Dienstag, 23. April 2024

Chawwerusch-Theater: Nicht der wahre Jakob ist doch der wahre Jakob – eine Reflektion

24. Januar 2015 | Kategorie: Regional

Begegnungen auf der Pilger-Tour…

Herxheim – Das Stück des Chawwerusch-Theaters reflektiert über Menschen, wie du und ich, die auf dem Pilgerweg Santiago de Compostela ihr Heil, und vor allem sich selbst finden möchten. Ein Stück, in dem drei Menschen und ein ewiger Pilger, der Mönch Pelayo, auf dem Pilgerweg Santiago de Compostela aufeinander treffen.

Ein Stück voller lustiger Momente, unterhaltsam und doch hintergründig. Seid über tausend Jahren pilgern die Menschen auf diesem Weg aus den unterschiedlichsten Gründen und doch einem gemeinsamen Ziel, das uns wiederum verbindet. Buse tun, Vergebung finden, sich finden, neue Wege finden, in dem man diesen Einen geht, alles einfach hinter sich lassen.

Anscheinend verändert der Weg den Gehenden tatsächlich. Die Strapazen, die Begegnungen, dann wieder allein sein, um später doch wieder auf andere zu treffen. Kurz, so wie das wirkliche Leben ist, nur eben reduziert auf die Einfachheit des Gehens. Und dieses ganze Geschehen, dieses ach so langen Weges, konzentriert auf einen Raum in Herxheim.

„Und du sitzt plötzlich mittendrin, zugegeben blasenfrei, und könntest einer der Pilger sein“ sehr wahrscheinlich gehen den meisten Zuschauern ähnliche Gedanken durch den Kopf. Würde der Pilgerweg mir in meinem Leben nicht auch mehr Klarheit bringen? Könnte ich dadurch nicht auch zu mir finden?

 Gedanken

Nach dem Arbeitstag heute möchte ich nur noch meine Ruhe, wie immer.

Auf dem Sofa liegend,will ich nur noch laufende Bilder an mir vorüberziehen lassen, gleich leeren Wolken.

Aufgerafft, leicht lustlos, entfliehe ich der kuscheligen Ödnis der eigenen vier Wände. Die Theatergutscheine liegen seit drei Jahren in der Schublade und haben noch keine Löcher. Das Theater liegt quasi vor der Haustüre

Die am Morgen gefasste Absicht, die am Abend stets verworfen wird, soll jetzt tatsächlich umgesetzt werden.

Einmal den Fuß vor die Tür gesetzt, bleibt der innere Schweinehund Zuhause, auf dem durchgelegenen Sofa.

Es ist ein schönes Gefühl, die Treppe zum Theater hochzugehen. Freundliche Menschen lächeln uns freundlich zu, und überhaupt ist alles recht nett.

Die Theatergutscheine werden ohne Probleme verarbeitet. Als Kurzentschlossene haben wir zwei hervorragende letzte Plätze, ganz oben, ganz links.

Ein Herr, der aussieht wie ein Regisseur und es dann auch noch ist, sitzt still und freundlich bei uns. Der Raum ist voll sehr entspannt wirkender Menschen, die den Wein und Sekt, der an der kleinen Theke angeboten wird, nicht verkommen lassen möchten. Wir haben einen wunderbaren Blick auf die Bühne und auf den Regisseur. Werde ich jetzt größer oder kleiner?

Irgendwie beides. Die Nähe zu jemand, der etwas tut, das wir bewundern, lässt uns oft klein werden. Ich sehe die Arbeit auf der Bühne und denke über mich selbst nach.

Ich sehe die Schauspieler, die wirklich gut und augenscheinlich voller Spaß ihr Können zeigen. Und auch meine Stimmung wird zusehends besser. Sie berühren mich und bringen mich zum Lachen. Und auch der Regisseur lacht, und ich denke, der kennt das doch eigentlich, wieso lacht er über die Späße, die er kennt.

Tja, weil sie einfach so gut dargestellt werden und er doch wirklich mehr als zufrieden damit zu sein scheint. Am Ende steht alles an der kleinen Theke. Darsteller, Regisseur und Zuschauer und sind so wie du und ich, in etwa.

Dieser hat vielleicht etwas mehr in seinem Leben gewagt als jener. Jener mag etwas tun, was viele Menschen bemerken, wieder andere tun unscheinbares oder unbemerktes. Viele kennen sich selbst möglicherweise gar nicht richtig und müssten den Weg der „inneren Suche“ gehen, zum Beispiel auf dem Santiago de Compostela. Sicherlich ist das nicht der einzig mögliche Weg, denn im Grunde ist er eine Idee.

Aber eines ist sicher. Ich hab mein Haus verlassen und bin mit neuen Gedanken zurückgekehrt. Ich bin nicht vor dem Fernseher eingeschlafen und morgens aus dem Sumpf erwacht, der sich bildet, wenn dies tagtäglich das immer gleiche Ritual darstellt. Ich war zwischen echten Menschen und sah reale Darsteller und hatte keine virtuellen Begegnungen, so wie wir sie uns zu oft nachhause holen.

Dies ist also durchaus ein Plädoyer für das Theater, das ich bisher zu sehr vernachlässigte. Aber man kann ja doch manches ändern in seinem Leben.

Genauso, wie eine kleine Abweichung vom Weg etwas ganz neues mit sich bringen kann. In diesem Sinne: Buen camino! Hab einen guten Weg. (Gabi Kunze)

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5 Kommentare auf "Chawwerusch-Theater: Nicht der wahre Jakob ist doch der wahre Jakob – eine Reflektion"

  1. Richard L. sagt:

    Sehr schöner Bericht! Wir feuen uns auf mehr, weiter so Frau Kunze.

    Gruß aus Jockgrim
    Richard + Claudia

  2. Kati sagt:

    Liebe Gabi,
    ich habe es gelesen und MUSS einen Kommentar dazu abgeben und das obwohl ich das eigentlich nie mache im Internet.
    Du hast das wirklich sehr schön geschrieben und mich tatsächlich erreicht damit, mach weiter so und ich drück dir ganz fest die Daumen.

    Liebe Grüße von der anderen Rheinseite
    Kati

  3. ANDREA sagt:

    Liebe Gabi,
    habe deinen Bericht gleich gelesen und finde ihn sehr schön !!!
    Liebe Grüße aus deiner etwas weiteren Nachbarschaft
    Andrea

  4. Claudia sagt:

    Hallo Gabi,
    habe MICH in deinem Bericht sofort wieder erkannt….und musste darüber schmunzeln….
    sollte auch unbedingt mal ins Theater gehen…vielleicht zusammen mit dir?

    Liebe Grüsse und weiter so….

  5. Heike sagt:

    Liebe Gabi, das ist wirklich ein sehr ansprechender und anregender Kommentar! Er hat mir sehr gefallen!! Bin gespannt, ob wir uns am kommenden Sonntag in dem o.a. Theater wiedersehen…
    Diese „Wege im Leben“ sind wirklich spannend!!