Mittwoch, 24. April 2024

Germersheim: Gewerbesteuerzahler bringt Haushalt durcheinander

31. August 2019 | Kategorie: Kreis Germersheim, Regional, Wirtschaft in der Region

Stadthaus in Germersheim.
Foto: Pfalz-Express

Germersheim – Schock für die Stadt: Geänderte Gewerbesteuerbescheide haben die Haushaltslage drastisch verändert. Rund sieben Millionen Gewebesteuerrückforderungen hat die Stadt zu bewältigen – völlig unverschuldet.

Grund ist ein in Germersheim ansässiger Autobauer aus Baden-Württemberg. Der muss wegen Tricksereien beim Diesel/Abgasskandal („Schummel-Software“) Rücklagen bilden, um die immensen Strafzahlungen zu bewältigen. Erst im Juli hatte der Konzern nochmals 1,6 Milliarden dafür zurückgestellt. Letztendlich trifft das aber auch so manche Kommune. Neben Germersheim ist auch Wörth betroffen – mit einer noch viel höheren Summe.

In Germersheim musste deswegen der Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung von der ursprünglich im Haushalt festgesetzten Grenze von 22 Millionen auf 29 Millionen Euro angehoben werden, um die Steuerrückzahlungen tätigen zu können. Dafür stimmte der Stadtrat mehrheitlich am Mittwochabend bei seiner Sitzung. Hätte man das nicht getan, wären die Gehälter der Verwaltungsmitarbeiter in Gefahr gewesen, sagte Bürgermeister Marcus Schaile (CDU) dem Pfalz-Express.

Kein Verständnis konnte der Bürgermeister für das Abstimmungsverhalten der AfD-Fraktion aufbringen, die komplett gegen den Nachtragshaushalt gestimmt hatte. Das sei ein Ding der Unmöglichkeit, ein Affront gegen die Mitarbeiter, so Schaile zu PEX. Man hätte es ja noch verstehen können, wenn die Stadt für die angefallene Finanzsituation in irgendeiner Weise verantwortlich sei. Aber da die Stadt nichts dafür könne, habe sich die AfD unverantwortlich verhalten.

„Wollten Zeichen setzen“

Auf Nachfrage sagte der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion Armin Lutzke (parteilos), man habe lediglich ein Zeichen setzen wollen. Es könne nicht sein, dass ein Unternehmen einer Stadt die „Luft zum Atmen“ nehme. „Uns ist völlig klar, dass den Bürgermeister und die Verwaltung keine Schuld trifft“, so Lutzke. „Wir sind da in aller Deutlichkeit beim Bürgermeister.“

Man habe nach Vorab-Gesprächen mit den anderen Fraktionen gewusst, dass der Antrag auf Erhöhung des Liquiditätskredits auf jeden Fall durchgehe, so Lutzke. Es dürfe aber nicht sein, dass der größte Gewerbesteuerzahler vor Ort in absehbarer Zeit erst einmal gar nichts zahle. Das habe man deutlich machen wollen. (cli)

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11 Kommentare auf "Germersheim: Gewerbesteuerzahler bringt Haushalt durcheinander"

  1. Jürgen sagt:

    Wenn eine Kommune ihre Gewerbesteuereinnahmen zu einem sehr hohen Prozentsatz einem einzigen Unternehmen zu verdanken hat, dann ist es mehr als fahrlässig von seiten der Kommune, keine Rücklagen zu bilden, sondern die Einnnahmen zu verschleudern. Nicht weit von Germersheim und Wörth entfernt liegen Walldorf und St. Leon-Rot. Dort hat man dies mittlerweile durch eine schmerzvolle Erfahrung gelernt. Bis in die Pfalz scheint diese Erkenntnis noch nicht vorgedrungen zu sein. „Grund“ für die finanzielle Not der Gemeinden ist deswegen nicht in erster Linie der Autobauer, sondern schuld sind die Finanzverantwortlichen (…).

  2. Danny G. sagt:

    Verstehe ich jetzt nicht. Hatte der damalige Chef dieser Firma nicht mit Schnauzer, Nickelbrille und Dackelblick vor laufenden Kameras erklärt, dass in seiner Firma nicht geschummelt wird und schon gar nicht noch nie geschummelt wurde. Er war in alle Entwicklungsprozesse eingebunden. *
    Also wären diese angeblichen Rücklagen ja unnötig. Denn wo nicht geschummelt wurde muss ja auch keine Strafe gezahlt werden !
    Somit Entwarnung für die betroffenen Gemeinden. Ein Ehrenmann wie der damalige Chef dieser Firma lügt nicht und es wird sich aufklären, dass das Geld doch noch kommt !

    * Quelle: googel : „dieter zetsche wir haben nicht manipuliert“

    • peter sagt:

      Ja und? Hat Angelika Merkel nicht versprochen … und wenn die schon …, warum sollten dann die Konzernführer … ach, eh egal.

      • Danny G. sagt:

        „hat Angelika Merkel nicht versprochen “
        Keine Frage.. und nicht nur Angela hat versprochen auch der Peer, oder der Norbert oder der Jürgen mit seiner Kugel Eis.

        Ist aber für mich keine Ausrede für den von mir genannten Herrn. Ob Konzernlenker oder Politiker, für dreiste, bewusste Falschaussagen sollte persönlich gehaftet werden müssen !

        • peter sagt:

          Wenn wir in einer gerechten Welt leben würden. Tun wir aber nicht. Wir leben in einer Welt, in der Gerechtigkeit nur vorgegaukelt wird. Und der Begriff Gerehtigkeit ins Gegenteil verquert wird (z.B. soziale Gerechtigkeit).

  3. LochinderKasse sagt:

    Mich würde mal interessieren wer die Strafgelder der im Raum stehenden Strafzahlungen erhalten wird.
    Im Moment sieht es wohl so aus, dass durch diese Finanzrochade wohl die Stadt GER einen Aderlass hinnehmen muss. Die vielen Millionenen werden doch hoffentlich nicht in europäische Kassen bezahlt werden – oder? Weiß das jemand wohin diese Kohle dann geht?

    • Änner ausm Nirchendwo sagt:

      Bissl nachdenken…..
      Der Gewerbesteuerzahler bildet Rücklagen und verändert damit seinen Gewinn, nachdem die GSt berechnet wird. Sinkt der Gewinn, sinken die Steuern, und wie bei Ihnen mit der ESt bekommt der Steuerzahler, i.d.F. die Firma Daimler AG, die zuviel entrichteten Beträge zurück.

      Warum nennt man das Kind nicht beim Namen? …ein bawü Fahrzeughersteller… etcblabla. Das ist die Daimler AG. Sagt es so.

      • LochinderKasse sagt:

        Ja nun, das war wohl wirklich nicht schwer um wen es sich dabei handelt. Meine Frage ist allerdings immer noch nicht beantwortet. Auf wessen Konto gehen die „immensen Strafzahlungen“ (von Daimler Benz) für die Schummelsoftware die in den Fahrzeugen installiert wurde? Auf welches Konto bitte ……

        • Änner ausm Nirchendwo sagt:

          Auf das Konto desjenigen Gerichts, der die Strafe verhängt, oder der zuständigen Landesfinanzkasse. Wird vermutlich eines im Raum Stuttgart sein.

          • Jorge sagt:

            „Der Daimler-Konzern muss laut einem Pressebericht in der Dieselaffäre mit einem Milliardenbußgeld durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart rechnen“
            @LochinderKasse die Antwort auf deine Frage lautet: die steckt sich der Staat in die Tasche. Wie Peter schon zum Thema Gerechtigkeit schrieb …