Kandel – Der Stadtrat hat sich in seiner Sitzung am Dienstagabend solidarisch mit dem Bündnis WIR sind Kandel“ (WSK) erklärt und will dessen Ziele nach Kräften unterstützen. Aktionen von WSK sollen in enger Abstimmung mit der Stadt Kandel durchgeführt werden.
„WIR sind Kandel“ versteht sich als überparteiliches, überkonfessionelles, friedliches und unabhängiges bürgerliches Bündnis, das für ein demokratisches und solidarisches Miteinander wirbt und zum Ausdruck bringen will, dass „Kandel den Kandelern gehört“ und die „anhaltenden Demonstrationen rechtsgesinnter und rechtsextremer Gruppierungen in Kandel nicht erwünscht sind.“
Der Beschluss des Rats zur Kooperation mit WSK erfolgte einstimmig. Allerdings gab es zuvor eine kurze Diskussion.
„Antifa“ nicht erwünscht
Stadtrat Jürgen Hanß (SPD) störte sich daran, dass in der unlängst erschienen „WIR sind Kandel – Charta“ von „rechtsextremen Gruppen und Parteien“ die Rede ist, die Kandel als Ort für Kundgebungen und Demonstrationen missbrauchten, aber „linksextreme Gruppen“ wie die „Antifa“ nicht ausdrücklich erwähnt seien.
Unterstützung bekam Hanß sowohl von seinen Fraktionskollegen (Dietmar Kolb, ebenfalls SPD: „Deren Verhalten in der Bahnhofstraße war eine riesen Enttäuschung“), als auch von allen anderen Fraktionen.
Michael Gaudier (CDU) sagte, Hanß spreche ihm „aus der Seele“. Gaudier kritisierte den Brandanschlag auf die Bahnstrecke Wörth-Kandel (Kabelschachtbrand) als „terroristischen Anschlag“, der Menschen hätte gefährden können.
Insgesamt war man sich einig: Wenn die Stadt der Unterstützung für WSK zustimme, müsse sichergestellt sein, dass keine „Antifa-Gruppen“ an deren Aktionen teil nähmen – „auch keine Antifa-Fahnen wollen wir hier sehen.“
Jutta Wegmann (Grüne), Mitinitiatorin von „WIR sind Kandel“, verwies auf die Charta, die Gewalt in jedweder Form verurteile. Darin heißt es: „Wir lehnen alle Formen des Protests ab, die aggressiv und eskalierend sind und die nicht im Einklang stehen mit den Gesetzen unseres Landes. Wir kooperieren mit allen, die diese Grundüberzeugungen mit uns teilen und mit denen wir verlässlich, vertrauenswürdig und solidarisch zusammenarbeiten können.“
Dieses Bekenntnis beinhalte selbstverständlich auch Gewalt linksextremer Gruppen, so Wegmann.
Mit Unterstützung der Stadt (Wegmann: „Ein starkes Zeichen“) fällt es WSK nun leichter, beispielsweise städtische Räumlichkeiten für Workshops oder Info-Veranstaltungen zu nutzen oder Versicherungsschutz zu bekommen.
Aktionen werden in kleinem Rahmen finanziell unterstützt – bei geringen Beträgen in Absprache mit Stadtbürgermeister Günther Tielebörger (SPD) und den Beigeordneten Gudrun Lind und Monika Schmerbeck. Größere finanzielle Bedarfe müssen zuvor vom Stadtrat abgesegnet werden.
Letztendlich nahm der Stadtrat, der die Charta selbstredend nicht ändern kann, in seiner eigenen Beschlussfassung den Passus „extreme Gruppen“ auf, was alle politischen Spektren umfassen soll.
Nachdem das geklärt war, sah der Stadtrat keine weiteren Hindernisse für die Unterstützung des Bündnisses – besonders, da die Bürger verängstigt seien, Geschäftsleute hohe Verluste zu beklagen hätten und das öffentliche Bild der Stadt Schaden genommen habe. WSK organisiere „unterschiedliche Formen des friedlichen Protests gegen die rechtsgerichteten Demonstrationen in Kandel, Informationsveranstaltungen und gemeinschaftsfördernde Aktionen“ gewaltfrei und im Rahmen des geltenden Versammlungsrechts.
Linke will Demo-Kostenaufstellung
Was kosten die Demonstrationen? Das wollte Volker Blatsch (Die Linke) wissen und hat in der Sitzung einen Antrag für eine Kostenaufstellung aller Positionen beantragt, die im Zusammenhang mit den bisherigen Demos in Kandel entstanden sind.
Dazu gehören vordergründig die Kosten des Bauhof Kandel (Absperrungen, Beschilderungen) und die daraus resultierenden Arbeitsstunden und aufgelaufene Überstunden. Sofern zusätzliche Positionen anderer Fachbereiche dazukommen sollten, sollen diese laut Blatsch auch ausgewiesen werden.
Die Auswertungen sollen im Amtsblatt veröffentlicht werden, damit die Bürger von Kandel und der Verbandsgemeinde darüber informiert werden, welche Kosten an den Demo-Tagen auflaufen.
Eine „ungefähre Nennung der Aufwendungen seitens der Polizei und der Rettungsdienste“ könne ebenfalls in die Aufstellung intergriert werden. „Nach meinem Kenntnisstand wird der Betrag von 1 Million Einsatz als Größenordnung beziffert“, so Blatsch.
Der Rat stimmte zu und Bürgermeister Tielebörger versicherte, die Kostenanalyse innerhalb der Verwaltung in Auftrag zu geben.
(cli)
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