohnungen für die wachsende Bevölkerung. Die Mietpreise sind in den letzten Jahren gestiegen. Viele Menschen können sich keine Wohnung in Kandel leisten.

Investoren bauen vor allem teure Wohnungen und Häuser zum Verkauf. Sie nutzen die hohe Nachfrage und die günstige Lage zwischen Karlsruhe und Landau aus.

Wohnbaurichtlinie soll Abhilfe schaffen

Die Stadt Kandel will mit der Wohnbaurichtlinie gegensteuern. Sie will mehr Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen schaffen, insbesondere für Familien, Senioren, Menschen mit Behinderung, Studierende und Menschen mit geringem Einkommen.

Die für diesen Bereich zuständige Beigeordnete Jutta Wegmann (Stadtbürgermeister Michael Niedermeier (CDU) war krankheitsbedingt nicht anwesend) verteidigte die Richtlinie als notwendig, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Sie sagte, dass der freie Markt es nicht geschafft habe, für eine ausreichende und angemessene Wohnraumversorgung zu sorgen. Wegmann verwies auch darauf, dass Wohnbaurichtlinien in Baden-Württemberg schon lange üblich seien und nichts Exotisches darstellten.

FDP und FWG haben Bedenken

Markus Schowalter von der FDP und Ludwig Pfanger von der FWG äußerten Bedenken, dass die Richtlinie Investoren abschrecken könnte. Sie befürchteten, dass die Richtlinie zu hohe Anforderungen an potenzielle Bauherren stellen würde une plädierten dafür, den Wohnungsbau dem Markt zu überlassen. Zudem würden bereits vorhandene Baurichtlinien ausreichen.

Grüne loben die Richtlinie

Die Grünen unterstützten die Richtlinie als einen wichtigen Schritt. Fraktionsvorsitzende Ursula Schmitt-Wagner argumentierte, dass die Richtlinie im Gegenteil Investoren anziehen würde, weil sie ihnen Planungssicherheit geben würde. Zudem werde die Richtlinie den Klimaschutz und die soziale Gerechtigkeit fördern.

Bürgerinitiative fühlt sich ignoriert

Die Vertreter der Bürgerinitiative “Grüne Lunge Kandel” kritisierten, dass ihre Einwände gegen die Richtlinie keine Beachtung gefunden hatten. Die BI hatte stets moniert, dass die Richtlinie zu viel Flächenverbrauch und zu wenig Grünflächen vorsehen würde und den Verkehr befeuere. Sie forderte, dass die Stadt mehr auf den Erhalt des vorhandenen Wohnraums setzen sollte.

Wegmann reagiert ironisch auf Kritik

Jutta Wegmann äußerte sich dazu etwas spöttisch, dass der Bau von Mehrfamilienhäusern in der Nachbarschaft gut situierter Einfamilienhäuser sicherlich nicht angenehm sei. Jedoch sei es ebenfalls nicht schön, wenn Menschen keine bezahlbare Wohnung finden würden.

Richtlinie wird beschlossen

Am Ende der Diskussion ging die Richtlinie ohne Probleme durch die Abstimmung und wurde beschlossen. Sie soll alle zwei Jahre überprüft und gegebenenfalls an die aktuellen Bedürfnisse angepasst werden. Damit konnte auch die CDU leben. Die SPD hatte keine sowieso keine gewichtigen Einwände. 

Zur Wohnbaurichtlinie:

  • Begrünung: Die Wohnbaurichtlinie fördert die Begrünung von Dächern, Fassaden und Freiflächen. Sie sieht vor, dass mindestens 50 Prozent der Dachflächen begrünt werden müssen. Die Begrünung soll die Lebensqualität, das Mikroklima, die Artenvielfalt und den Regenwasserrückhalt verbessern. Die Stadt Kandel kann für Begrünungsmaßnahmen einen Zuschuss von bis zu 50 Prozent der Kosten gewähren, maximal jedoch 5.000 Euro pro Bauvorhaben.
  • Versiegelung: Die Wohnbaurichtlinie begrenzt die Versiegelung von Flächen. Sie sieht vor, dass maximal 60 Prozent der Grundstücksfläche versiegelt werden dürfen. Die Versiegelung soll möglichst wasserdurchlässig sein. Die restliche Fläche soll begrünt oder entsiegelt werden. Die Stadt Kandel kann für Entsiegelungsmaßnahmen einen Zuschuss von bis zu 50 Prozent der Kosten gewähren, maximal jedoch 2.000 Euro pro Bauvorhaben.
  • Förderung: Die Wohnbaurichtlinie fördert den Bau von sozialen und bezahlbaren Wohnungen. Sie sieht vor, dass mindestens 20 Prozent der Wohnfläche für geförderten Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Mietpreise sollen maximal 6,50 Euro pro Quadratmeter betragen. Die Stadt Kandel kann für geförderten Wohnungsbau einen Zuschuss von bis zu 10 Prozent der Baukosten gewähren, maximal jedoch 100.000 Euro pro Bauvorhaben.

Die Wohnbaurichtlinie Kandel kann mit folgenden Instrumenten umgesetzt werden:

  • Städtebauliche Verträge: Die Stadt kann mit den Bauherren städtebauliche Verträge abschließen, um bestimmte Ziele der Wohnbaurichtlinie zu erreichen. Zum Beispiel kann die Stadt eine Quote für sozialen Wohnungsbau oder eine Begrünung der Fassaden vereinbaren. Die städtebaulichen Verträge werden nach § 11 Abs. 1 Satz 2 und 5 BauGB geschlossen.
  • Vorhabenbezogene Bebauungspläne: Die Stadt kann für bestimmte Bauvorhaben, die nicht im Rahmen des aktuell gültigen Baurechts realisiert werden können, vorhabenbezogene Bebauungspläne aufstellen. Zum Beispiel kann die Stadt eine höhere Geschossflächenzahl oder eine abweichende Nutzung zulassen. Die vorhabenbezogenen Bebauungspläne werden nach § 12 BauGB aufgestellt.
  • Förderprogramme: Die Stadt kann Förderprogramme auflegen, um bestimmte Ziele der Wohnbaurichtlinie zu unterstützen. Zum Beispiel kann die Stadt Zuschüsse für energetische Sanierungen oder für den Erwerb von Wohneigentum gewähren. Die Förderprogramme werden nach den jeweiligen Förderrichtlinien der Stadt vergeben. (cli)
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