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Rudi Birkmeyer: Protestfahrt nach Berlin: „Der Kampf geht weiter“

12. April 2019 | Kategorie: Kreis Südliche Weinstraße, Politik regional, Regional

Rudi Birkmeyer in Berlin.
Foto: privat

Berlin/Offenbach. Rudi Birkmeyer ist aus Berlin zurück. 700 Kilometer fuhr der 67-Jährige mit dem Fahrrad um eine Protesttour zu unternehmen. „Ich hoffe, wir konnten unsere „Problematik“, mit der himmelschreienden Ungerechtigkeit bei der Abzocke bei den Direktlebensversicherungen, weiter öffentlich transparent machen“, so Birkmeyer.

Die Radtour sei aus einer spontanen „Schnapsidee“ geboren worden – der Erfolg sei aber außerordentlich groß, sagt er. Er habe mit solch einer tollen Resonanz, durch Betroffene, Medien, fremden unbedarften Menschen, im Vorfeld nie gerechnet. „Meine Emailflut verdoppelte sich täglich. Unter dem Strich: Es war eine tolle „Abenteuerfahrt“ die 700 Kilometer quer durch Deutschland, mit vielen unvergesslichen Eindrücken. Und wenn uns diese „Protestaktion“ durch die große mediale Aufmerksamkeit unserem Ziel ein Stückchen näher bringt, habe ich alle Strapazen gerne auf mich genommen!“

Frontal 21 trifft Birkmeyer

Auch das Fernsehen interessierte sich für ihn: Bei Beelitz traf ihn ein Kamerateam vom ZDF (Frontal 21). „Ungefähr 30 Minuten sollten die Filmaufnahmen dauern, aber bis alles im Kasten war , waren dann doch gut 1,5 Stunden Fahrzeit verbraten. Die Aufnahmen waren für mich selbst sehr spannend. Auf einer einsamen Seitenstraße ließ das Fernsehteam einen „Drohne“ über und neben mir fliegen.“

Eigentlich sollte Birkmeyer mit einem kleinen Radkorso in Berlin die Veranstaltungsstätte „Urania“ anfahren, was aber aufgrund der Zeitverzögerung nicht mehr möglich war. „Mir tat dies sehr Leid, da ja einige von unseren Mitbetroffen extra zum Hotel am Hauptbahnhof kamen um die letzten vier Kilometer mit mir gemeinsam zurückzulegen. Zwar hatte ich noch versucht, auf den letzten Kilometern etwas Zeit aufzuholen, aber der starke Nordostwind, der eigentlich die ganzen 70 Kilometer mein „Gegner“ war, und der Berliner Straßenverhältnisse, hielten meine Aufholjagd in Grenzen. So ging es deshalb direkte in die bereits laufende Veranstaltung. Dort wurde ich begeistert begrüßt und durfte bei der anwesenden Politprominenz auf der Bühne Platz nehmen!“

„Wie bleibt man mit 67 Jahren so fit um über 700 Kilometer mit dem Rad nach Berlin zu fahren?“ fragten die Moderatoren den kurz zuvor angekommenen, leicht verschwitzten Rudi Birkmeyer. „Mit Radfahren und sich mit den Enkeln beschäftigten“, lautete Rudi Birkmeyers Antwort.

Helmut Achaz: „Rente liegt auf der Intensivstation“

Auch Helmut Achaz, ein Mitstreiter und Blogbetreiber, war bei der Veranstaltung dabei. Er schreibt: „Die Rente liegt auf der Intensivstation – und das gilt für die gesetzliche, wie für die betriebliche. Statt Betriebsrentner zu fördern, schröpft sie der Staat. In Berlin diskutierten Politiker von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken mit Betroffenen.

Die Stimmung war emotionsgeladen und teils turbulent. Was tun gegen staatliche Abzocke? „Wann“ war die immer wiederkehrende Frage der Zuhörer an die fünf Politiker oben auf der Bühne. Wann wird endlich das Unrecht dieses Schröpfmechanismus beseitigt, das alle, die über ihren Betrieb eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen haben, um ein Fünftel ärmer macht. Denn, wer über Jahrzehnte eingezahlt hat, muss am Ende in der Rente von seiner betrieblichen Altersvorsorge mehr als 18 Prozent an die Krankenkasse zahlen. Eingeführt haben das Rot-Grün-Schwarz in schöner Einigkeit vor nunmehr 15 Jahren, genau zum 1. Januar 2004 mit dem sogenannten Gesundheits-Modernisierungsgesetz (GMG).

Was tun gegen staatliche Willkür? Die Verbeitragung der betrieblichen Altersvorsorge kostet viele Rentner nicht selten zig Tausende Euro. Klagen hilft nicht, denn die Kläger laufen vor Sozialgerichten regelmäßig an die Wand. Die Betroffenen sind empört bis wütend. Das war im Saal buchstäblich zu spüren. Ihnen läuft die Zeit davon, denn sie zahlen jeden Monat – und das zehn Jahre lang.

Einige zahlen bereits seit Jahren und haben immer noch die Hoffnung, dass dieses Unrecht zumindest gestoppt wird. Deswegen hatten einige im Auditorium auch wenig Verständnis, wenn Jana Schimke von der CDU mit „Politik kann auch lernfähig sein“ vertröstete. Ralf Kapschack von der SPD hält die damalige Entscheidung für einen „Fehler“. „Wir wollen das rückgängig machen“. Vielleicht schaffe das die Koalition ja noch „in dieser Legislaturperiode“. „Der Referentenentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn ist im Durchlauf“, so Kapschack. Freilich steht einem Stopp der SPD-Finanzminister Olaf Scholz im Weg. Markus Kurth von den Grünen kam dann auf die Idee, „die Auszahlungsphase auf 20 Jahre zu verlängern“.

Union und SPD taktieren

Viele fühlen sich ob der Taktiererei eher verhöhnt. Matthias Birkwald von den Linken wurde da schon deutlicher. Er verlangt einen sofortigen „Stopp“ der Verbeitragung betrieblicher Altersvorsorge. Rückenstärkung bekommt er von Johannes Vogel von der FDP. Die FDP war damals die einzige Partei, die sich der überparteilichen Koalition aus Union, SPD und Grünen entgegenstellte.

Manche von den Zuhörern bebten vor Wut als sie ans Mikrofon traten und das Unrecht beklagten, das ihnen angetan wurde. Das half freilich nicht weiter und kostete Zeit, weswegen Moderator Dieter Weirich vom Deutschen Institut für Altersvorsorge aufs Tempo drückte. Nur lautstarke Reaktion der anderen Zuhörer stoppte die Monologe der Beleidigten.

Nachhaltiger Vertrauensverlust in Politik

Das Ergebnis dieser rückwirkenden Enteignung von allen, die über den Betriebs fürs Alter vorgesorgt haben, ist ein nachhaltiger Vertrauensverlust. Eine der ganz wenigen Jungen, die sich unter die Betroffenen gemischt hatte, hat dank der Diskussion, die übrigens vom Verein für Direktversicherungsgeschädigte e.V. (DVG) organisiert worden war, erst begriffen, was auf sie zukommt. Die junge Frau, Katrin Winkler, räumt unumwunden ein, dass „ihr Vertrauen erschüttert ist“. Wer lege denn noch etwas zurück, wenn ihm der Staat das Gesparte wegnehme?

Von den Versicherern verschaukelt

Vielen dürfte es ähnlich gehen wie Katrin Winkler, dass sie betroffen sind – und es noch gar nicht wissen. Denn, keiner rückt mit der Wahrheit über die Folgen des GMG heraus – weder die Versicherungen, noch die Arbeitgeber, noch das Gros der Politiker. Was wunder, dass sich die sechs Millionen, die per Kapitallebensversicherung fürs Alter vorgesorgt haben, verschaukelt fühlen, um es diplomatisch auszudrücken.

