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Gedenken an die nach Gurs deportierten Pfälzer Juden: Beeindruckende Szenen mit Chawwerusch Theater, Django Beinhart und Michael Bauer

9. März 2015 | Kategorie: Westpfalz

Ließ das Leben der Pfälzer Juden in der NS-Zeit lebendig werden: das Chawwerusch-Theater.
Foto:red

Pirmasens. „Dies ist eine besondere Stunde des Gedenkens und Erinnerns für ein in der Pfalz schwieriges Thema“, sagte Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder während der Gedenkfeier des Bezirksverbands Pfalz zur Deportation der pfälzischen Juden nach Gurs vor 75 Jahren in der voll besetzten Alten Post in Pirmasens.

„Es begann mitten in unseren Städten und endete in den Vernichtungslagern“, so Wieder weiter. Die alles entscheidende Frage sei doch, wie sich diese Gewalt aus der Mitte einer zivilisierten Gesellschaft entwickeln konnte. „Diesem Erbe unserer Geschichte dürfen wir uns nicht entziehen.“

Er ist überzeugt, dass es „keine pfälzische Identität ohne die Deportation der Pfälzer Juden nach Gurs gibt“. Wir hätten die Aufgabe, „die furchtbaren Ereignisse in Erinnerung zu behalten, um zu verhindern, dass so etwas noch einmal passiert“. und Wieder forderte: „Wir dürfen nicht wegsehen, wo andere diskriminiert werden.“

Erinnern bedeute die Pflicht, die ethischen Werte weiterzugeben, damit Vorurteile und Intoleranz keine Chance hätten. Der Pirmasenser Oberbürgermeister Dr. Bernhard Matheis stellte die Frage: „Wie gehen wir heute mit diesem verbrecherischen Teil unserer Geschichte und mit unserer Schuld um?“ Und er meint, dass der Bezirksverband Pfalz und die Stadt Pirmasens eine überzeugende Antwort gefunden hätten. Und zwar organisiere der Bezirksverband Pfalz jährlich eine Jugendfahrt nach Gurs. Auch sei der diesjährige Schulaktionstag im Juli dem Thema Migration und Toleranz anderen gegenüber gewidmet.

Im Anschluss daran beeindruckte das Chawwerusch Theater mit verschiedenen Szenen und vermittelte einen lebendigen Eindruck von den damaligen Ereignissen vom Vorabend der Reichspogromnacht im November 1938 über die Deportation im Oktober 1940 bis zum schlimmen Lageralltag in Gurs.

Historische Biografien und Briefe von Pirmasenser und anderen Pfälzer Juden inspirierten die Schauspielerin und Autorin Felix S. Felix zu Figuren und Szenen. Außer ihr selbst spielten Miriam Grimm, Monika Kleebauer, Thomas Kölsch und Stephan Wriecz unter der Regie von Walter Menzlaw. Peter Damm (Sopransaxofon) und Michael Letzel (Akkordeon) von der Klezmer-Gruppe Django Beinhart unterstützten die Akteure musikalisch. Michael Bauer ergänzte die Szenenfolge durch eigene neue Texte.

Am frühen Morgen des 22. Oktober 1940 wurden rund 6.500 Menschen fast ausschließlich jüdischer Abstammung aus der Pfalz, Baden und dem Saarland in das Internierungslager Gurs in Südwestfrankreich deportiert. Bereits während des Transports starben einige, viele danach im Lager, in dem katastrophale Zustände herrschten: Hunger und Kälte, Ratten und Ungeziefer, unerträgliche hygienische Zustände und die schier ungeheuren Schlammmassen machten den Insassen das Leben schwer. Fast die Hälfte wurde in die Vernichtungslager der Nazis im Osten gebracht und ermordet. Einige überlebten den Terror, nur ganz wenige von ihnen kehrten in die Pfalz zurück. Der Bezirksverband Pfalz engagiert sich seit Jahren für eine nachhaltige und lebendige Gedenkarbeit; weitere Informationen finden sich unter www.gedenken-pfalz.de. (red)

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