Kandel: Max & Moritz als internationale Begegnungsstätte eröffnet: „Bomben fielen auf unsere Straße, alles brannte“

13. Dezember 2015 | Kategorie: Kreis Germersheim, Regional
Keine Begenungsängste: Einheimische und syrische Jugendliche im Max & Moritz. Fotos: pfalz-express.de/Licht

Keine Begenungsängste: Einheimische und syrische Jugendliche im Max & Moritz.
Fotos: pfalz-express.de/Licht – Fotostrecke am Textende

Kandel – Großer Bahnhof in der ehemaligen Kneipe Max & Moritz: Dort wurden am Freitag (11. Dezember) die Räume als zentrale Anlauf- und Begegnungsstätte für die Arbeit mit Flüchtlingen wiedereröffnet.

Das Treffpunkt-Projekt, das „Bistro International“, war im April diesen Jahres in den Räumen des Frauen- und Familienzentrums (FFZ) zusammen mit den Protestantischen Kirchengemeinden Kandel und Erlenbach gestartet.

Dafür steht nun der renovierte Gastraum im Max & Moritz in der Rheinstraße zur Verfügung. Die Verbandsgemeinde hat die Räume von Familie Hott angemietet. Im Dachgeschoss sind bereits Flüchtlinge untergebracht.

Verbandsbürgermeister Volker Poß und Kerstin Jordan, Leiterin des FFZ, war die Freude anzusehen: Mit Veranstaltungen und Angeboten soll dort die Möglichkeit für Einheimische und Asylsuchende geschaffen werden, sich kennenzulernen, aufeinander zuzugehen und Verständnis füreinander zu finden.

Verbandsbürgermeister Volker Poß (Mitte) freut sich über viel Zuspruch.

Verbandsbürgermeister Volker Poß (Mitte) freut sich über viel Zuspruch.

Bislang fand der Treff nur freitags statt. Volker Poß wünscht sich, dass über die ganze Woche hinweg eine Belegung möglich wird. Jeder, der Interesse habe, könne sich melden, so Poß.

Man tue viel gegen Ablehnung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Deswegen käme auch dem Max & Moritz eine besondere Bedeutung zu.

60 bis 70 Personen besuchten den Treff regelmäßig, berichtete Kerstin Jordan. Mitglieder des FFZ sorgen in der Regel für die Bereitstellung von Kaffee, Kuchen und Gebäck.

Kerstin Jordan (FFZ Kandel), Pfarrer Dr. Hans-Peter Edinger (Erlenbach).

Kerstin Jordan (FFZ Kandel), Pfarrer Dr. Hans-Peter Edinger (Erlenbach).

Auch sonst war die Hilfsbereitschaft groß. Hubert Bischoff von der Firma Möbel Bischoff GmbH baute kostenlos eine gebrauchte Küche ein, der Verein Kunst und Kultur der Stadt Kandel (Kukuk) spendete einen Geschirrspüler, Geschirr und Besteck, die Firma Elektro-Schöttinger reparierte den Herd und besorgte Backbleche.

Die Bäckerei Seither spende regelmäßig Backwaren, erzählte Bürgermeister Poß, und Sybille Rauch-Toussaint, ehemalige Bürgermeisterin von Vollmersweiler, organisiere den Fahrdienst und habe viel selbst Hand angelegt.

Pfarrer Dr. Hans-Peter Edinger aus Erlenbach betonte, dass die Begegnung mit den Flüchtlingen eine gegenseitige Bereicherung sei. „Wir treffen uns hier auf Augenhöhe – das ist nicht einseitig.“

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Und so platzte das Max & Moritz am Freitag aus allen Nähten: Nebst Stadt- und Ortsvertretern – Bürgermeister Günther Tielebörger, Beigeordnete, einige Stadträte und Bürgermeister aus den Ortsgemeinden – versammelten sich vor allem ehrenamtliche Helfer und Geflüchtete in dem rustikalen Raum.

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„Bomben auf unsere Straße“

Ein Ort der Begegnung soll es sein, das Max & Moritz – und Begegnungen gab es in der Tat.

Da waren zu Beispiel Ali (25) und sein Bruder Rabaae (21). Ali ist seit einem Jahr hier und hat eine Aufenthaltsgestattung. Rabaae kam vor drei Monaten, sein Verfahren läuft noch.

Ali (li.) und sein Bruder Rabaae entkamen dem Bombenhagel in ihrer Heimststadt in Ostsyrien.

Ali (li.) und sein Bruder Rabaae entkamen dem Bombenhagel in ihrer Heimststadt in Ostsyrien.

Die Brüder stammen aus der Stadt Deir ez-Zor im Osten Syriens. Da herrsche der „Daesh“, wie der Islamische Staat (IS) dort genannt wird, erzählen Ali und Rabaae.

Tatsächlich befindet sich die Stadt seit 2011 mitten in der Bürgerkriegszone. 2014 brachte der IS dort 700 Zivilisten um.

Rabaae hat es bei einer Bombardierung erwischt – von wem, ist nicht ganz klar. Er hat Brandnarben am Unterarm und eine lange Operationsnarbe am Bauch, wo ihn Bombensplitter getroffen hatten: „Die Bomben fielen auf unsere Straße, alles brannte“.

Guter Dinge ist er trotzdem: Hier sei er ja jetzt erst einmal in Sicherheit, sagt er.

Narbe

Erstes „syrisch-südpfälzer“ Baby

Eine andere Begegnung: Ein junges syrische Ehepaar zeigt stolz seinen wenige Wochen alten Nachwuchs. Das Baby ist das erste „Flüchtlingskind“, das in Kandel geboren wurde.

Eltern und Onkel sind überglücklich: „Hier müssen wir keine Angst um unser Kind haben“, sagt die Mutter.

Und bedankt sich immer wieder. (cli)

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Asyl Flüchtlinge Kandel

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