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Baltische Staaten rufen Westen nach Trump-Wahl zur Besonnenheit auf – deutsche Politik noch immer skeptisch

12. November 2016 | Kategorie: Nachrichten, Politik, Politik Ausland
Donald Trump. Foto: dts nachrichtenagentur

Donald Trump.
Foto: dts nachrichtenagentur

Berlin  – Vertreter der baltischen Länder haben den Westen aufgerufen, mit Besonnenheit auf den künftigen US-Präsidenten Donald Trump zu reagieren.

„Dies ist nicht der Zeitpunkt besorgt zu sein. Wir müssen zusammenarbeiten. 64 Prozent der Trump-Wähler haben eine gute Meinung über die Nato. Das ist wichtig“, sagte Litauens Außenminister Linas Antanas Linkevicius der „Welt am Sonntag“.

Trump hatte im Wahlkampf gedroht, dass die US-Regierung unter seiner Führung im Fall eines Angriffs nur solche Nato-Länder unterstützen werde, die zuvor auch ausreichend Geld für ihre Verteidigung ausgegeben hätten.

Estlands Nato-Botschafter Lauri Lepik sagte der Zeitung: „Donald Trump hat in der ersten Rede nach seiner Wahl klar gesagt, dass die Wahlkampagne nun zu Ende ist und jetzt eine neue Zeit beginnt. Das war ein wichtiges Signal. Wir sollten uns alle im Klaren darüber sein, dass der Wahlkampf zu Ende ist und mit Besonnenheit reagieren“, appellierte er an die Bündnis-Partner.

Die drei baltischen Staaten gelten seit Ausbruch der Ukraine-Krise wegen ihrer Nähe zu Russland als besonders gefährdet. Die Nato hat darauf in den vergangenen zwei Jahren mit der geplanten Stationierung von Kampfbatallionen, mehr Übungen, einer stärkeren Überwachung und einer verbesserten Reaktionsfähigkeit reagiert.

Während sich die Politik weltweit allmählich den Gegebenheiten anpasst – auch der französische Präsiden Hollande hat Trump bereits eine gute Zusamenarbeit zugesagt – tut man sich in Berlin immer noch schwer.

Gabriel fordert Konsequenzen aus Trump-Sieg

So sieht der  SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel durch den Wahlsieg von Donald Trump das westliche Wertesystem infrage gestellt. „Trumps Wahlkampf ist Warnung und Weckruf zugleich. Der eigentliche `Clash of Civilizations` ist nicht Christentum gegen Islam, sondern die Selbstbehauptung der liberalen und sozialen Demokratien gegen die Neuvermessung unserer Gesellschaften durch autoritäre, nationalistische und chauvinistische Bewegungen“, schreibt der Vizekanzler in einem Gastbeitrag für die aktuelle Ausgabe des „Spiegel“.

Das Schüren von Ressentiments gegen Ausländer sei für diese Autoritären nur ein Lockmittel. „In Wahrheit geht es ihnen um die Abschaffung der Moderne. Dass Frauen arbeiten gehen, ohne sich dafür entschuldigen zu müssen; dass Chefs ihre Unternehmen nicht mehr nach Gutsherrenart führen; dass schwule Paare ohne Angst vor Repression durch unsere Straßen gehen – all das soll nicht mehr selbstverständlich sein.“

Trump werde im Amt zwar seine Sprache zivilisieren, „aber seine Anhänger werden von ihm die Einlösung seines Versprechens einfordern: Amerika zurück in die Zeit vor John F. Kennedy zu führen“.

Vor allem die Sozialdemokraten müssten aus Trumps erfolgreichem Wahlkampf Konsequenzen ziehen und sich wieder stärker auf die Menschen konzentrieren, „für die unsere Partei vor über 150 Jahren gegründet wurde. Wer die Arbeiter im `Rust Belt` verliert, den können die Hipster in Kalifornien nicht mehr retten“.

(dts Nachrichtenagentur)

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