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Piraten befragen südpfälzische Bundestagsabgeordnete:`“Was denken Sie über TTIP?“

18. März 2015 | Kategorie: Allgemein, Politik regional

 

Dr. Tobias Lindner, Thomas Hitschler und Dr. Thomas Gebhart (v.l.) antworteten auf die von den Südpfälzer Piraten gestellten Fragen zu TTIP.
Fotocollage: Pfalz-Express

SÜW. Aktuell wird bundesweit  intensiv über das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen EU und USA diskutiert.

Die Piratenpartei lehnt die Freihandelsabkommen (TTIP, CETA, TISA etc.) mit den bisher öffentlichen Vertrags- und Verhandlungstexten ab. „Die Abkommen sind weitgehend intransparent und wurden ohne Beteiligung der Bürger und Parlamente ausgehandelt und viele unserer hohen Grundrechts- und Verbraucherstandards werden außer Kraft gesetzt“, so Sven Gretschuskin,Vorsitzender des KV Südpfalz der Piratenpartei.

„Wir wollten nun aber auch wissen, was unsere aktuellen Bundestagsabgeordneten in unserem Wahlkreis über TTIP denken. Deshalb haben wir am 17. Februar 2015 als Bürger des Kreisverbands Südpfalz einen offenen Brief an MdB Dr. Thomas Gebhart, MdB Thomas Hitschler  und an MdB Dr. Tobias Lindner, Abgeordnete des Deutschen Bundestags für den Wahlkreis 212 gerichtet und sie nach ihrer Position zum Freihandelsabkommen befragt“, erklärt Gretschuskin. Der Pfalz-Express veröffentlicht hier die Fragen des KV Südpfalz der Piraten und die Antworten der drei Politiker.

FRAGEN:

1. Regulatorische Kooperation

Die regulatorische Kooperation im Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA ermöglicht es Lobbyisten, geplante regionale Regulierungen und Gesetzesinitiativen im voraus zu prüfen und gegebenenfalls neu zu formulieren. Sollte das Abkommen zum Abschluss kommen: Wie wollen sie diese Fußfessel für die Legislative und Entmündigung demokratisch gewählter Mandatsträger rechtfertigen?

2. Transatlantischer Handel und Datenschutz

Transatlantischer Handel findet heute zu 100% über das Internet statt. Wie kann ein Freihandelsabkommen im „NSA-Zeitalter“ ohne umfassenden Datenschutz die Freiheit des Handels vor Ausspähung und den Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten der Verbraucher garantieren?

3. Vorsorgeprinzip

Als einen Grundsatz ihrer Politik hat die EU das Vorsorgeprinzip verankert. Dieses besagt, dass Belastungen für die Umwelt oder Schäden für die menschliche Gesundheit (bei unvollständiger Wissensbasis) im Voraus vermieden oder weitgehend verringert werden sollen. Immer wieder sind Politiker dem Druck der den Agrarmarkt beherrschenden Konzernen ausgesetzt, man möge dieses Prinzip aufgeben, da Chancen für eine konkurrenzfähige Landwirtschaft vertan würden (z.B. Zulassung GMO, Hormone in der Tiermast). Dass jedoch bei Missachtung des Vorsorgeprinzips der volkswirtschaftliche Schaden gegenüber den privatwirtschaftlichen Gewinnen ins Unermessliche steigen kann, stellte die Europäische Umweltagentur schon 2004 fest und beschreibt dies in zahlreichen Beispielen. Wie werden Sie sicherstellen, dass das Vorsorgeprinzip im Rahmen des Freihandelsabkommens aufrecht erhalten bleibt? Wenn Sie keine Einflussmöglichkeiten sehen, werden Sie dann gegen das Abkommen stimmen?

4. Einheitliche Standards

TTIP verspricht die Vereinheitlichung oder gegenseitige Anerkennung von Standards. In den USA liegt die Kompetenz für Definition und Überwachung von Standards aber in den meisten Fällen im privatrechtlichen Bereich oder bei den Bundesstaaten. Die US-Bundesregierung hat also keinen direkten Einfluss darauf. Wie wollen Sie sicher stellen, dass es im Zuge von TTIP keine einseitige Anerkennung von US-Standards in der EU ohne entsprechende Anerkennung der EU-Standards in den USA gibt?

5. Geistiges Eigentum

Ein Ziel von TTIP ist für geistiges Eigentum im Zielland den gleichen Schutz zu garantieren wie im Ursprungsland. Was halten Sie davon, dass damit Trivialpatente aus den USA in der EU durchsetzbar werden?

