Freitag, 26. April 2024

EU-Kommission will noch härtere Sammelklagen ermöglichen

7. April 2018 | Kategorie: Politik

Foto: dts nachrichtenagentur

Brüssel  – Zweieinhalb Jahre nach der Aufdeckung des VW-Abgasskandals zeichnen sich weitreichende Konsequenzen für den Verbraucherschutz ab.

Die EU-Kommission will mit der europaweiten Einführung von Sammelklagen ermöglichen, dass Verbraucherschutzorganisationen und andere Verbände in künftigen Fällen von „Massenschäden“ stellvertretend für geschädigte Kunden gegen Unternehmen vor Gericht ziehen.

Das berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf einen Entwurf für eine Verbraucherschutzrichtlinie, den die Kommission am kommenden Mittwoch beschließen will.

Der Entwurf von Justizkommissarin Vera Jourova zum „Schutz der Kollektivinteressen von Verbrauchern“ geht deutlich über Pläne von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) für eine Musterfeststellungsklage hinaus, die das Bundeskabinett in Berlin noch im April billigen soll.

So sieht der EU-Vorstoß vor, dass die Verbände in bestimmten Fällen auch Schadenersatzansprüche einklagen können, wozu etwa das Recht auf Rückzahlung, Preisnachlass, Ersatz oder Reparatur gehören soll.

Voraussetzung ist, dass der Schaden in den Einzelfällen vergleichbar und die Identität und die Zahl der betroffenen Kunden bekannt ist. Die Regierung in Berlin will dagegen per Musterfeststellungsklage von Verbänden nur klären lassen, ob das Unternehmen ein Verschulden trifft; wenn ein Gericht das bejaht, müssen betroffene Verbraucher ihre Ansprüche individuell einklagen.

Mit dieser Trennung soll das Risiko des Klage-Missbrauchs verhindert werden: In den USA haben Anwälte eine Art Klageindustrie aufgebaut, die nur um des eigenen Profits willen Unternehmen mit Klagen überhäufen, auch ohne Zustimmung betroffener Verbraucher.

Justizkommissarin Jourova sieht den möglichen Missbrauch dadurch verhindert, dass nur „qualifizierte Institutionen“ aus dem Non-Profitbereich klageberechtigt wären. Bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen müssten sie offenlegen, wie sie die Klage finanzieren.

So werde eine Balance zwischen dem erleichterten Zugang zur Justiz und angemessenen Schutzmaßnahmen gegen missbräuchliche Verfahren gesichert, heißt es im Entwurf der Justizkommissarin.

In bestimmten Fällen wäre nach dem Brüsseler Modell auch ein ausdrückliches Mandat einzelner Verbraucher nicht zwingende Voraussetzung für eine Klage – die deutschen Pläne sehen dagegen vor, dass mindestens 50 geschädigte Verbraucher diesen Weg unterstützen.

Die Bundesregierung sieht dem Bericht zufolge die Brüsseler Initiative gelassen: Während das deutsche Gesetz zur Musterfeststellungsklage dank der Koalitionsmehrheit rasch beschlossen werden und spätestens am 1. November in Kraft treten soll, ist noch völlig unklar, ob und wann es im EU-Parlament und im EU-Rat der Mitgliedstaaten Zustimmung zu den Kommissionsplänen geben wird. (dts Nachrichtenagentur)

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