Rekruten legen Gelöbnis in Hambach ab – überraschende Rede von Neustadter Bürgermeister Röthlingshöfer

22. Februar 2015 | Kategorie: Kreis Germersheim, Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional

Abschreiten der Reihen: Neustadts Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer, Kommandeur Oberstleutnant Dietmar Hinze, Hambacher Ortsvorsteherin Gerda Bolz.
Fotos: pfalz-express.de/Licht
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Hambach – Knapp 220 Rekruten des Luftwaffenausbildungsbataillons und des ABC Abwehrbataillons 750 „Baden“ legten am 19. Februar auf dem Sportplatz des 1. FC 23 Hambach ihr feierliches Gelöbnis ab.

Das Ablegen des Gelöbnisse sei Ausdruck des öffentlichen Bekenntnisses zur Bundesrepublik Deutschland und zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sagte der Kommandeur des Luftwaffenausbildungsbataillons Germersheim, Oberstleutnant Dietmar Hinze.

Das Zeremoniell habe sich seit der Geburtsstunde der Bundeswehr nicht viel verändert, so Hinze: „Wohl aber die Welt, in der wir leben.“ Damit hätten sich ebenfalls die Anforderungen an die Soldaten der Bundeswehr gewandelt. „Der Frieden auf der Welt wird nicht mehr nur durch drohende Kriege zwischen Staaten gefährdet, sondern auch durch Konflikte neuen Typs. Unsere Welt ist komplizierter, unberechenbarer und anspruchsvoller geworden.“

Hinze lobte die Bereitschaft der Rekruten, sich trotz neuer Herausforderungen und möglicher Gefahren zu verpflichten. Hinter der Uniform stünden individuelle Menschen mit unterschiedlichen Lebenswegen und -planungen, die jedoch alle das Ziel verbinde, der Bundesrepublik Deutschland zu dienen, der Gesellschaft damit etwas zurückzugeben.

Über 20 Jahre Patenschaft mit Hambach

Das Gelöbnis fand dieses Mal in Hambach statt, da der Ort 1150-jähriges Jubiläum feiert und seit mehr als 20 Jahren eine Patenschaft mit dem Luftwaffenausbildungsbataillon Germersheim Die Patenschaft in die Wege geleitet hatte seinerzeit der damalige Ortsvorsteher Benno Zech.

Die aktuelle Ortsvorsteherin, Gerda Bolz, entbot den Rekruten und deren Angehörigen „ein herzliches Willkommen“ und erinnerte an die Versammlung im Jahr 1832, als die Schlossruine durch eine viertägige Protestveranstaltung von etwa 30.000 Menschen zum Schauplatz früher Demokratiebestrebungen auf deutschem Boden wurde. Diese Demokratie zu schützen sei eine der Hauptaufgaben, deren sich die Soldaten der Bundeswehr annähmen.

„Ich habe mich geirrt“

Der Neustadter Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer hielt die Gelöbnisansprache, verblüffte alle und erntete viel Lob für seine offen-ungezwungenen Worte. Als Kind des Kalten Kriegs habe er in jungen Jahren demonstriert – gegen die Nato-Nachrüstung, gegen amerikanische Cruise Missiles und Pershing II. Er habe aus moralischen Gründen den Wehrdienst verweigert, Zivildienst geleistet und gehofft, durch seine persönliche Entscheidung die Welt ein wenig friedvoller machen zu können.

„Aber ich – und sicherlich nicht nur ich- habe mich geirrt“, bekannte Röthlingshöfer unumwunden.