6. Investorenschutz und CETA

In dem jetzt vorliegenden Vertragstext des Freihandelsabkommens CETA der EU mit Kanada (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/september/tradoc_152806.pdf) ist ein Investorenschutz durch nicht staatliche Schiedsgerichte vorgesehen, deren Entscheidungen für die Vertragsstaaten bindend sind. Kanada und die Mitgliedsstaaten der EU sind Rechtsstaaten. Halten Sie eine zusätzliche übergeordnete private Schiedsgerichtsbarkeit im CETA-Abkommen zur Durchsetzung unternehmerischer Interessen für erforderlich? Würden Sie bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag dem CETA-Vertrag zustimmen?

ANTWORTEN:

Dr. Tobias Lindner, Grüne-Bündnis 90

Sie sprechen zahlreiche wichtige Punkte an, die meine Partei und ich genauso wie Sie kritisch sehen. Gerade als grünes Mitglied des Deutschen Bundestages ist es mir wichtig, alle Entscheidungen auch daran auszurichten, dass die Zukunft unserer Kinder und unseres Planeten nicht gefährdet wird. Wir lehnen daher eine übergriffige regulatorische Kooperation, eine Aushebelung des Datenschutz und vor allem von wichtigen Grundprinzipien, wie des Vorsorgeprinzips der EU, vehement ab. Ein transatlantisches Handelsabkommen darf nicht zu einer Absenkung unserer Standards führen, die wir schließlich nicht ohne Grund in Europa etabliert haben.

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben sehr deutlich gemacht, dass es auf beiden Seiten des Atlantiks in verschiedenen Bereichen ein sehr unterschiedlich ausgeprägtes Problembewusstsein gibt. Der Umgang mit Daten im Internet ist in Amerika ein völlig anderer, der sich in der Sammelwut von Unternehmen und Regierungsstellen ausdrückt. Der NSA Abhörskandal hat sehr deutlich gemacht, dass dieses Thema nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf. Auch die Trivialpatente, die Sie ansprechen, sind durchaus problematisch.

In Europa sind sie mit gutem Grund nicht erlaubt.
Den Plänen nicht staatliche Schiedsgerichte einzuführen, stehe ich ablehnend gegenüber. Solche Institutionen würden demokratische Prozesse potenziell aushebeln. Das dürfen wir nicht zulassen. Dies gilt im Besonderen vor dem Hintergrund, dass das Niveau des Rechts- und Investitionsschutzes sowohl in der EU, als auch in den USA und Kanada völlig ausreicht.

Als Oppositionspolitiker habe ich leider keinen direkten Einfluss auf die Verhandlungen, kann also die Einhaltung bestimmter Standards, oder die Aufrechterhaltung von Prinzipien nicht garantieren. Ich werde mich gemeinsam mit meinen FraktionskollegInnen jedoch weiter dafür stark machen, die Verhandlungen kritisch begleiten und Probleme damit aufzeigen. Wenn dem Deutschen Bundestag ein Handelsabkommen vorgelegt wird, das gegen meine Prinzipien verstößt, werde ich diesem ganz sicher nicht zustimmen.

Thomas Hitschler, SPD

Das Verhandlungsmandat  zu CETA  und  TTIP liegt nicht  beim  Deutschen  Bundestag  oder  der  Bundesregierung, sondern  bei  der Europäischen Kommission. Erst nach Abschluss der Verhandlungen werden die nationalen Parlamente, und damit auch der Bundestag, über das Abkommen abstimmen.
Grundsätzlich verfolgt die SPD-Fraktion  das Ziel, die Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und mit Kanada  (CETA) zu  einem  Erfolg  zu  führen.

Sie  bieten  nicht  nur  Chancen  für  Wachstum  und Beschäftigung in Deutschland und Europa. Wenn es gelingt mit ihnen fortschrittliche politische, soziale und  ökologische  Standards  zu  setzen, können  die  Abkommen  zugleich  dabei mithelfen,  gerechtere Standards für den Welthandel insgesamt zu vereinbaren. Wenn mit den USA und Europa die beiden größten Handelsräume weltweit Maßstäbe setzen, kann dies zu einem wirkungsvollen Hebel für eine bessere politische Gestaltung der Globalisierung werden.

Diese Chancen unterstreichen wir auch in dem  auf  unserem  SPD-Parteikonvent  im  September  gefassten  Beschluss  zu  den Freihandelsabkommen.

