B39-Umgestaltung: Chancen und Risiken des geplanten Großprojekts

20. September 2013 | Kategorie: Allgemein, Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional

Podiumsdiskussion B 39 im Saalbau: Stefan Rouwen (links) spricht für die BI, dazwischen Moderatorin Rottberg, daneben Fachplaner Berg.
Fotos: Ahme

Neustadt. Die Stadt Neustadt hat, um das schwierige Thema „B39“ transparenter für die Bürger zu gestalten, eine Vielzahl von Infoveranstaltungen abgehalten. Krönender Abschluss war eine Podiumsdiskussion im Saalbau, bei der sich, neben Oberbürgermeister Löffler und dem Beigeordneten Georg Krist, Vertreter der Stadtratsfraktionen mit dem Thema beschäftigt haben.

Auf dem Podium neben OB Löffler und Krist, hatten Clemens Stahler (CDU), Christoph Bachtler (FWG), Pascal Bender (SPD), Dr. Matthias Frey (FDP), Kurt Werner (Bündnis 90/Die Grünen) und Andreas Severidt (Piraten) Platz genommen.
Cirka 650 Zuschauer waren gekommen, um sich zu informieren. Einige stellten am Schluss auch ganz gezielte Fragen. Stefan Rouwen, Sprecher der Bürgerinitiative B39, sowie Fachplaner Michael Berg lieferten sich, stellvertretend für BI und Stadt eine heiße Diskussionsrunde, die wieder von Brigitte Rottberg moderiert wurde.

„Speyer, Weinheim und auch Baden-Baden stehen für eine Erfolgsgeschichte, denn sie haben den Verkehr aus der Innenstadt herausholen können“, hatte Löffler bei der Begrüßung gesagt und auf die finanzielle Situation der Stadt hingewiesen.

Neustadts Anteil an den geschätzten Baukosten von rund 40 Millionen Euro betrage 4,8 Millionen. Davon seien 2,6 Millionen bereits finanziert. Die restlichen 2,2 Millionen bedeuteten, auf fünf Jahre verteilt, einen Anteil von 3,3 Prozent. „Diesen Beitrag kann sich Neustadt leisten“, so Löffler. „Bekommen wir die Gelder (Fördermittel des Bundes) nicht, dann gehen sie in eine andere Stadt und dann ist eine große Chance für Neustadt vertan. Informieren Sie sich und entscheiden Sie rational und führen Sie Neustadt in eine gute Zukunft“ so der Appell des OB an die Zuhörer.

Hat das Projekt B39 mit der Sanierung der Weststadt unmittelbar zu tun? Die Stadt sagt ja und sieht die Verlegung der B39 sogar unmittelbar als Voraussetzung dafür. Auf der derzeitigen Strecke staue sich der Verkehr, „Lärm und Abgase ziehen niemanden an“.

Dass sich die CDU offensichtlich darin nicht ganz einig ist, war am Statement des CDU-Stadtrats Stahler festzumachen, der eben diese beiden Dinge nicht miteinander verquickte. Nichtsdestotrotz schilderte der Geinsheimer Stahler anschaulich die Problematik eines verkehrsinfarktgeplagten Dorfes, welches nur durch die Verlegung der Bundesstraße wieder lebens- und liebenswert wurde.

Feinstaubbelastung, enge Straßenschluchten, Lärmbelästigung: Amalienstraße und Talstraße verfügen über eine starke Verkehrsbelastung. „Hier möchte unter diesen Umständen niemand sanieren“, sagte Berg. Über die Zahlen wurde durchaus gestritten: Rouwen geht davon aus, dass das Verkehrsaufkommen zurückgehe, 75 Prozent sei Ziel- und Quellverkehr. Berg bestreitet dies und sagt, Rouwens Zahlenwerk stimme nicht. Vielmehr werde der Verkehr an der Talpost bis 2025 auf cirka 20.000 Pkw am Tag steigen.

Rouwen, der in der Einführungsrunde beim Thema Weststadt ausführlich ein Schulhof-Projekt beschrieben hatte, ist schon wieder mit seinen Visionen einen Schritt weiter. Man müsse das Problem von Osten her angehen, zwei Kreisel sollten den Verkehr von Osten schneller in das Zentrum leiten. Notwendig sei es, mehr Parkplätze im Zentrum bereit zu stellen.

„Ich möchte mich über Zahlen gar nicht streiten“, so Gerhard Hofmann, Mitglied der BI, der ebenfalls unter den Zuhörern war.

Gerhard Hofmann.
Foto: Ahme

Sehr positiv vermerkt er, dass alle Parteien ohne übertriebene Polemik bei dieser Veranstaltung ausgekommen waren. Die Planung der Stadt habe wohl den Vorteil, dass „Verkehr herausgenommen wird“. Doch die Probleme in der Amalienstraße verschöben sich.

So werde der östliche Teil zur Anliegerstraße, während der westliche Teil vom Steingleis bis zur Talpost mit dem doppelten Verkehr belastet würden. Seine Kritik bezieht sich auf auch Lichtzeichenanlagen am Anfang und Ende der Trasse. Aus Sicht des Ästheten und Künstlers sieht Hofmann die Lärmschutzmaßnahmen mit zwiespältigen Gefühlen, auch dem Abriss von prägenden Gebäuden wie dem Winzer, bringt er nicht unbedingt Sympathie entgegen. Wie sich gar eine 7 Meter hohe Rampe als Zufahrt von der verlegten B39 auf die Zwockelsbrücke darstellen würde, mag sich Hofmann gar nicht vorstellen.

„Negative Beispiele in der Neustadter Stadtentwicklung sehen wir ja am Beispiel Klemmhof und Hertie“, sagt Hofmann. Dass in Neustadt so manches nicht rund gelaufen ist, bewiese auch die Gestaltung des Hetzelplatzes: „Auf dem kahlen Platz gibt es keine Aufenthaltsqualität.“

Die Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes beschäftigt Hofmann ganz besonders. „Wir haben einen sinnvoll gegliederten Bahnhofsvorplatz mit einem sehr schönen Bahnhofsgebäude. Nach einer in der städtischen Informationbroschüre abgebildeten Planskizze soll der ZOB (Zentraler Omnibusbahnhof) direkt vor dem Gebäude positioniert werden. Das finde ich nicht passend. Man sollte die beiden historischen Bauten, das Bahnhofsgebäude und den Saalbau als Ensemble wirken lassen“.

Was die Weststadt betrifft, so sieht Hofmann nicht die Notwendigkeit einer Verquickung von Sanierung und Tunnelbau. Ein Sanierungsprogramm laufe ja bereits. Die von der Stadt beauftragten umfangreichen Untersuchungen des Büros Rittmannsperger zur Weststadt und südlichen Altstadt zeigten, dass der Verkehr eines von vielen Problemen in dem Stadtteil darstellt.

Auch die immensen Kosten von 40 Millionen und damit das Thema Kostensteigerung, von denen alleine 5,4 Millionen auf die Installierung einer wasserdichten,“Weißen Wanne“ im Tunnel zuzurechnen sind, beschäftigt ihn.

Hofmann meint zum Schluss: „Egal, wie die Bürgerbefragung auch ausgeht: Die Diskussion hat dazu geführt, dass sich die Bürger sehr intensiv mit der Stadt und ihren Perspektiven auseinander gesetzt haben. Ich hoffe, dass das der Anfang für ein weiteres Engagement der Bürgerschaft ist, dass das Quorum erfüllt wird und eine verbindliche Entscheidung getroffen werden kann.“ (desa)

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