Montag, 20. Mai 2024

Haushaltsverabschiedung mit Mühe

20. Dezember 2012 | Kategorie: Kreis Germersheim

Im Stadtrat in Kandel rauchten wieder einmal die Köpfe. Fotos: Licht

 

Kandel – in fast schon gewohnter Manier ging es im Kandeler Stadtrat auf der letzten Sitzung diesen Jahres „zur Sache“. Debatten und heiße Diskussionen begleiteten die Haushaltsverabschiedung 2013, „Strukturelle Verschuldung“ war das Wort des Abends.

Fast wollte man meinen, es würde eng in diesem Punkt für Stadtchef Günther Tielebörger – der Haushalt wurde mit neun Gegenstimmen aus CDU und Freie Wähler verabschiedet. Zuviel Kritik seitens der Fraktionen prasselte auf den Bürgermeister ein: Es sei zuviel Geld ausgegeben worden in den letzten Jahren, man habe dauerinvestiert in zu teure Projekte, man müsse endlich einmal umdenken und sparen, kritisierten CDU, Grüne, Freie Wähler und auch die FDP.

Tielebörger verteidigte die Ausgaben – die Steuerkraft in Kreis Germersheim läge generell über dem Durchschnitt, Kandel sei die zweitstärkste Gemeinde diesbezüglich. Der Zins bei Kreditvolumen läge momentan bei 0,8 Prozent. Nach Meinung Tielebörgers durchaus vertretbar: „Die Zinsen sind momentan derart günstig, wir können das rechtfertigen“, sagte er dem Rat.

Man habe ein Vermögen angesammelt von rund 70 Millionen Euro. Immerhin seien sämtliche Projekte wie Bienwald- und Stadthalle, Kunstrasenplätze, Bahnhof, Schwanenweiher, Straßensanierungen und Spielplätze vollständig oder größtenteils abgeschlossen: „Wenn wir in Zukunft blicken, gibt es keinen größeren Inverstitionsstau mehr.“ Eine gelungene Infrastruktur würde Neubürger und Unternehmen nach Kandel ziehen, so Tielebörger.

Die Kernpunkte im nächsten Haushaltsjahr seien folgendermaßen veranschlagt: Der Ergebnishaushalt 13 Millionen, 15 Millionen für Aufwendungen, der Finanzhaushalt mit 12 Millionen. So gäbe es ein „strukturiertes Defizit“ 1, 2 Millionen, aber auch Zuschüsse vom Innenministerium in Höhe von 1, 5 Millionen, die bereits in den nächsten Tagen erwartet würden.

 Grüne: „Fettes Minus“

„Unwahr“ nannte diese Zahlen Grünen-Fraktionschef Uwe Weibel. Das Defizit würde von Jahr zu Jahr wachsen, die genannten Zahlen seien „totes Kapital“. Es stimme nicht, dass der Verschuldung Vermögen gegenüber stehe, denn dieses sei nicht veräußerbar : „Wir können nicht die Straßen verkaufen. Wir haben ein fettes Minus.“ Letztendlich stimmten die Grünen zu, jedoch nur, weil man nicht alles „mittendrin stoppen“ könne, sagte Weibel und kündigte weiteren Widerstand der Grünen-Fraktion gegen die Finanzpolitik der Stadt an.

SPD: Sparen muss künftige Prämisse sein

Die SPD stimmte zu, Vorsitzender Willi Böhm mahnte allerdings „Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit“ als Grundlage für künftige Projekte an.