Wir wissen aber auch: Mit den Freihandelsabkommen verbinden sich ebenso Risiken. Die Vorbehalte und Sorgen vieler Bürger nehmen wir sehr ernst. Diese Fragen sachlich, ehrlich und offen miteinander weiter zu diskutieren, ist wichtig –  sowohl in der SPD-Bundestagsfraktion als auch der Gesellschaft insgesamt.

Vor  diesem  Hintergrund  haben  wir  auf  unserem  SPD-Parteikonvent  im  September  einige  klare inhaltliche Erwartungen an die Freihandelsabkommen formuliert. Wir sagen: Die Abkommen dürfen nicht  dazu  führen,  dass  europäische  Standards  etwa  im  Arbeits-  und  Umweltrecht,  beim  Daten-, Verbraucher-, Tier-  oder Gesundheitsschutz oder in Fragen der Kultur abgesenkt oder bewährte Regeln der Daseinsvorsorge unterlaufen werden.

Bereits jetzt ist klar,  dass die in Europa und Deutschland bestehenden  Verbraucher-,  Umwelt-  und Sozialstandards  nicht  durch  die  Freihandelsabkommen verändert werden. Weder dürfen gentechnisch veränderte Lebens-  und Futtermittel aus den USA nach Europa gebracht werden noch besteht die Gefahr einer Absenkung unserer Arbeitnehmerrechte.
Die SPD, deren Bundestagsfraktion, aber auch die  Bundesregierung waren  von Anfang an der Meinung, dass eine Einbeziehung des Investitionsschutzes einschließlich eines Investor-Staat-Schiedsverfahrens in  das  Abkommen  unnötig  ist,  da  EU-Investoren  in  den  USA  und  US-Investoren  in  Deutschland hinreichenden Schutz vor nationalen Gerichten haben.

Eine  endgültige  Entscheidung  darüber,  ob  Investitionsschutzbestimmungen  in  das  Abkommen aufgenommen werden, wird erst nach einem Verhandlungsergebnis und nach Evaluierung durch die Mitgliedstaaten erfolgen. Es muss auf jeden Fall ausgeschlossen werden, dass Regelungen zum Schutz von  Gemeinwohlzielen,  die  rechtsstaatlich  und  demokratisch  zustande  kommen,  ausgehebelt  oder umgangen  werden.  Es  muss  verhindert  werden,  dass  z.  B.  ein  Marktzugang,  der  solchen  Regeln widerspricht, einklagbar wird.

Bundeswirtschaftsminister  Gabriel  hat  in  den  vergangenen  Wochen  erreicht,  dass  sich  die sozialdemokratischen  Handelsminister  von  Frankreich,  Dänemark,  Schweden,  Luxemburg,  den Niederlanden und Deutschland in der EU auf eine gemeinsame Position verständigt haben. Dabei geht es  vor  allem  darum,  die  bisherigen  privatwirtschaftlich  organisierten Schiedsgerichte  in Freihandelsabkommen  zu  öffentlich-rechtlichen  Institutionen  zu  machen –  mit  Berufsrichtern  statt Vertretern  bezahlter  Anwaltskanzleien,  mit  öffentlichen  und  transparenten  Verfahren  und Berufungsinstanzen.
Zudem wollen wir erreichen, dass kein Unternehmen vor einem Schiedsgericht besser gestellt werden kann als vor einem innerstaatlichen Gericht.

Im  Bereich  regulatorischer  Kooperation  ist  grundsätzlich  festzuhalten,  dass  die  regulatorische Kompetenz auch nach Abschluss des Abkommens bei den staatlichen Regulierungsstellen verbleibt. Das Gremium zur regulatorischen Kooperation hat rein beratenden Charakter. Hierbei entstehen große Chance, globale Standards bei neuen Technologien zu setzen. Die von Ihnen verwendete Formulierung einer „Entmündigung demokratisch gewählter Mandatsträger“ im Falle eines Inkrafttretens von TTIP halte ich für übertrieben.

Datenschutz  ist  ein  bedeutendes  Thema  und  durch die  so  genannte  NSA-Affäre  hat  das  Verhältnis zwischen Deutschland und den USA sicherlich gelitten.  Der Schutz der Privatsphäre, wie er etwa in Artikel 10 GG festgeschrieben ist, muss dringend wieder hergestellt werden.

Ich bezweifle aber, dass dies Aufgabe eines Freihandelsabkommens ist.
Hier sind vielmehr Konsultationen auf Regierungsebene notwendig. Eine bessere Koordinierung der europäischen  und  amerikanischen  Sicherheitspolitik  könnte,  was  Zielsetzung  und  Maßnahmen derselben angeht, einige Probleme lösen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat gerade einen Diskussionsprozess  zu  einem  neuen  Weißbuch  zur  Sicherheits-  und  Verteidigungspolitik  gestartet.

Dabei  wird  der  nachrichtendienstliche  Austausch  sicherlich  auch  eine  Rolle  spielen. Auf europäischer Ebene wurden hierfür zudem speziell dafür vorgesehene Gremien ins Leben gerufen, etwa die Ad-hoc Expertengruppe EU-US Working Group on Data Protection.

Im Bereich der Anerkennung von  Standards  ist sicher noch viel Verhandlungsarbeit zu leisten. Fest steht aber, dass die europäischen Standards auch mit TTIP weiterhin gültig  wären.  Auch in diesem Bereich  bestehen  aber  große  Chancen,  was  die  Durchsetzung  europäischer  Positionen  bei  der künftigen Festlegung internationaler Standards angeht.
Vergleichbares gilt für den Schutz geistigen Eigentums. Sowohl die EU als auch die USA verfügen bereits über effiziente Vorschriften zum Schutz geistigen Eigentums.

Eine Harmonisierung der Gesetze der EU und der USA in diesem Bereich strebt die Bundesregierung nicht an. Im Rahmen der TTIP wird lediglich eine begrenzte Zahl wichtiger Fragen des Rechts des geistigen Eigentums beleuchtet, die für beide Seiten – EU und USA – von Interesse sind. Eine Durchsetzbarkeit von „Trivialpatenten“ ist mit in diesem Zusammenhang nicht vorgesehen.

Dr. Thomas Gebhart, CDU

Durch sogenannte regulatorische Kooperation wird es keine Privilegierung von Lobbyvertretern oder speziellen Interessengruppen geben. Vielmehr soll die breite Öffentlichkeit (d. h. Nichtregierungsorganisationen, Zivilgesellschaft, Wirtschaft) die Möglichkeit zur Stellungnahme haben.

Künftige Regulierungen sollen besser aufeinander abgestimmt werden, damit insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen in geringerem Maße verschiedenen Produktanforderungen und doppelten Zulassungstests ausgesetzt sind. Das Schutzniveau wird dabei nicht abgesenkt.

Die bestehenden Datenschutzstandards in Deutschland und der EU stehen nicht zur Disposition. Allgemeine transatlantische Datenschutzfragen werden nicht im Rahmen der TTIP verhandelt – Freihandelsverhandlungen sind dafür nicht das richtige Forum. Sie sollen stattdessen in den dafür vorgesehenen Gremien und Regelwerken (etwa der Ad-hoc Expertengruppe EU-US Working Group on Data Protection oder der EU-US-Safe-Harbor-Vereinbarung) gelöst werden.

Allerdings betrifft der Datenschutz zum Beispiel auch handelsbezogene Kommunikation, d.h. etwa bei Dienstleistungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien Fragen, ob und wie Regeln und Vorschriften zusammen passen („regulative Kompatibilität“).

Solche Aspekte werden im Rahmen von TTIP behandelt. Fragen des Datenschutzes beim Dienstleistungshandel, bei E-Commerce oder im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien werden ebenfalls mit dem Ziel einer gemeinsamen Verständigung angesprochen. TTIP hat jedoch keinen Einfluss auf die gegenwärtig laufenden Verhandlungen zur EU-Datenschutzreform. Generell setzt sich die Bundesregierung für hohe Datenschutzstandards auch im transatlantischen Verhältnis ein.

Das Vorsorgeprinzip soll in jedem Fall bestehen bleiben. Bei TTIP geht es nicht darum, dass Standards nach unten angepasst werden oder sich die EU und die USA gegenseitig unterbieten. In den Bereichen Sicherheit, Verbraucherschutz oder Umwelt wird es daher keine Rückschritte geben. Standards und Normen werden nur dort angeglichen, wo ein mindestens gleich hohes Schutzniveau zum bisherigen Schutzniveau sichergestellt wird.
Weder das europäische noch das US-amerikanische Schutzniveau im Gesundheits-, Lebensmittel- oder Verbraucherbereich sind in TTIP verhandelbar.

Diese Sichtweise der Bundesregierung wird von der EU-Kommission uneingeschränkt geteilt und spiegelt sich im TTIP-Verhandlungsmandat wider. Auch US-Präsident Obama unterstrich dies im Rahmen des EU-US Gipfels am 26./27. März 2014 in Brüssel.

Bei keinem der Themen, über die verhandelt wird, steht das bestehende Schutzniveau im Gesundheits-, Lebensmittel- oder Verbraucherbereich zur Disposition. Die EU wird keines ihrer grundlegenden Gesetze zum Schutz von Menschen, Tieren oder Umwelt aufheben. Beim Arbeitsschutz sind die so genannten Kernarbeitsnormen der UN-Agentur ILO (Internationale Arbeitsorganisation) maßgeblich, die hohe soziale Standards, bzw. menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen hinreichenden Schutz garantieren.

Es ist geplant, einen Mechanismus in das Abkommen aufzunehmen, der dafür sorgt, dass diese Normen auch durchgesetzt werden. Außerdem sollen Bestimmungen zur verantwortlichen Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility) in den Vertrag eingehen. Bei den Verhandlungen geht es nicht darum, die beiderseits des Atlantiks geltenden Standards gegenseitig zu unterbieten.

Die jeweils geltenden Regelungen sollen aber kompatibler werden. Dies bedeutet jedoch nicht, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen, sondern unnötige Unterschiede zu identifizieren und aus dem Weg zu räumen. Jede Seite behält weiterhin das Recht, ihr angemessenes Schutzniveau selbst festzulegen und in diesem Rahmen Umwelt-, Sicherheits- und Gesundheitsangelegenheiten so zu regeln, wie sie es für angebracht hält.

Generell stehe ich Trivialpatenten kritisch gegenüber. Es sollte das Anliegen der EU-Kommission sein, diese einzuschränken. Das Europäische Patentamt hat übrigens Vorstöße, in Europa Trivialpatente zu erlauben, in der Vergangenheit immer wieder abgewiesen.

Investitionsschutz dient dazu, Investitionen deutscher Unternehmen vor diskriminierenden Maßnahmen im Ausland zu schützen. Gleichzeitig muss auf jeden Fall ausgeschlossen werden, dass unsere Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen, die rechtsstaatlich und demokratisch zustande kommen, ausgehebelt oder umgangen werden. Dies ist für mich unabdingbar.

Investitionsschutz darf somit keine Alternative zu den nationalen Rechtssystemen darstellen.
Ich bin genauso wie die Bundesregierung der Ansicht, dass spezielle Investitionsschutzvorschriften in einem Abkommen zwischen der EU und den Kanada nicht erforderlich sind, da beide Partner hinreichenden Rechtsschutz vor nationalen Gerichten gewähren. Eine endgültige Entscheidung darüber, ob Investitionsschutzbestimmungen in das Abkommen aufgenommen werden, wird erst nach einem Verhandlungsergebnis und nach Evaluierung durch die Mitgliedstaaten erfolgen. Dies wird für Ende 2015 erwartet.

Generell möchte ich noch folgende Einschätzung geben:

Grundsätzlich sehe ich einem Freihandelsabkommen eine Chance. Mehr Handel und mehr Austausch von Waren und Dienstleistungen bei gleichzeitig hohen Standards, etwa im Bereich des Gesundheits- Verbraucher- und Umweltschutzes sowie bei Fragen der Arbeitnehmerrechte, können zu mehr Wohlstand auf allen beteiligten Seiten führen. Die Geschichte der Europäischen Gemeinschaft beziehungsweise der Europäischen Union ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Auch der Umweltschutz hat in Europa durch die europäische Einigung profitiert.

Deutschland profitiert heute mehr als jedes Land auf der Welt vom freien Waren- und Dienstleistungsverkehr.
Ob das Abkommen, über das am Ende des Prozesses zu entscheiden sein wird, als eher positiv oder negativ zu beurteilen ist, hängt von der konkreten Ausgestaltung ab.

In diesem Zusammenhang sind für mich beispielsweise entscheidende Punkte, dass unsere sehr hohen deutschen und europäischen Standards im Bereich des Gesundheits- oder Umweltschutzes nicht aufgeweicht werden. Darauf lege ich sehr großen Wert. TTIP – eine gute und konkrete Ausgestaltung vorausgesetzt – kann Europa eine Chance bieten, verstärkt die Standards in einer globalisierten Welt zu setzen. (red)

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