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Ärzte wollen nach Kandel – KV-Vorgaben „zu knapp und nicht machbar“

16. April 2022 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional

Stadtratssitzung am 13. April in Kandel
Foto: Pfalz-Express/Licht

Kandel – Wie überall gibt es auch in Kandel Probleme mit der Ärzteversorgung, gerade weil im letzten Jahr ein Hausarzt verstorben und ein anderer umgezogen war. Beigeordneter Michael Gaudier hat zur Ärzte-Gewinnung Neues ausprobiert – und war erfolgreich. 

Die Vergabe der städtischen Grundstücke im Baugebiet „Nordwest – K2“ und die Ansiedlung von Ärzten überhaupt war Thema im Kandeler Stadtrat am 13. April. Zur Abstimmung standen dann Kriterien zur Bauplatzvergabe an Ärzte in K2 mit entsprechenden Prioritäten. Stand Mitte April 2022 sind noch sechs Bauplätze frei.

Prioritätenliste

Angesiedelt werden soll ein Hausarzt/Hausärztin und/oder ein Kinderarzt/Kinderärztin (siehe weiter unten). Jedoch sollen (Prio Nr. 1) die Erhaltung bzw. Übernahme von bereits bestehenden Praxen in der Stadt im Vordergrund stehen. Prio 2 ist die Eröffnung einer neuen Hausarztpraxis in Kandel. Am liebsten hätte man ein gemeinsam praktizierendes Ärzteehepaar auf einem Bauplatz (Prio 3). Und 4.: Eine Anstellung in der Kandeler Asklepiosklinik erfüllt die Kriterien nicht.

Bedingungen

Außerdem sollen sich die Ärztin oder der Arzt für zehn Jahre verpflichten und eine
Vollzeitstelle von durchschnittlich 40 Wochenstunden innehaben. Gleichzeitig gelten die Bauverpflichtungen wie bei anderen städtischen Grundstücken in K2: Es muss innerhalb von drei Jahren gebaut, das Wohnhaus fünf Jahre lang selbst genutzt oder bewohnt werden. Wenn es innerhalb von zehn Jahren verkauft wird, muss der Zugewinn durch die Bodenpreissteigerung an die
Stadt gegeben werden.

Zum 1. Januar wurden die neuen Bodenrichtwerte veröffentlicht. Der Richtwert liegt für das Baugebiet Nordwest K2 bei 550 Euro/m². Die Grundstücke sollen aber zu einem vergünstigten Kaufpreis von 460 Euro/m² an Ärzte unter Anwendung eines Punkterasters veräußert werden. Stadtbürgermeister Michael Niedermeier (CDU) soll das mit der Kommunalaufsicht besprechen.

Mehr Ärzte als Stellen

So weit, so gut. Es gibt sogar genügend interessierte Ärzte. Der Erste Beigeordnete Michael Gaudier hatte in den letzten Wochen Ärzte ermittelt, sie nach Kandel eingeladen, Gespräche geführt, ausgelotet, was den Medizinern wichtig ist, ihnen die Stadt gezeigt – mitsamt den Vorteilen, die eine Niederlassung in Kandel bietet. Dafür gab es Lob von Volker Merkel (CDU), der Gaudier großes Engagement bescheinigte. Schon das „Kleine Impfzentrum“ in der Stadthalle habe Gaudier zusammen mit Mike Schönlaub und den Ärzten Fritz und Dambach initiiert. „Vielen Dank auch im Namen der CDU-Fraktion“, sagte Merkel. Dem schloss sich die SPD-Fraktion an.

Der Vorsitzende Markus Jäger-Hott lobte ebenfalls die Spaziergänge von Gaudier mit Ärzten durch Kandel und sprach von großem Engagement Gaudiers. Gaudier selbst meinte, man habe nun geradezu ein Luxusproblem. Es gebe mehr Bewerber als Bauplätze.

Foto: Pfalz-Express/Licht

KV-Vorgaben: „Zu knapp, nicht machbar“

Es könnte also alles relativ reibungslos laufen, wenn da nicht die Vorgaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) wären. Darauf machte Stadtbürgermeister Niedermeier aufmerksam.

Probleme gibt es schon mit dem Besetzungsprocedere für die Arztstelle: Die KV fordert eine Frist bis 15. Juni 2022 (ursprünglich 18. Mai 2022), innerhalb der sich Ärzte um den Arztsitz bei der KV bewerben müssen. Wird der Arztsitz dann erteilt, muss sich der Arzt innerhalb eines Quartals auch niederlassen – eine äußert knappe Zeit. Michael Gaudier sagte dazu: „Eine Existenz gründen, umziehen mit der Familie und das alles innerhalb eines Vierteljahres – das ist kaum machbar.“ Die Stadtspitze bleibe in Kooperation mit der Verbandsgemeinde dran. 

Man habe da als Verwaltung wenig Handhabe, sagte Niedermeier. Zusammen mit Verbandsbürgermeister Volker Poß will er nun versuchen, mehr Unterstützung von der KV zu bekommen. An der nächsten Stadtratssitzung am 28. April, in der es um die Vergabe der Arztsitze gehen soll, wolle die KV nicht teilnehmen – nicht einmal in beratender Funktion, bedauerte Niedermeier.

Appell an die Kassenärztliche Vereinigung: „Echte Not“

Es folge ein öffentlicher Appell. „Wir bitten die KV dringend, uns bei diesem Verfahren zu unterstützen und das Möglichste zu tun. Es ist eine echte Not. Kreisübergreifen suchen Patienten händeringend nach Ärzten.“ Sie müssten teils weite Anfahrtswege in Kauf nehmen. Das könne nicht sein. 

Laut KV besteht nur ein Bedarf von 1,5 Stellen für einen Kinderarzt oder Hausarzt. Betrachtet wird dabei der sogenannte „Mittelbereich“ der aus der Verbandsgemeinde Kandel, der Verbandsgemeinde Jockgrim und Wörth besteht. Insgesamt sind in diesem Bereich 3,5 Stellen zu besetzen. „Es muss ein Allgemeinarzt oder ein Kinderarzt sein“, so Niedermeier. Die hiesige Kinderärztin habe allerdings ihre Belastungsgrenze erreicht, der nächstgelegene Kinderarzt in Wörth gehe im nächsten Jahr in Rente. Wenn man die Arztstelle in Kandel nicht halte, falle sie in den Mittelbereich.

Bürgermeister Poß bekräftigte am Ende der Sitzung: „Das alles wäre Aufgabe der KV – die muss sicherstellen, dass in jedem Bezirk Ärzte da sind!“ (cli)

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