Samstag, 27. April 2024

Stadt Germersheim bezieht Stellung zum Kindergarten-Zukunftsgesetz: „Nicht am Bedarf orientiert“

28. November 2018 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional

Symbolbild: dts Nachrichtenagentur

Germersheim – Nachdem sich die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände ausführlich zur Novellierung des Kindergartengesetzes geäußert hat, gab jetzt auch die Stadt Germersheim als betroffene Kommune eine Stellungnahme dazu beim zuständigen Ministerium ab.

„Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Gesetzesüberarbeitung klar erkennen lässt, dass es sich bei den Kindertageseinrichtungen um Bildungseinrichtungen handelt und diese für zahlreiche gesellschaftliche Ziele unerlässlich sind, schließlich sei die Zeit, in der es sich bei Kindertageseinrichtungen um reine Betreuungseinrichtungen handelte, lange vorbei,“ so heißt es in der Erklärung der Stadtspitze.

Marcus Schaile

Unter Berufung auf die Landesverfassung wird in dem Schreiben auch auf das geltende Konnexitätsprinzip und die erforderliche Zuteilung der notwendigen Finanzmittel verwiesen, damit weitere Defizite vermieden werden können.

Wie schätzt die Stadtspitze den Bedarf in Germersheim ein? Hierzu sagt Bürgermeister Marcus Schaile (CDU): „Die geplanten Regelungen gehen an dem konkreten Bedarf vorbei. Die Stadt Germersheim verfügt über sieben eigene Kindertagesstätten sowie über sechs weitere Kitas in freier Trägerschaft. Bereits bei der Novellierung im Jahr 2012 wurden in diesen Einrichtungen zahlreiche Plätze für unter Dreijährige geschaffen. Diese wurden seitdem zu keinem Zeitpunkt voll ausgeschöpft, im Gegenteil, zwischenzeitlich wurde die Vorhaltung der Plätze auf Drängen des Landkreises wieder in mehreren Einrichtungen reduziert, weil die entsprechende Nachfrage nach Plätzen für Zweijährige in diesem Umfang nicht gegeben ist.“

Deshalb solle zuvor durch die Landesregierung untersucht werden, inwieweit ein Ausbau des Rechtsanspruchs für unter Zweijährige überhaupt sinnvoll sei, so Schaile.

Ähnliches gelte für die Regelung einer mindestens siebenstündigen Betreuung und des dann „unausweichlichen Mittagessens“, das die räumlichen Kapazitäten in allen vorhandenen Einrichtungen bei Weitem übersteige.  „Ohne neuerliche Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen könnten wir das nicht leisten und wie eine konkrete Abrechnung der Mittagessen stattfinden soll, bleibt ebenfalls offen“, so Schaile weiter.

In dem ausführlichen Schreiben an das Ministerium weist die Stadt zudem auf zahlreiche kritische Punkte und offene Fragen hin, die aus ihrer Sicht weiteren Klärungs- und vor allem politischen Handlungsbedarf nach sich ziehen.

Insbesondere räumliche und diverse organisatorische Probleme sowie unklare rechtliche Folgen und die nicht abzuschätzenden finanziellen Folgen für den kommunalen Haushalt stehen dabei im Mittelpunkt der Betrachtung.

Besonders enttäuscht zeigt sich die Stadt über den geplanten Berechnungsschlüssel für die Personalausstattung. „Anstelle über diesen Ansatz die Qualität der Einrichtungen zu steigern, wird durch das Land versucht, die Kosten für das Personal auf die Kommunen zu verlagern“, sagt Schaile.

Nach Ansicht der Stadtspitze darf die Qualität der Kindertagesstätten nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit der einzelnen Kommune abhängen. Die Stadt Germersheim sieht in der „unzureichenden finanziellen Unterstützung durch das Land“ eine reelle Gefahr für die Chancengleichheit der Kinder innerhalb des Landes.

„Dies zeigt auch der Wegfall der Spiel- und Lernstuben im Entwurf. Hier werden gerade in den sozialen Brennpunkten Einsparungen realisiert, die die Zukunft der Kinder massiv beeinträchtigt. Finanzschwache Kommunen werden ohne die Landesunterstützung über kurz oder lang gezwungen sein, entsprechende Angebote abzubauen“, so Schaile.

Da man neben vielen weiteren Punkten auch im Hinblick auf die relativ kurze Übergangsfrist starke Bedenken hegt, endet das Schreiben mit der dringenden Bitte an das Ministerium, das geplante Gesetz nochmals gemeinsam mit Praktikern und den Verwaltungen zu überarbeiten.

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen