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Neujahrsempfang in Germersheim: „Wir sind Charlie“

13. Januar 2015 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional

Bürgermeister Marcus Schaile betonte den Zusammenhalt in der Stadt Germersheim.
Fotos und Video: pfalz-express.de/Licht
Fotogalerie am Textende

Germersheim – „Wir sind Charlie“ – mit diesem derzeit weltweiten Bekenntnis begann auch Bürgermeister Marcus Schaile den diesjährigen Neujahrsempfang in der vollbesetzten Stadthalle und erntetet dafür spontanen Beifall.

Man sei „tief geschockt“ durch die Terroranschläge in Paris, die zudem Anschläge auf die Meinungsfreiheit gewesen seien, sagte Schaile.

Das Ziel der Terroristen sei es, Angst zu verbreiten und die Gesellschaft zu spalten. Gerade deshalb dürfe man keinesfalls die friedliche Mehrheit der Muslime mit den Terroristen gleichsetzen, betonte der Bürgermeister. In Germersheim, das einen hohen Migrantenanteil hat, habe das Miteinander – „allen Unkenrufen zum Trotz“ –  einen hohen Stellenwert.

Rückblick 2014

Mit Bildern und zum ersten Mal auch Kurzfilmen blickte Schaile in seiner Neujahrsrede zurück auf das vergangene Jahr, das von wegweisenden Entwicklungen und Entscheidungen geprägt gewesen sei.

Schaile nannte dazu unter anderem den Spatenstich zur Umgestaltung der neuen Stadträume Paradeplatz, zu dem Ministerpräsidentin Malu Dreyer gekommen war, die Fertigstellung des Parkplatzes am Weißenburger, den Verkauf des ehemalige Schlachthofgeländes, auf dem eine neue Häuser und Wohnungen gebaut werden, „die wir wirklich dringend brauchen können.“

Das Marina-Projekt am ehemaligen Werfthafen in Germersheim habe ebenfalls große Fortschritte gemacht, sagte Schaile. Nachdem die Gespräche mit den Behörden abgeschlossen seien, werde nun bereits am Bebauungsplan gearbeitet.

Im Stadtteil Sondernheim können die Bürger nun zeitgemäß surfen: Dort ging 2014 nach langer Wartezeit das schnelle Internet an den Start.

Auf der Insel Grün wurden zwei neue Hallen für das Mercedes-Benz Global Logistics Center (GLC) gebaut hat. Das sei großartig für die 3.000 Mitarbeiter am Standort und für Germersheim, sagte der Stadtchef.

Schaile würdigte zudem das große Angebot an Kunst, Kultur, Musik- und Freizeitangeboten in der Stadt und zahlreiche Persönlichkeiten, die geehrt und ausgezeichnet worden seien und auf die man sehr stolz sei.

Leitmotiv „Gemeinsam aktiv für ein lebenswertes Germersheim“

In´s Jahr 2015 soll es unter dem Motto „Gemeinsam aktiv für ein lebenswertes Germersheim“ gehen.

Ein Thema, das in Zeiten wachsender Armut und sozialer Probleme immer wichtiger werde, sei das ehrenamtliche Engagemet und die finanzielle Unterstützung sozialer Projekte und Einrichtungen durch Spenden. Immer mehr Menschen seien auf die Tafel und das Sozialkaufhaus angewiesen, es geben über 1.300 Hartz IV-Empfänger in der Stadt, was eine besorgniserregende Entwicklung sei.

Viele Germersheimer Bürger, die lokale Agenda 21, Rotary- und Lions-Club hätte sich diesbezüglich sehr rege gezeigt und zahlreiche Projekte umgesetzt. „Ich möchte Sie an dieser Stelle ebenfalls dazu aufrufen, derlei sinnvolle Benefizaktionen und Spendensammlungen nach Kräften zu unterstützen“, appellierte Schaile an die Gäste.

Haushalt besser als gedacht

Der Haushalt fällt indes besser aus als die ursprünglichen Planwerte. Die Lage sei zwar nicht direkt „entspannt“ zu nennen, aber man stehe dennoch vergleichsweise gut mit einem soliden Haushalt da, so Schaile.

