Donnerstag, 25. April 2024

Im Zeichen der Raute: Die Wittelsbacher am Rhein

6. Januar 2014 | Kategorie: Allgemein, Kultur, Regional

Die Raute weist den Weg in die Ausstellung.
Foto: Beil

Mannheim – Wer dieser Tage durch Mannheim geht, kann ganz leicht einer blauen Raute auf dem Trottoir folgen. Sie führt ihn allerdings nicht zu einem der jetzt überall lockenden Sonderangebote. Vielmehr geleitet sie durch die Quadrate-Stadt zu einer sehr sehenswerten Ausstellung der Länder Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz.

Schon allein der preiswerte zweibändige Katalog beeindruckt mit seinem sonst nirgends zu findenden Kompendium an Materialien über eine 600 jährige Herrschaft in unserer Region. Erst recht imponiert die zweiteilige Ausstellung über die Wittelsbacher am Rhein, die noch bis 2. März 2014 läuft. Beginnt Teil 1 im Zeughaus mit der Zeit zwischen 1214 und 1504, so endet Teil 2 im Jahre 1803 im riesigen Mannheimer Barockschloss, das als eines der größten Europas gilt. Nicht nur dieses bleibt von der Geschichte der Wittelsbacher am Rhein.

Gemeinsames (wieder) entdecken

Die Pfälzer sollten ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen, geht es um die Bedeutung der Wittelsbacher. Geschickt haben sich aber die „Bazis“ aus Bayern die Geschichte unter den Nagel gerissen. Wie viel Gemeinsames vergessen wurde, mag man daran erkennen, dass linksrheinische Pfälzer den rechtsrheinischen Pfälzern den Begriff „Pfälzer Leberwurst“ streitig machen.

Deswegen trägt diese Ausstellung enorm dazu bei, die gemeinsame Pfälzer Geschichte diesseits und jenseits des Rheins (wieder) zu entdecken und die Identität in der Metropolregion Rhein-Neckar zu stärken. Zudem gibt es so manchen Tipp für historische Besuche und Weiterstudium.

Goldene Bulle und mehr

600 Jahre Wittelsbach hinterlassen ihre Spuren, nicht nur den Pfälzer Löwen im Bayerischen Wappen. Interessantestes Dokument: Die Goldene Bulle aus dem Jahre 1356, dem „Grundgesetz“ des mittelalterlichen Reiches, als der Pfalzgraf bei Rhein zu den 7 Kurfürsten zählte. Aber die Ausstellung hat noch viel mehr Sehenswertes: Karten, Münzen, Quellen, Urkunden, Bilder u.a. Ausstellungsstücke.

Animationen lassen zudem tote Sachverhalte anschaulich werden. So werden Begriffe wie z.B. Pfalz, Kurpfalz, Oberpfalz, Rheinpfalz, Pfalz bei Kaub, Pfalzgrafenstein am Mittelrhein u.a.m. erklärt. Am Mittelrhein lag lange ein Machtschwerpunkt der Pfalz, waren doch die Zölle am Rhein besonderes lukrativ. Auch die Juden leisteten ihren historischen Beitrag am Rhein.

Wer, wann, mit wem, wie oft? Auch die Heiratspolitik der Wittelsbacher lässt verstehen, warum es heißt „Seid ihr euch noch einig, oder habt ihr schon geteilt?“ Überhaupt: Auch die Wittelsbacher zeigen, dass Kriege die längste Zeit als dynastische Kriege, nicht als Volkskriege, ausgetragen wurden. Bestes Beispiel: Französischer Erbfolgekrieg – trotz des „Deals“ mit Lieselotte von der Pfalz als Gattin für den Bruder Ludwigs XIV.

Natürlich wird auch die Sparte Helme, Harnische und Waffen ausgestellt, nicht zuletzt der Prunk-„Küriss“ von Friedrich dem Siegreichen, dem „Pfälzer Fritz“. Erstaunlich die Lobeshymnen oder – hudeleien auf Friedrich den Siegreichen, der ja nicht gerade schonend mit seinen Widersachern umging.

Eine der ersten deutschen Universitäten

Für königswürdige Dynastien war es ein „Muss“, auch ein Zentrum der Wissenschaft zu haben. Nachdem die Luxemburger 1348 in Prag die erste Universität im deutschsprachigen Raum gründeten, zogen die Habsburger mit der Gründung der Universität Wien im Jahre 1365 nach. Der Wittelsbacher Kurfürst Ruprecht I. gründete 1385/86 die Universität Heidelberg, die ja noch heute den Namen ihres Gründers trägt.

Diese Universität war dann im Zeitalter der Reformation ein besonderes geistiges Zentrum, der konfessionelle Zwiespalt wurde für die Wittelsbacher nicht unproblematisch.

Im europäischen Brennpunkt

Kurfürst Friedrich V., besser auch als der „Winterkönig“ bekannt, zog die Pfalz in die Wirren des 30-jährigen Krieges hinein, denen danach die Erbfolgekriege folgten. Nach den Wirren der Franz. Revolution entstand die Kurpfalz nicht erneut, nur noch ein kleiner linksrheinischer Rest erinnerte als Bayerischer Rheinkreis an die Zugehörigkeit zum Hause Wittelsbach. Vor dem Eingang zur Wittelsbacher-Ausstellung im Mannheimer Schloss steht heute Markgraf Friedrich von Baden. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mehr zum Thema „Wittelsbacher“ gibt es sicherlich beim Vortrag von Dr. Alexander Schubert, am Dienstag, 14.1.2014, 19.30 Uhr im Kleinen Kulturzentrum Rheinzabern, Hauptstr. 43, zu erfahren.

Dr. Schubert ist wissenschaftlicher Leiter der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim und einer der Hauptverantwortlichen für das Zustandekommen der Wittelsbacher-Ausstellung.

Der Eintritt ist frei. Das Kleine Kulturzentrum erreicht man auch mit der S-Bahn Linie 51 und 52, Haltestelle Rheinzabern Bahnhof. Von dort sind es nur fünf Minuten Fußweg. (Gerhard Beil)

 

 

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