CDU: Nicht zugestimmt

Den Haushalt komplett abgelehnt hat die CDU. Fraktionsvorsitzende Monika Schmerbeck konfrontierte Günther Tielebörger in einer eindrücklichen Rede mit eigens angestellten Berechnungen zur Finanzsituation. Tielebörger solle sich die Stadt als ein Unternehmen vorstellen: „In dem uns vorliegenden Zahlenwerk ist die Rede von 3,1 Millionen Euro neuer Kredite in 2013, von einer Entwicklung der liquiden Mittel von rund 4,7 Miollionen Euro in 2009 auf ein Defizit in Höhe von über 3 Mio. €Euro bis 2015, von einer Entwicklung der Jahresergebnisse von 2 Mio. Euro Überschuss in 2009 auf rund 2 Mio. Euro Defizit in 2015.“ Die Entwicklung der Liquiditätskredite würden bis 2015 von 0 Euro auf über 3 Millionen ansteigen. Bei den geplanten Investitionen für das kommende Jahr von über 5,6 Millionen würden sich die Kredite der Stadt auf über 7,8 Mio. Euro anhäufen. „Unter diesen Gesichtspunkten wird es Ihnen nicht ganz so leicht fallen zu behaupten, einen gesunden Betrieb zu führen“, so Schmerbeck an die Adresse Tielebörgers.

Auch eine finanziell günstigere Bauweise für die Kita im Neubaugebiet K2 sei nicht einmal in Betracht gezogen worden. Laut einem telefonischen Angebot, das sie extra eingeholt habe, würden sich die Kosten mit einer auf Modulbauweise errichteten Kita allenfalls auf die Hälfte belaufen und sei innerhalb von 10 Monaten erbaut. Jetzt dränge – wieder einmal – die Zeit. Des weiteren habe man extern von einer geplanten Sanierung des Bürgerhauses in Minderslachen erfahren und nicht von Seiten der Stadt, auch sei im Haushalt keine entsprechende Planung hierfür ausgewiesen.

Ebenso sei die Sanierung der Grillhütten-Tioletten nur Stückwerk, es fehle ein Gesamtkonzept.

Als „persönlich nicht akzeptable Position“ bezeichnete Monika Schmerbeck die 25.000 Euro Kosten für eine wiederholte Nachbesserung des Spielplatzes „Am Höhenweg“. „Für das, was dort nicht in Ordnung war, wurde bislang niemand zur Rechenschaft gezogen“, so die CDU-Fraktionsvorsitzende.

Freie Wähler: Mut zur Ablehnung

Ludwig Pfanger von den Freien Wählern sprach von einem „Problem mit der Vergangenheit“.

Der Rat müsse nicht immer den Empfehlungen der Ausschüsse folgen und auch einmal den Mut haben, komplett abzulehnen. Als „Einzelkämpfer“ im Rat, wie er sich selbst bezeichnete, stimmte er in der Konsequenz des Gesagten dagegen.

FDP: „Handlungsspielraum verkleinert sich immer mehr“

Dr. Werner Esser von der FDP bemängelte, dass Sanierungskosten wie beispielsweise das VHS-Gebäude gar nicht erst in den Haushalt eingestellt worden seien. Die FDP stimmte dem Haushalt zu, allerdings: „Wir müssen aufpassen, dass Fachleute und Gutachter die Entscheidungsmöglichkeiten in der Stadt und der Demokratie allgemein nicht weiter einschränken.“ Zuviele Paragrafen und Rechtsvorschriften würden ohnehin den Handlungsspielraum verkleinern.

 Stadthalle: „Total versaut“

Kritik hagelte es erneut für den ebenfalls anwesenden Architekten Rainer Gebhard, der die Sanierung der Stadthalle „komplett versaut“ habe. „Hausgemachte“ Probleme warfen Andreas Reininger vom Fachbereich Bauen der VG-Kandel und der gesamte Rat dem Planer vor – bis heute. Fehlende Schlussrechnungen, falsche Türschlösser, Fehlplanungen und eine am Ende fast doppelt so teure Stadthalle wie ursprünglich veranschlagt. Bürgermeister Tielebörger sagte, es funktioniere Vieles in der Tat „haarsträubend nicht“.

Der Pfalz-Express wird in Kürze gesondert darüber berichten. (cli)

 

 

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen