Samstag, 11. Mai 2024

71-Jähriger in Landau bei Versammlung zu Boden gebracht: Polizei erklärt Gründe

17. Dezember 2021 | Kategorie: Landau, Regional

Symbolbild: Pfalz-Express

Landau – Am Montag (13.12.2021) hat es wie in einigen anderen Gemeinden und Städten Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen gegeben (wie berichteten).

Für Aufregung hatte ein Video gesorgt, das in den sozialen Netzwerken kursierte. Darauf war zu sehen, wie Polizeibeamte einen älteren Mann scheinbar grundlos auf dem Rathausplatz zu Boden brachten.

Zu den „Spaziergängen“, wie die Versammlungen von den Teilnehmern in jüngster Zeit genannt werden,  wurde im Vorfeld auf verschiedenen Plattformen aufgerufen. Angemeldet waren die Kundgebungen meist nicht. Rund 250 Personen waren der Aufforderung gefolgt. Teilweise verstießen Teilnehmer gegen die Vorgaben der aktuellen Corona-Bekämpfungsverordnung.

Immer Gesamtsituation bewerten

Die Polizei erklärte dazu am Donnerstag ihr Vorgehen. Bei dem 71-jährigen Mann sei unmittelbarer Zwang zur Identitätsfeststellung angewendet worden. In diesen kurzen Videosequenzen seien allerdings nur Teile und nicht der gesamte Geschehensablauf ersichtlich, so ein Polizeisprecher. „Die Gesamtsituation stellt sich für die Einsatzkräfte oft anders dar, als ein isolierter Ausschnitt es hinterher suggeriert.“

Ein Handyvideo zeige meist nur einen Ausschnitt eines Sachverhalts. Um den Vorgang bewerten zu können, müsse man aber die komplette Situation kennen: „Was ist vorher geschehen? Was war der Auslöser, dass Polizeikräfte unmittelbaren Zwang anwenden müssen?“

71-Jähriger offenbar Reichsbürger

Nach derzeitigem Ermittlungsstand hielt sich der 71-Jährige mit drei weiteren Männern auf dem Rathausplatz auf. Da die Personen die erforderlichen Mindestabstände nicht einhielten und auch keinen Mund-Nasenschutz trugen, wurden sie von den Polizeikräften wegen möglicher Verstöße gegen die aktuelle Corona-Bekämpfungsverordnung kontrolliert. Deswegen sollte ihre Identität festgestellt werden, um unter anderem die Anzahl der Hausstände zu überprüfen und mögliche Ordnungswidrigkeiten ahnden zu können. Bis auf den 71-Jährigen gaben die anderen Personen ihre Personalien an, wobei sie das auch erst nach mehrfacher Aufforderung taten, wie die Polizei anmerkte.

Der 71-Jährige hingegen verhielt sich demnach vollkommen unkooperativ und verweigerte jegliche Angaben zu seiner Person. Er erkenne die Bundesrepublik Deutschland nicht an und die Polizei sei nicht legitimiert seine Personalien festzustellen, sagte er den Beamten. Das ist in der Regel bei den sogenannten Reichsbürgern der Fall. Alle Versuche, den Mann zur freiwilligen Mitwirkung bei der Identitätsfeststellung zu bewegen, schlugen fehl.

Laut Polizeiangaben haben die Polizisten mehr als 15 Minuten versucht, den Mann kommunikativ zu überzeugen. Da alle milderen Mittel ausgeschöpft waren, sei als weitere Stufenfolge die Durchsuchung nach Ausweispapieren geblieben. „Das weitere polizeiliche Vorgehen, einschließlich der zwangsweisen Durchsuchung, wurde ihm abermals minutenlang erfolglos erklärt und angedroht. Als Reaktion drohte er den Polizeikräften, sollte ihn jemand anfassen“, so der Polizeisprecher.

„Spannungsfeld“ für Polizeibeamte

Bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Personen befinde sich die Polizei regelmäßig in einem Spannungsfeld, erklärte die Behörde. „Auf der einen Seite ist die Durchsetzung einer polizeilichen Maßnahme mit unmittelbarem Zwang für Außenstehende oft schwer nachvollziehbar, insbesondere, wenn man als Unbeteiligter auf kurze Handyvideos in sozialen Medien stößt. Auf der anderen Seite muss die Polizei zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags auch Maßnahmen durchsetzen, notfalls zwangsweise.“

Die Polizei darf unmittelbaren Zwang nur einsetzen, wenn sie gesetzlich dazu ermächtigt ist und sie die Maßnahmen nicht auf andere Weise durchsetzen kann. Dies ist beispielsweise zur Feststellung der Identität möglich, in dem eine Person fixiert und durchsucht wird. Dabei ist jeweils abzuwägen, ob die Maßnahme geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist.

Bei dem 71-Jährigen war der Zwang offenbar notwendig. „Nachdem er zu Boden gebracht worden war, wehrte er sich weiter, konnte aber fixiert werden“, hieß es. Von den Polizeikräften wurde er anschließend weggetragen. Dabei versuchte er die Polizeikräfte zu treten.

Letztendlich gelang es die Identität des 71-Jährigen festzustellen, nachdem er schließlich einen Ausweis ausgehändigt hatte. Gegen den 71-Jährigen wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet. Im Nachgang gab er an, dass er leicht verletzt wurde. Mittlerweile hat der Mann selbst Strafanzeige gegen die Polizeibeamten erstattet.

Die Polizei abschließend: „Für uns ist es selbstverständlich, dass polizeiliches Handeln einer unabhängigen Kontrolle unterzogen wird. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wird daher auch die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der einschreitenden Polizeibeamten geprüft. Dabei ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen auch, ob das polizeiliche Vorgehen bei Würdigung des Gesamtsachverhalts rechtmäßig und verhältnismäßig war.“

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen