Germersheim: Abschied von Oberstleutnant Dietmar Hinze

23. März 2015 | Kategorie: Kreis Germersheim, Regional

Oberstleutnant Dietmar Hinze führte das Bataillon seit dem 28. September 2012.
Fotos: Bundeswehr/Kevin Schrief/ pfalz-express.de/Licht
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Germersheim – Dieser Abschied fällt schwer: Nach knapp zweieinhalb Jahren als Kommandeur des Luftwaffenausbildungsbataillons Germersheim/Roth wird Oberstleutnant Dietmar Hinze weiterziehen – nach Potsdam, in eine neue Verwendung.

Was er in seiner Zeit als Kommandeur geleistet hat, bleibt bestehen: Mit außergewöhnlichem Arbeitseinsatz, Disziplin, Rückgrat und Menschlichkeit führte er das Bataillon in den schwierigen Zeiten der Umstrukturierung der Bundeswehr und somit auch der Luftwaffe in eine tragfähige Zukunft. Hinze hinterlässt einen funktionierenden Verband, in dem die Soldaten gut zusammenarbeiten und der auf künftige Herausforderungen flexibel reagieren kann.

Schließung abgewendet

Sein unermüdlicher Einsatz bewahrte den Standort Germersheim vor der Streichung durch den Rotstift – dass er seinen Mitarbeitern dafür viel abverlangen musste, ist ihm klar.

Das ehemals III. Bataillon wurde plötzlich zum Luftwaffenausbildungsbataillon, ging einher mit einer Dienstpostenreduzierung von 100 Stellen. Statt 339 Männern und Frauen standen nur noch 239 zur Verfügung – bei gleichbleibender Auftragslast, ohne Pause: „Die Ausbildung musste weiter gehen“, betont Hinze.

Die ersten vier Wochen nach seiner Übergabe habe er viele Gespräche geführt, um die Menschen kennenzulernen, die Situation jedes Einzelnen ermessen zu können.

Nach seiner Einschätzung musste der Verband so gestaltet werden, dass er von sämtlichen Angehörigen überzeugt mitgetragen werden konnte. Zum besseren Kennenlernen der Führungsebene wurde eine politisch-historische Bildungsfahrt nach Berlin unternommen, „denn die Arbeit, die bevorstand, war doch sehr kräftezehrend.“ Dort wurden auch ganz praktische Fragen entschieden – neuer Name, neues Wappen, neues Fahnenband: „Als wir alles zusammen hatten, merkte ich: Das wird ein neuer Verband.“

Überreichung des Fahnenbands durch den rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz beim Gelöbnis im Germersheimer Festungsgraben.

Eine weitere Herausforderung war die Zuordnung einer neuen Kompanie in einem anderen Bundesland.in Roth in Bayern. Hinze fuhr sofort hin, besuchte den Standort immer wieder regelmäßig: „Die Soldaten dort müssen wissen, dass sie dazu gehören.“

Es folgten zahlreiche Infoveranstaltungen, Evaluierungen, Umbesetzungen und Neuordnungen, bis das Grundgerüst stand und die Zielstruktur eingenommen werden konnte.

Hinzes nächster Schritt galt der Überprüfung der einsatzvorbereitenden Ausbildung: Wie gut funktionierte sie, was war verbesserungswürdig – ein Prozess, der immer wieder neu ausgewertet und mit der nächsthöheren Führungsebene abgesprochen werden musste.

Auch die Grundausbildung wandelte sich in deutlich mehr praktische, erlebnisorientierte Abschnitte. Großes Gewicht wurde auf die Herausbildung der Teamfähigkeit gelegt. Ebenfalls ein Novum: Offizieranwärter und Mannschaftsdienstgrade absolvierten nun die Grundausbildung gemeinsam.

Hochwasser-Helfer

Dann kam der Hilferuf für den Hochwasseinsatz in Passau: In kürzester Zeit mussten zwei Kompanien ins Hochwassergebiet verlegt werden, dazu kam die Kompanie aus Roth. Eine spezielle Vorbereitung für diese Aufgabe gab es nicht, ein Einsatz dieser Art war zuvor noch nicht geübt worden.

