Samstag, 27. April 2024

Künstliche Intelligenz: Wie geht man zukünftig mit ihr um?

Neustadter Schriftsteller Michael Landgraf für PEN und Deutschen Kulturrat: „Das ist ein ganz großes Thema“

1. Oktober 2023 | Kategorie: Allgemein, Kultur, Regional, Regional, Rheinland-Pfalz

Michael Landgraf beim Deutschen Kulturrat.
Quelle: copyright PEN Deutschland e.V.

KI, also künstliche Intelligenz, ist das große Thema, das nicht nur Medienschaffende zur Zeit beschäftigt. So erwartet zum Beispiel Bundesarbeitsminister Heil „ähnliche Umwälzungen durch KI wie bei der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert“. Gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Veränderungen werden befürchtet, die sich insgesamt eher negativ auf unser Leben auswirken könnten.

Gesetzliche Vorgaben oder Steuerungen gibt es (noch) nicht. Man weiß bislang nicht wirklich, wie man mit KI umgehen soll.

Fakt: Im Juli 2023 protestierte der amerikanische Schriftstellerverband gegen KI. Den Brandbrief unterzeichneten Schriftsteller wie zum Beispiel Margaret Atwood, Jonathan Franzen oder Suzanne Collins. Aktuell gibt es jetzt weiter Streit ums Urheberrecht und die ersten Klagen sind erfolgt.

Amerikanische Schriftsteller wie John Grisham und andere haben den ChatGPT-Entwickler OpenAI wegen des Vorwurfs von Urheberrechtsverletzungen verklagt. Sie werfen in ihrer Sammelklage OpenAi vor, ihre Bücher ohne ihr Einverständnis zum Trainieren von Künstlicher Intelligenz verwendet zu haben. Diese seien aber urheberrechtlich geschützt.

In der Klage wird kein Blatt vor den Mund genommen. Es fallen zum Beispiel markige Worte wie „systematischer Diebstahl in großem Stil“ . Und weiter heißt es in der Klage, dass der Lebensunterhalt von Autoren gefährdet würde. Tatsächlich sucht sich ChatGPT im Internet Texte; Wo es seine Quellen herbezieht, bleibt dabei offen.

Der Pfalz-Express (PEX) möchte gerne wissen: Ist Amerika weit weg von uns oder beschäftigen sich mittlerweile auch in Deutschland Schriftsteller mit dieser Frage? Wie steht denn der PEN dazu? Das Urheberrecht ist ja ein hohes Gut, das offensichtlich noch nicht durch entsprechende Gesetze gegen KI-Missbrauch geschützt ist, oder?

Der Neustadter Schriftsteller Michael Landgraf, Generalsekretär PEN-Zentrum Deutschland und selbst Autor vieler Bücher, weist daraufhin, dass das PEN-Zentrum Deutschland bei seiner Jahrestagung im Mai 2023 in Tübingen klare gesetzliche Regelungen auf internationaler Ebene für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Literatur gefordert habe. Es gehe dabei vor allem um Urheberrechte: KI sollte in seinen Büchern nur Texte verwenden dürfen, wenn der Urheber „ausdrücklich zustimmt“.

Außerdem sollten „Texte sowie Audiowerke genau gekennzeichnet werden, wenn sie mit KI produziert worden sind“. Vergütungen aus dem Verkauf von KI-Werken müssten an eine Verwertungsgesellschaft gezahlt werden. Der PEN Deutschland fordert die EU sowie die Bundesregierung auf, entsprechende Gesetze zum Schutz von Autoren zu verabschieden.

Nun ist Michael Landgraf unter anderem Mitglied des Deutschen Kulturrates e.V., der seinen Sitz in Berlin hat. Der Deutsche Kulturrat e.V. ist der Spitzenverband der Bundeskulturverbände. Er ist laut Selbstdefinition „der Ansprechpartner der Politik und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Europäischen Union in allen die einzelnen Sparten (Sektionen) des Deutschen Kulturrates übergreifenden kulturpolitischen Angelegenheiten.“

Ziel des Deutschen Kulturrates ist es, „kulturpolitische Diskussion auf allen politischen Ebenen anzuregen und für Kunst-, Publikations- und Informationsfreiheit einzutreten“.

Der Deutsche Kulturrat bearbeitet urheberrechtliche Fragen auf der Bundes- und der europäischen Ebene umfassend.
„Ja, das ist tatsächlich ein ganz großes Thema“, bestätigt Landgraf. Der Deutsche Kulturrat habe sich eindeutig auch in einer Stellungnahme vom Juni 2023 dazu positioniert und sich dieser Tage in verschiedenen Zusammenkünften damit auseinander gesetzt.

Es gehe um grundsätzliche Fragen von großer kultur- und gesellschaftspolitischer Bedeutung, stellt auch Landgraf fest. Und in der Stellungnahme werden diese Fragen auch konkretisiert: „Welche Konsequenzen hat KI für die tägliche Arbeit und die angemessene Vergütung von Urhebern? Was bedeuten die neuen Entwicklungen für die Lizensierungspraxis sowie für die Kultur- und Kreativwirtschaft insgesamt? Wie kann verhindert werden, dass durch KI die Verlässlichkeit von Informationen vollständig in Frage gestellt wird?

Wer haftet für etwaige Rechtsverletzungen und Schäden, die durch KI ausgelöst werden? Was bedeutet es, dass KI-Systeme vorrangig von einigen wenigen großen IT-Giganten entwickelt werden, die über die erforderlichen wirtschaftlichen und technischen Ressourcen verfügen? Oder ganz generell: Wie weit will der Mensch bei Leistungen, die bisher originär Menschen zugeordnet waren, auf Erzeugnisse von Maschinen setzen?

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