Nach Straßenbahn-Unfall in Wörth: Wie geht es dem Fahrer und den Helfern?

15. Januar 2022 | Kategorie: Kreis Germersheim

Foto: Pfalz-Express

Wörth – Während eines Unglücks gilt die erste Hilfe in der Regel zuerst den Opfern. Aber auch andere Beteiligte wie Helfer oder Zeugen können von schrecklichen Bildern und dem Erlebten traumatisiert werden und Gefühle von Hilflosigkeit und Angst erfahren.

Dieses psychische Erleben muss nicht zwangsläufig von der Schwere des Unfalls oder Unglücks abhängen. Oftmals entwickeln sich Belastungsstörungen auch erst im Nachhinein und sind den Betroffenen nicht sofort bewusst. Sie können sich verstärken und zu einem schwerwiegenden Problem werden.

Als am 11. Januar in Wörth ein 11-jähriger Junge von einer Straßenbahn erfasst und mitgeschleift wurde, war die Betroffenheit groß. Relativ schnell stellte sich heraus, dass der Junge den Unfall glimpflich überstanden hatte. Dennoch musste die Feuerwehr Wörth das zwischen dem Bahnsteig und seinem Fahrrad eingeklemmte Kind herausschneiden. Gerade wenn Kinder betroffen sind, ist es für die Helfer oft besonders schwer. Die meisten sind selbst Eltern und fühlen umso mehr mit.

„Immer direkt darüber sprechen“

Die Wörther Feuerwehrleute kümmern sich nach solchen Ereignisse gut um ihre Kameraden. Wie der Wehrführer der Einheit Wörth, Alexander Mieger (der bei dem Unfall auch Einsatzleiter war) und sein Stellvertreter Steffen Reidt, Sprecher der Feuerwehr Wörth, dem Pfalz-Express (PEX) schilderten, gilt als Sofortmaßnahme: Direkt über das Geschehene sprechen. „Keiner fährt nach dem Einsatz sofort nach Hause“, sagte Reidt. „Wir schauen, ob es Auffälligkeiten gibt. Das tun wir bei jedem Unfall.“

Auch in diesem Fall habe man im Nachgang Gespräche geführt. Die beteiligten Feuerwehrleute hätten alle signalisiert, dass es ihnen gut gehe. Der Einsatz sei positiv nachgearbeitet worden. Mit dazu beigetragen hatte sicher auch, dass das Kind nicht schwerer verletzt war. Wenn es sich allerdings um ein stark belastendes Unglück handele, ziehe die Wehrleitung ein Kriseninterventionsteam hinzu, so Reidt und Mieger. „Wir empfehlen dann weitere Maßnahmen für psychologische Hilfe.“

AVG: Kollegen helfen bei der Betreuung

Bei der Albtal-Verkehrsgesellschaft (AVG) läuft es ähnlich. Zum Zustand des Fahrers der Straßenbahn wollte sich die AVG auf PEX-Anfrage nicht äußern, das sei Privatsache und eine Sache des Respekts: Man wolle den Fahrer nicht belästigen.

Jedoch kommt auch dort nach solchen Fällen ein Bahn-eigenes Kriseninterventionsteam zum Einsatz. Das besteht aus ehemaligen oder noch aktiven Fahrern, die geschult sind im Umgang mit Personen, die „Druck oder einen Schock haben“, so ein Sprecher. Viele hätten selbst solche Erlebnisse hinter sich. Diese Kollegen begleiteten den betroffenen Fahrer in der nächsten Zeit. Mit diesem Konzept habe man gute Erfahrungen gemacht: „Die meisten schaffen es, ganz normal wieder in den Dienst zu gehen“, sagte der AVG-Sprecher.

Schüler verstört

Wie eine Lehrerin des in unmittelbarer Nähe des Unfallorts liegenden Europa-Gymnasiums dem PEX berichtete, waren auch zahlreiche Schüler sehr verstört. Die Lehrerschaft hat sich bemüht, den Kindern beizustehen. (cli)

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