So schaufelten knapp 250 Männer und Frauen des Lustwaffenausbildungsbataillons tagelang Schutt und giftigen Schlamm, schleppten Möbel aus den überfluteten Häusern, räumten auf – und trösteten die Betroffenen.

Hochwasser-Einsatz in Passau.

„Es waren die Rekruten in der Grundausbildung, die diesen Einsatz möglich gemacht haben“, betont Hinze, „und die teilweise ihre Leistungsgrenzen weit überschritten haben. Unglaublich, was sie geleistet haben.“

Es sei der erste Beweis für die Leistungsfähigkeit des Bataillons gewesen: „Wir konnten diese Situation nicht vorüben. Aber die Soldaten haben das, was sie gelernt haben, hervorragend angewandt.“ Parallel dazu musste in Germersheim die Ausbildung mit reduzierter Mannschaft ohne Qualitätseinbußen weiterlaufen – auch das klappte wie am Schnürchen: „Das ganze Bataillon hat den Einsatz mitgetragen.“

 Kein offizieller Dank der Stadtoberen

Einen bitteren Beigeschmack hat der Einsatz dennoch hinterlassen: Den Germersheimer und Rother Soldaten wurde durch die Passauer Stadtführung das offizielle Dankeschön verweigert. Dies zähle zu seinen schlimmsten Erfahrungen als Kommandeur, sagt Hinze. Für das ortsansässige Hausbataillon und sämtliche an der Hochwasser-Krise beteiligten Helfer gab es Auszeichnungen – das Luftwaffenausbildungsbataillon ging leer aus.

Oberbürgermeister Jürgen Dupper wollte „sein“ Bataillon im Vordergrund sehen. Nicht einmal eine Dankesurkunde habe es gegeben, „weil wir aus einem anderen Bundesland kamen. Auch auf das Pressefoto durften wir nicht“, sagt Hinze, noch immer sichtlich verärgert. „Natürlich hilft man aus Überzeugung, aber nicht einmal erwähnt zu werden, das haben die Soldaten wirklich nicht verdient.“

 Hoher Besuch

Wieder zurück in Germersheim drehte sich das Aufgaben-Karussell weiter, denn Hinze hatte sich viel vorgenommen: Neben der Optimierung der Ausbildung, das in Gang bringen der schleppenden Sanierungsmaßnahmen und die Diskussion um die Umbenennung der Kaserne hat Hinze keine Gelegenheit ausgeschlagen, hochrangige Gäste einzuladen, um das Bataillon vorzustellen und in das Bewusstsein der Entscheidungsträger zu rücken.

Dietmar Hinze mit dem damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière, der im Sommer 2013 den Standort Germersheim besuchte.

So besuchten unter anderem der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière, der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Müllner oder der Amtschef des Luftwaffenamts, Generalmajor Dr. Riecks, die Kaserne.

Der Wahlkampfleiter und langjährige Freund von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Eike Bunge, hat gar ein Praktikum in Germersheim absolviert – er wollte am eignen Leib erleben, wie die Ausbildung vonstatten geht.

Treffen in Roth mit dem Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Karl Müllner.

Den Besuchern wurden immer wieder Verbesserungsvorschläge das Bataillon betreffend vorgestellt, die in der Regal auch angenommen und umgesetzt wurden. Nun, kurz vor Hinzes Abschied, ist die neue Zielstruktur nahezu umgesetzt – und auch die Dienstposten sind wieder auf 309 angewachsen.

 Enger Kontakt mit den Bürgern

Unterbrochen von seinem viereinhalbmonatigen Auslandseinsatz in Afghanistan hat Hinze mit viel Energie sein Ziel vorangetrieben, den Standort weiter ins das Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken, eine Brücke zu schlagen zwischen Bürgern und Soldaten, Transparenz hinter den Kasernenzaun zu bringen.

Patenschaften wurden intensiviert, ein gemeinsames Essen für die Bürgermeister eingeführt, mit dem Patenschaftsbaum auf dem Kasernengelände begann man im letzten Jahr erstmals gemeinsam die Weihnachtszeit. Standortball, Festungsschießen, öffentliche Gelöbnisse und das Oktoberfest gehören zu den gesellschaftlichen Highlights im Kreis.