Mit Al Quaida, Islamischer Staat oder Boko Haram seien neue Bedrohungen entstanden. Dem menschenverachtenden Tun eines fanatischen Islamismus könne man nicht mit Kommunikation begegnen, wie es so mancher Konfliktforscher meine, so Röthlingshöfer: „Denn dort, wo ohne Zögern massakriert und gemordet wird, hilft Reden nun überhaupt nicht.“

Gerade demokratische Staatssysteme benötigten daher klar legitimierte Wehrbereitschaft auf allen Ebenen, was die militärische Verteidigungsfähigkeit zwingend einschließe: „Und dabei ist es nicht wirklich moralisch, sich als Staat aus allen möglichen Konflikten herauszuhalten, wenn und solange nur andere ihren Kopf hinhalten.“

Röthlingshöfer zollte den Soldaten Anerkennung: „Aus meiner persönlichen Entwicklung heraus Respekt und Anerkennung für Ihren Schritt in die Bundeswehr. Sie tragen durch Ihr Engagement maßgeblich dazu bei, dass die Bürger in unserem Land in Sicherheit und Freiheit leben können. Und wir Flüchtlinge bei uns schützen können.“

Die freiwillig Wehrdienst Leistenden und die Zeitsoldaten gelobten und schworen danach in einer feierlichen Zeremonie, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes als Staatsbürger in Uniform tapfer zu verteidigen.

Beim anschließenden kleinen Empfang im Bürgerhaus gab es bei Wein und Erbensuppe des Luftwaffenausbildungsbataillons Gelegenheit zum Austausch.

Ehrung für Benno Zech, Vater der Patenschaft

Eine ganz besondere Ehrung des Luftwaffenausbildungsbataillons erhielt Benno Zech.

Zech habe damals im Jahr 1994 mit großem Persönlichen Einsatz die Grundlage für die bis heute andauernde Patenschaft gelegt, die ihresgleichen suche, sagte Hinze. Die Soldaten fühlten sich der Ortsgemeinde zugehörig und pflegten diese Verbindung aktiv.

Gemeinsam nehme man an Veranstaltungen wie dem Andergasser Weinfest, die Jakobuskerwe oder der Inthronisierung der Weinkönigin teil. Bürger aus Hambach wiederum besuchten gerne Kompanie- und Bataillonsveranstaltungen wie das Festungsschießen oder den Standortball.

Die Soldaten der ersten Kompanie unterstützten die Vereinsarbeit der Ortsgemeinde und des Fördervereins Schwimmbad. Die Gemeinde Hambach habe die Patenschaft sogar auf ihrem Ortsschild verewigt. Dafür habe Zech die Grundlage gelegt, betonte Hinze und überreichte Benno Zech die Bataillonsmünze und eine eigens für diesen Anlass gestiftete Urkunde: „Damit möchten wir unseren Dank für die Jahre der Partnerschaft ausdrücken, die ohne Ihr persönliches Engagement nicht möglich gewesen wäre.“

Für Hinze war es das letzte Gelöbnis, was von Gerda Bolz und allen Anwesenden außerordentlich bedauert wurde. Er verlässt Germersheim Ende März und wird eine Aufgabe im Einsatzführungskommando in der Nähe von Potsdam wahrnehmen. (cli)

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Ein Kommentar auf "Rekruten legen Gelöbnis in Hambach ab – überraschende Rede von Neustadter Bürgermeister Röthlingshöfer"

  1. Willibald Krötzmann sagt:

    “Ich habe mich geirrt”

    Der Neustadter Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer hielt die Gelöbnisansprache, verblüffte alle und erntete viel Lob für seine offen-ungezwungenen Worte. Als Kind des Kalten Kriegs habe er in jungen Jahren demonstriert – gegen die Nato-Nachrüstung, gegen amerikanische Cruise Missiles und Pershing II. Er habe aus moralischen Gründen den Wehrdienst verweigert, Zivildienst geleistet und gehofft, durch seine persönliche Entscheidung die Welt ein wenig friedvoller machen zu können.

    „Aber ich – und sicherlich nicht nur ich- habe mich geirrt“, bekannte Röthlingshöfer unumwunden.

    Mit Al Quaida, Islamischer Staat oder Boko Haram seien neue Bedrohungen entstanden.
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    Respekt Herr Röthlingshöfer