Grüne Germersheim zur Sponeck-Debatte: „Sind demokratische Werte einfach nur Rhetorik?“

26. Februar 2015 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional

Veronica Abrego, Fraktionssprecherin Grüne: „Es kaum zu fassen, dass Ansichten öffentlich vertreten werden, die aus den Opfern Nazideutschlands immer noch „die Anderen“ machen, deren Leben weniger wert als die „der Unseren“ sein sollte.
Foto: v. privat

Germersheim – Bündnis 90/Die Grünen der Stadt Germersheim haben zur aktuellen Debatte um Hans Graf von Sponeck Stellung genommen.

„Als die Bundeswehr Gewissheit über die schweren Kriegsverbrechen von Hans von Sponeck während des Russlandfeldzugs im Jahr 1941 erlangte, entschied sie sich aufgrund der demokratischen Prinzipien, denen sie sich verpflichtet sieht, die hiesige Kaserne umzubenennen“, sagte Fraktionssprecherin Veronica Abrego.

Verblüffend sei indes die Diskrepanz zwischen der demokratischen Ausrichtung der Bundeswehr und Ansichten, die in Germersheim eine Anhängerschaft fänden.

„Geschichte und Erinnerung sind unterschiedliche Dinge. Es geht nicht darum, die guten gegen die bösen Taten eines Menschen abzuwägen und über ihn zu richten, sondern darum, wen die Gesellschaft ehrt und an wen sie erinnert, weil sie sich in der Gegenwart ein Beispiel an dieser Person nehmen will“, so Abrego.  Auf einen Kriegs- und Menschenrechtsverbrecher könne doch wohl keine Gesellschaft, auch nicht die Germersheimer, aufschauen wollen.

„Verbrechen gegen die Menschlichkeit, oder besser gesagt, gegen die Menschheit, gehören zu den verabscheuungswürdigsten Taten, für die sich ein Mensch entscheiden kann. Nicht umsonst verjähren diese Verbrechen nicht, denn wer so handelt, hat sich dadurch bei der ganzen Menschenfamilie schuldig gemacht.“

Wer sich heute für das ehrende Gedächtnis des von Sponeck entscheide, wische all zu schnell seine schwere Schuld an den Kriegsverbrechen während des Russlandfeldzuges weg und verhöhne damit die Opfer, betont Abrego und zitiert unter anderem den „Spiegel“ mit einem Artikel vom Dezember 2013, „Mord auf der Krim“:

„Zwar handelte Sponeck vielfach in Übereinstimmung mit Befehlen übergeordneter Stellen; doch deren völkerrechtswidriger Charakter war offenkundig.

Vor allem aber spricht Sponecks unbestrittene Heldentat von der Halbinsel Kertsch gegen ihn. Er hatte den Mut, sich gegen Hitler aufzulehnen, aber die Verbrechen im Osten waren ihm offenbar nicht wichtig genug, um auch dagegen zu protestieren; billigte er sie sogar?“

Menschenrechtsverbrechen seien keine rhetorische Angelegenheit, die nach Belieben weg geredet oder ausgeklammert werden könnten, sagte die Grünen-Politikerin.

Die Grünen in der Stadt Germersheim sprechen sich nun dafür aus, mit „derselben Konsequenz wie die Bundeswehr die Straße umzubenennen und den Gedenkstein im Park Fronte Lamotte zu entfernen.“

Das Stadt- und Festungsmuseum könne die Möglichkeit bieten und solle dafür genutzt werden, ernsthaft und angemessen sowohl über die Heldentat auf der Halbinsel Kertsch als auch über die Kriegsverbrechen des Hans von Sponeck auf der Krim zu reflektieren. (red/cli)

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Ein Kommentar auf "Grüne Germersheim zur Sponeck-Debatte: „Sind demokratische Werte einfach nur Rhetorik?“"

  1. Edgar Schaub sagt:

    Bravo für die klaren Worte! Bildungsferne und Unwissenheit sind auch die stets lauernde Gefahr,
    wenn es um solche Fragen geht. Kürzlich war zu hören, dass ein Anhänger von Werner Mölders in Bad Bergzabern neuer Volkshochschul-Leiter werden soll.Wer kennt schon Mölders? Das war eiuner der höchst dekorierten Soldaten in Nazi-Deutschland, Offizier der Luftwaffe, ein Jagdflieger und schon (freiwillig) bei der Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg dabei! Auf Grund eines
    gefälschten Dokuments, das ihn als Gegner der Nazis auswies, wurde er in der Bundeswehr lange geehrt (ein Schiff hiess nach ihm, eine Fliegereinheit, eine Kaserne, Strassen).
    Als die Fälschung aufflog, beschloss der Bundestag auf Initiative der Grünen und der SPD diesen Werner Mölders aus der zu ehrenden Tradition auszuschliessen und die Einrichtungen umzubennen.
    Durchgesetzt werden konnte dies erst unter Minister Peter Struck. Doch eine „Möldersvereinigung“,
    der auch der Bergzaberner Kandidat für Die Bildungsarbeit (!) angehört, kämpft heute noch
    dafür, Mölders wieder zu ehren.
    Doch wer kennt diesen schon? Selbst demokratisch besonders engagierte Politiker laufen Gefahr,
    wegen ihres Nichtwissens, falsch zu wählen.