Mit der Fotoausstellung Kontraste Im Weißenburger Tor wurde ein neuer Weg heraus aus der Kaserne und hin zu der Bevölkerung beschritten.

Eröffnung der Fotoausstellung „Kontraste“ im Weißenburger Tor.

Für Personen, die sich um das Bataillon verdient gemacht haben, führte Hinze die Verleihung der Ehrennadeln ein, die er selbst gestiftet hat.

Auf einem guten Weg mit Teamarbeit

Als Kommandeur war es ihm wichtig, eine Kultur zu etablieren, die zulässt, auch mal Fehler machen zu dürfen, ohne dass der Himmel einstürzt: „Diese konstruktiv zu diskutieren, daraus zu lernen und Verbesserungen durchführen, Fragen zu stellen, ob wir noch das Richtige tun oder ab wir neue Wege gehen müssen – das alles haben Vorgesetzte und Mitarbeiter mitgetragen.“

Mittlerweile wurde die größtmögliche Flexibilität an Dienstposten erreicht. Auch Soldaten des Spezialpionierbataillons 464 aus Speyer, das Ende diesen Jahr geschlossen wird, wurde so eine Möglichkeit geschaffen, eine „neue militärische Heimat“ in der Region zu bekommen.

Natürlich bleibe noch viel zu tun, aber man sei auf einem guten Weg, sagt Hinze. Wichtig sei, dass die Entwicklung mit gleicher Energie und Motivation weitergehe, dem Standort Germersheim und den Soldaten die nötige Aufmerksamkeit zukomme.

Gebäude 44 ist nach dreieinhalbjähriger Bauzeit fertiggestellt.

Das betreffe auch das richtige Arbeitsumfeld und die Unterbringung. Er sei froh um die parteiübergreifende Unterstützung durch die Bundestagsabgeordneten Gebhart, Hitschler und Lindner und der Landtagsabgeordneten Brandl und Schleicher-Rothmund bei der Umsetzung der Infrastrukturmaßnahmen am Standort:

„Die Soldaten müssen ordentlich untergebracht werden. Wir haben von Seiten der MdBs und MdLs und auch von militärischer Seite kontinuierlich Engagement und Rückenstärkung erfahren. Dafür sind wir sehr dankbar.“ Ein sichtbares Symbol der Bemühungen sei das Ende letzten Jahres fertiggestellte Gebäude 44.

„Ein Teil der Südpfalz“

Dankbar ist Hinze auch den Patengemeinden (Germersheim, Westheim, Hambach, Spalt und Heideck): „An keinem anderen Stadtort habe ich so deutlich das herzliche Willkommen und die Integration der Streitkräfte in der Bevölkerung gespürt. Wir sind wirklich ein Teil der Südpfalz. Einen ganz besonders herzlichen Dank an alle, die uns zur Seite standen und sich offen zu uns bekannt haben, aber auch an die, die sich fair auf uns eingelassen und aktiv mit uns auseinandergesetzt haben.“

Umso weniger Verständnis habe er, wenn die Soldaten bei Öffentlichen Gelöbnissen ausgepfiffen würden – so geschehen in Mainz im Juni letzten Jahres, als Proteste gegen das Feierliche Gelöbnis von 250 Bundeswehrrekruten vor dem Mainzer Landtag von der Polizei aufgelöst wurden, nachdem die Reden teilweise nicht zu verstehen gewesen waren.

Gelöbnis in Mainz mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Trotz dieses Zwischenfalls nimmt Hinze durchweg positive Eindrücke aus der Pfalz in den Norden mit: „Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt – und das als waschechter Preuße.“ Besonders lieb gewonnen habe der die pfälzer Offenheit und Gemütlichkeit. Ein neues Lieblingsgericht hat er ebenfalls entdeckt: Die innige Beziehung der Pfälzer zu ihrem Saumagen hat er übernommen.

Leicht fällt ihm das Lebewohl nicht: „Ein Teil von mir bleibt Pfälzisch. Und so möchte ich das Ganze beenden mit einem kräftigen „Ala hopp“. (cli)

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