
Yildiz Härtel
Foto: Pfalz-Express / Rolf H. Epple
Am 23. Februar 2025 wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Die Wahl entscheidet über die künftige Regierung und voraussichtlich auch über den neuen Bundeskanzler.
Im Wahlkreis Südpfalz (210) stehen zehn Kandidaten zur Wahl. Der Pfalz-Express hat alle Bewerber zu ihren Plänen und Zielen befragt – mit denselben Fragen für alle. Hier sind die Antworten von Yildiz Härtel von der SPD.
Wirtschaft
PEX: Die deutsche Wirtschaft, insbesondere der Mittelstand, ächzt unter hohen Steuern, Bürokratie und steigenden Energiepreisen. Die Digitalisierung läuft schleppend, andere Länder sind in diesem Bereich viel weiter. Welche Entlastungen würden Sie umsetzen, um Unternehmen in Deutschland wettbewerbsfähiger zu machen und wie könnte die Südpfalz davon profitieren?
Härtel: Als SPD setzen wir auf den Deutschlandfonds, der mit 100 Milliarden Euro wichtige Investitionen in Strom- und Wärmenetze, Wasserstofftechnologie und E-Ladesäulen fördert. Zudem schaffen wir eine Investitionsprämie, die Investitionen in Maschinen und Geräte mit zehn Prozent der Anschaffungskosten direkt über eine Steuererstattung unterstützt – einfach und unbürokratisch.
Im Bundestag werde ich mich dafür einsetzen, dass Bürokratie abgebaut und die Verwaltung digitalisiert wird. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die auch unseren Südpfälzer Industrie-, Wirtschafts- und Technologiestandort prägen, brauchen dringend wichtige Entlastungen bei Bürokratie. Es braucht weniger Zettel und wieder mehr Wirtschaft. Deshalb werden wir Dokumentationspflichten vereinfachen und neue Gesetze einem Praxis-Check unterziehen, bevor sie umgesetzt werden. Dabei habe ich neben Industrie auch den für unsere Region so wichtigen Tourismus und Weinbau im Blick. Auch hier müssen wir dafür sorgen, dass Bürokratie-Belastungen abgebaut werden.
Zu den steigenden Energiepreisen: Ich bin froh, dass die SPD-geführte Bundesregierung unser Land schnell von russischem Gas unabhängig gemacht. Jetzt braucht es weitere wirksame Schritte. Deshalb werden wird die Übertragungsnetzentgelte auf drei Cent pro Kilowattstunde deckeln und auf europäischer Ebene dafür kämpfen, dass energieintensive Branchen von der Strompreiskompensation stärker profitieren.
Migration
Die Begrenzung von Migration und die Umsetzung von Abschiebungen sind zentrale Themen im ganzen Land. Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Zahl der Asylsuchenden zu steuern und abgelehnte Personen konsequenter abzuschieben?
Deutschland braucht qualifizierte Zuwanderung, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen und unseren Wohlstand zu sichern. Gleichzeitig stellen Asyl- und Fluchtmigration besonders auch unseren Kommunen vor große Herausforderungen.
Die schrecklichen Ereignisse der letzten Wochen haben uns alle tief erschüttert. Für mich ist klar, dass solche Taten mit der vollen Härte des Rechtsstaats geahndet werden. Die bestehende Rechtslage muss angewendet werden. Außerdem stehe ich dafür, dass wir alles dafür tun, dass unsere Sicherheitsbehörden solche Taten in Zukunft verhindern.
Als SPD setzen wir auf geordnete Migration in den Arbeitsmarkt und eine bessere Kontrolle der Fluchtmigration. Ab 2026 soll das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) gelten, das für schnellere, digitale Asylverfahren sorgt – mit Entscheidungen innerhalb von sechs Monaten. Wir stehen für Humanität und Ordnung. Das Grundrecht auf Asyl steht für uns nicht zur Disposition. Wir wollen die EU-Außengrenzen stärker kontrollieren, aber ohne rechtsstaatliche Prinzipien zu verletzen. Rückführungen müssen konsequent, aber menschlich erfolgen, mit Fokus auf freiwillige Ausreisen. Menschen, die Schutz suchen, müssen Zugang zu fairen Verfahren haben.
Wer keinen Schutzstatus erhält, aber gut in die Gesellschaft integriert ist und keine Straftaten begangen hat, soll die Möglichkeit bekommen, als Fachkraft in den Arbeitsmarkt einzutreten.
Wohnraum
In vielen Kommunen ist Wohnen zum Luxus geworden. Wie planen Sie, den Wohnraummangel in Deutschland zu bekämpfen und gleichzeitig hohe Miet- und Baupreise in den Griff zu bekommen?
Als SPD setzen wir uns für mehr bezahlbaren Wohnraum ein. Um den Wohnraummangel zu bekämpfen, setzen wir auf Investitionen, Steuererleichterungen und weniger Bürokratie. Die Mietpreisbremse soll dauerhaft gelten, Indexmieten gedeckelt und Eigenbedarfskündigungen eingeschränkt werden. Wir wollen Kurzzeitvermietungen begrenzen und Mietwucher strafrechtlich verfolgen. Der soziale Wohnungsbau und genossenschaftliches Wohnen sollen ausgebaut werden, ebenso Studierenden- und Azubi-Wohnheime.
Kommunen sollen beim Bodenerwerb unterstützt und Bauverfahren digitalisiert und beschleunigt werden. Zudem muss das Vorkaufsrecht der Kommunen gestärkt werden.
