Wieder Versuch der Einflußnahme: Türkei: Baden-Württemberg soll gegen Gülen-Einrichtungen vorgehen

29. Juli 2016 | Kategorie: Nachrichten, Politik
Immer gemäßigt und abwägend: Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: dts Nachrichtenagentur

Sonst gemäßigt und abwägend, jetzt erzürnt: Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Stuttgart  – Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat im Gespräch mit der  F.A.Z. von einem weiteren Versuch der Einflussnahme durch die türkische Regierung berichtet.

„Wir erhielten vom türkischen Generalkonsul in Stuttgart jetzt ein Schreiben, in dem die Landesregierung aufgefordert wurde, Vereine, Einrichtungen, Schulen, die nach Meinung der türkischen Regierung wie sie sagt `betrieben` werden, einer Prüfung zu unterziehen und eine neue Bewertung vorzunehmen“, so Kretschmann. „Das hat mich in höchstem Maße befremdet. Genau das werden wir selbstverständlich nicht machen. Hier sollen Leute auf irgendeinen Verdacht hin grundlos verfolgt und diskriminiert werden.“

Kretschmann sagte, ihm seien „keine Belege“ für die Behauptung bekannt, dass die Gülen-Bewegung für den Militärputsch in der Türkei verantwortlich sei.

Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir äußerte scharfe Kritik an Versuchen der Türkei, auf die deutsche Gesellschaft Einfluss zu nehmen. „Erdogans Arm mag in viele Teile der türkischen Gesellschaft reichen – in Stuttgart, Berlin und anderswo hat er aber nichts verloren.“

Deutlich kritisierte Özdemir auch den türkisch-muslimischen Dachverband Ditib. „Die Ditib sieht als Vertreter eines fremden Staates in Deutschland – das akzeptieren wir nicht. Viele Moscheegemeinden machen gute Arbeit, aber wer Ditib jetzt in die Schulen lässt, der lässt Erdogan in die Schulen“, sagte Özdemir.

Kretschmann und Özdemir wollen Aussetzen der Beitrittsverhandlungen

Kretschmann und Özdemir  haben sich auch für ein Aussetzen der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ausgesprochen. „Jetzt sollten wir die Verhandlungen sofort auf Eis legen, aber nicht aufgeben“, sagte Kretschmann.

Özdemir sagte: „Ich weiß nicht, worüber man gegenwärtig verhandeln könnte. Ich will aber nicht die türkische Bevölkerung bestrafen. Daher aussetzen, aber nicht generell beenden für den Fall, dass sich in der Türkei die Demokraten durchsetzen.“

Kretschmann sagte außerdem, die Rhetorik des türkischen Präsidenten Recep Erdogan erinnere ihn an eine „Diktatur“. Zu der Reaktion von Erdogan auf die Armenien-Resolution des Bundestages, in der Erdogan von „verdorbenem Blut“ gesprochen hatte, meinte Kretschmann: „Solche Äußerungen riechen nach Diktatur. Nur aus Diktaturen kennen wir solche Aussagen. Es ist gut, dass der Militärputsch niedergerungen werden konnte. Was wir aber jetzt in der Türkei erleben, ist ein ziviler Putsch.“

(dts Nachrichtenagentur/red)

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2 Kommentare auf "Wieder Versuch der Einflußnahme: Türkei: Baden-Württemberg soll gegen Gülen-Einrichtungen vorgehen"

  1. von Venningen sagt:

    Das ist eine Aussage von Herrn Kretschmann vom 5.12.2015

    Keine Islamisierung der Gesellschaft

    Ängste vor einer Islamisierung des Landes nannte Kretschmann „abwegig“. „Diese Angst ist komplett unbegründet“, sagte er. „Wie viele Muslime sitzen denn eigentlich in unseren Parlamenten? Wie viele sind Bürgermeister?“ Er selbst habe in Baden-Württemberg nur eine Bürgermeisterin mit Migrationshintergrund gefunden – sie habe italienische Wurzeln. „Eine Islamisierung unserer Gesellschaft wird es nicht geben.“ Deutschland werde aber kulturelle Veränderungen erleben – etwa durch den Bau von Moscheen und normales islamisches Leben wie das Fasten im Ramadan. „Das ist gut und erwünscht.“

    • Chris sagt:

      Den Artikel gelesen oder einfach mal was unpassendes kommentiert? Kretschmann kommt im Artikel und Kommentar vor aber das wars dann auch schon an Gemeinsamkeiten.