Teilnehmer der Diskussion in der Urania in Berlin:
Jana Schimke, (CDU)
Matthias Birkwald, (Linke)
Ralf Kapschack, (SPD)
Markus Kurth, (Grüne)
Johannes Vogel , (FDP)
Moderation: Prof. Dieter Weirich, Deutsches Institut für Altersvorsorge

Besuch im Bundestag bei Dr. Gebhart

Nach der Veranstaltung besuchte Birkmeyer noch den Berliner Stammtisch, der die Veranstaltung organisiert hatte. Und auch ein Besuch bei Dr. Gebhart im Bundestag stand an.
„Das Gespräch mit dem Staatssekretär zeigte wiederum, Dr. Gebhardt kennt die Problematik mit dem rückwirkenden Eingriff in Verträge und dem Wahnsinn der „Dreifachverbeitragung. Leider kann er sie alleine nicht ändern“, erzählt Birkmeyer.

Man müsse noch sehr, sehr dicke Bretter bohren, um zu seinem Recht zu kommen. „Wenn ich da unserer Kanzlerin, gestern im Bundestag gehört habe „Die Gerichtsbarkeit hat ein Unrecht bei der Mehrfachverbeitragung von eigen finanzierten Direktversicherungen explizit nicht feststellen können!“ muss ich der guten Frau entgegen: „Aber ein Recht darauf allerdings auch nicht“. Eine „Direktversicherung wird niemals eine Betriebsrente – solange der Arbeitnehmer, aus seinem Barvermögen und nicht der Arbeitgeber einzahlt. Wir benötigen weiter Aktion –packen wir es an – wir lassen uns dies nicht gefallen, der Kampf geht weiter!“

Rudi Birkmeyer wurde in Berlin von Dr. Gebhart empfangen.
Foto: privat

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3 Kommentare auf "Rudi Birkmeyer: Protestfahrt nach Berlin: „Der Kampf geht weiter“"

  1. Norbert Wichmann sagt:

    Zunächst sagen 6,3/Millionen Betroffene herzlichen Dank lieber Rudi!!!
    Nun zur möglichen Finanzierung der Kosten:
    Die soll bitte der Finanzminister von den genommenen Steuergelder durch Cum-Cum, Cum-Ex; Paradies-, Panama- und Fantasy Papers zurückholen.

    Dadurch ist so viel Geld entnommen, dass auch noch „Die Schwarze Null“ gesichert und gar noch viel, viel Geld übrig bleibt.

  2. Edgar Krieger sagt:

    Der Zustand CDU/CSU, ist einfach nur hanebüchen, um es noch vorsichtig auszudrücken. Der Freistaat Bayern unter einer CSU-Freie-Wähler-Regierung , Dezember 2018 im Bundesrat einen Gesetzesantrag eingebracht; Änderung der Verbeitragung von Betriebsrenten. Die beiden Straubinger und Nüßlein sind gegen eine Abschaffung der Abzocke. Bericht „Handelsblatt“ lautet: „In der CSU formiert sich Widerstand gegen Entlastung der Betriebsrentner“. Der 31. Parteitag , CDU in Hamburg hat folgenden Beschluss gefasst: Die CDU fordert eine Reform der Sozialabgaben, die auf Beträge zur privaten Altersvorsorge erhoben werden. Es soll künftig sichergestellt werden, dass AN oder Selbständige, die Entgeltumwandlung zur privaten Altersvorsorge nutzen, nicht doppelt belastet werden.“ Dazu Merkels Geschwätz..?

  3. 1956 sagt:

    Dr. Gebhardt kennt die Problematik mit dem rückwirkenden Eingriff in Verträge und dem Wahnsinn der „Dreifachverbeitragung. Leider kann er sie alleine nicht ändern“, erzählt Birkmeyer.

    Aber nicht doch, da gibt es schon noch andere Politiker, die da gerne mal mit ihrem Namen und Parteizugehörigkeit in der Öffentlichkeit auftreten um dieser Randgruppe der Rentner/innen zu zeigen, dass sie ernst genommen wird und PolitikerMann/PolitikerFrau zur Tat schreitet.

    Ein Gruppenbild der Damen und Herren, die die Problematik kennen und wirklich tätig werden oder sind würde mich freuen.
    Ich würde gerne mal durchzählen, wird aber wohl nichts, da sehe ich schwarz.
    was interessiert mich mein Geschwätzvon gestern hat angeblich schon manch Politiker erklärt.