Für das kommende Jahr ist ein Schuldenanstieg auf rund 16 Millionen Euro prognostiziert, das Jahr 2014 schließt nahezu unverändert zum Vorjahr mit langfristigen Verbindlichkeiten knapp unter 10 Millionen ab. Damit liege die pro-Kopf-Verschuldung deutlich unter dem Landesdurchschnitt. Um mehr zu sparen, wurden im Investitionsbereich verschiedene Maßnahmen gestrichen, reduziert oder zumindest verschoben.

Wie fast alle Städte und Gemeinden ächzt Germersheim unter den hohen Kosten im Sozialbereich, vorgegebenen Sanierungsmaßnahmen und mangelndem Wohnraum für Flüchtlinge und Asylsuchende. Wer freien Wohnraum zum Kauf oder zur Miete anbieten könne, möge sich bei der Stadtverwaltung melden, rief der Rathauschef die Bürger auf.

Insgesamt sei mehr Unterstützung durch Land und Bund gefragt, sagte Schaile mit Blick auf die anwesenden Landtags- und Bundestagsabgeordneten.

Mitursache für die knappen Finanzen sei auch, dass die Hälfte der Steuereinnahmen sofort wieder durch die Kreis- und Gewerbesteuerumlage abgeschöpft werde –  es gebe kaum Spielraum: „Wir könnten das Geld auch gut gebrauchen.“

Man müsse trotz aller Sparzwänge die Stadt auch weiterhin attraktiv weiterentwickeln und lebenswert erhalten, das städtisches Vermögen jedoch genau im Auge behalten, damit es auch den nächsten Generationen zur Verfügung stehe. Deshalb würden wichtige Projekte weiter geplant oder fortgesetzt. Immerhin sei eine fast hundertprozentige Abdeckung mit KiTa Plätzen gewährleistet.

Als weitere Projekte nannte Schaile unter anderem den Neubau des Feuerwehrhauses nahe der Sponeck-Kaserne (1,5 Millionen Euro) oder die Aufweitung der Eisenbahnbrücke Unkenfunk (2 Millionen). Hier wird die Durchfahrt zum Rhein ab dem 5. Februar bis etwa Ende Juli voll gesperrt sein.

Asylsuchenden Heimat bieten

In Germersheim versuche man, den durch Krieg und Elend entwurzelten und hierher geflüchteten Menschen eine angemessene Zuflucht zu bieten, betonte Marcus Schaile.

Dazu gehörten „ein menschenwürdiges Ankommen und die Chancen für ein Hineinwachsen eine offene Gesellschaft.“ Man müsse den Asylsuchenden wie anderen Neubürgern auch ein neues Zuhause und einen neue Heimat ermöglichen.

Der Stadtchef lobte in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Cross-borders Initiative, Studierende des Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft der Universität Germersheim, die ehrenamtlich beim Verein Interkultur kostenlose Sprach-Kurse und Lernangebote für Asylsuchende und Flüchtlinge organisieren und durchführen.

 Entertainment der besonderen Art

Doch nicht nur Ernstes wurde auf dem Neujahrsempfang behandelt. Gleich zu Beginn ließ das Prinzenpaar Tanja I. und Christian II. von den Rhoischnooke keinen Zweifel offen, wer in der Festungsstadt derzeit das Sagen hat. „Rhoischnooke-Prinz zu sein ist eine Erhr´, was Schääneres gibt’s auf der Welt nicht mehr“, stellte der närrische Herrscher klar.

Die Sternsinger sprachen ihren Segen – zum letzten Mal in diesem Jahr, denn die Aktion endet jeweils mit dem Neujahrsempfang. Die Sammlung geht dieses Mal an philippinische Kinder.

Stimmung in den Saal brachte wie schon im Jahr zuvor die Kölner Gruppe „Die Wanderer“. Die vier stimmgewaltigen Vokalisten lassen „die Instrumente zu Hause“ und singen A-Capella, unterhielten mit Witz und Charme das Publikum, das zwischendurch zum Mitmachen aufgefordert wurde.

Auf der Bühne direkt einbringen mussten sich der Rhoischnooke-Prinz und der Stadtchef höchstselbst. Nach einer kurzen Einweisung in die Choreographie zeigten die unfreiwillig kurzfristigen Gruppenmitglieder Flagge und tanzten, was das Zeug hielt – teils mit akrobatischen Verrenkungen, aber dafür mit viel Applaus vom Publikum. (cli)

 

 

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