Innere Sicherheit
Welche konkreten Schritte wollen Sie unternehmen, um die innere Sicherheit in Deutschland zu stärken und Kriminalität wirksam zu bekämpfen. Wie kann die Polizei besser ausgestattet werden?
Deutschland gehört dank der Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten zu den sichersten Ländern weltweit. Ich möchte sicherstellen, dass sich die Menschen auch weiterhin sicher fühlen. Daher setzen wir uns für eine Stärkung der Sicherheitsbehörden, um Gefahren frühzeitig abzuwehren. Besonders wichtig ist der Schutz von Frauen und Kindern sowie die Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität.
Wir werden den Personalaufbau bei den Sicherheitsbehörden weiter vorantreiben und für bessere Arbeitsbedingungen sowie eine moderne Ausrüstung der Polizei sorgen.
Der Schutz vor Gewalt ist ein zentrales Anliegen. Wir wollen entschlossener gegen Gewalt in allen Formen vorgehen und die Rechte der Opfer stärken. Insbesondere setzen wir uns für eine verbesserte strafrechtliche Position von Betroffenen sexualisierter Gewalt ein. Wir fordern einen bundesweiten Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für alle, die von häuslicher oder geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind, sowie den Ausbau entsprechender Schutz- und Beratungsangebote.
Ukraine-Krieg
Wie stehen Sie zur weiteren militärischen und finanziellen Unterstützung der Ukraine und sehen Sie Chancen für diplomatische Initiativen oder Friedensverhandlungen?
Ich bekenne mich zur umfassenden Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen die russische Aggression – diplomatisch, militärisch, finanziell und humanitär, solange es notwendig ist. Dabei unterstütze ich die bilaterale Sicherheitsvereinbarung mit der Ukraine. Waffenlieferungen sollen jedoch mit Bedacht erfolgen, um eine direkte Kriegsbeteiligung Deutschlands und der NATO zu vermeiden. Zivile Unterstützung, wie etwa für die Energieversorgung und Krankenhäuser, bleibt ebenso entscheidend und wird von mir voll unterstützt.
Gleichzeitig sind diplomatische Bemühungen für einen gerechten und dauerhaften Frieden unerlässlich. Dabei ist jedoch klar: Der Frieden muss die Souveränität der Ukraine wahren, und ein Diktatfrieden darf nicht in Frage kommen.
Gesundheitssystem
Wie wollen Sie das Gesundheitssystem und die Rente zukunftssicher finanzieren und die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte verbessern?
Ich setze mich für die Umlagefinanzierung in der Kranken- und Pflegeversicherung ein und unterstütze die Finanzierung von versicherungsfremden Leistungen aus Steuermitteln. Ziel muss es sein, das System krisenfester zu machen, indem wir die Beitragsfinanzierung stärken und die Kranken- und Pflegeversicherung unabhängiger von der Haushaltslage des Bundes gestalten.
Ich bin sehr für eine solidarischen Bürgerversicherung, in der alle Bürgerinnen und Bürger versichert sind. Langfristig braucht es eine gerechtere Finanzierung durch die Verbreiterung der Einkommensbasis, um die Belastung von Menschen mit niedrigen Erwerbseinkommen zu verringern.
Ich werde mich für bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen einsetzen, insbesondere für faire Löhne, angemessene Arbeitszeiten und mehr Befugnisse für Pflegekräfte. Das heißt auch, dass ich mich für eine Stärkung von Tarifverträgen und die Stabilisierung der Kranken- und Pflegeversicherung stark mache. Auch die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsberufen muss gefördert und der Zugang zu Weiterbildungen erleichtert werden, um das Versorgungssystem zukunftsfähig zu halten.
Langfristig ist es wichtig, alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen und vor allem auch Selbstständige abzusichern, die ein besonderes Schutzbedürfnis haben. Im Bundestag werde ich mich dafür einsetzen, dass auch Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und damit kein Privileg aufgrund unseres Mandats genießen. Hier sollte das Parlament mit gutem Beispiel vorangehen.
Prioritäten
Was sind für Sie persönlich aktuell die drei wichtigsten politischen Themen?
Für mich sind aktuell drei Themen besonders wichtig, damit unsere Südpfalz auch weiterhin eine starke und lebenswerte Region bleibt: Erstens setze ich mich für faire Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne ein, damit die Menschen hier in der Südpfalz eine sichere und gut bezahlte Zukunft haben.
Zweitens will ich die Unterstützung von Familien vorantreiben – durch bessere Betreuungsangebote und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, damit unsere Region auch für kommende Generationen lebenswert bleibt.
Drittens fördere ich ein starkes Miteinander, in dem Respekt, Toleranz und Solidarität das Zusammenleben bestimmen. Nur so kann die Südpfalz als starke, gerechte und zukunftsfähige Region weiter wachsen.
Zur Person: Yildiz Härtel, geboren am 5. Dezember 1966 in Baltalı (Türkei), kam mit sechs Jahren nach Deutschland. Nach der mittleren Reife absolvierte sie eine kaufmännische Ausbildung bei Daimler-Benz in Sindelfingen und war dort über 20 Jahre tätig. Nach dem Umzug in die Südpfalz arbeitete sie als Tagesmutter und ist heute Sachbearbeiterin im Wahlkreisbüro von Thomas Hitschler. Sie lebt mit ihrer Familie in Edesheim.

