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Katastrophale Haltungsbedingungen in Dammheim: Unterstände müssen beseitigt werden

4. November 2016 | Kategorie: Landau, Regional
Pferdehaltung, wie sie nicht sein soll: Die beiden alten Pferde sind völlig abgemagert. Fotos: Luppert

Pferdehaltung, wie sie nicht sein soll: Die beiden alten Pferde sind völlig abgemagert.
Fotos: Luppert

Landau-Dammheim. In Landau-Dammheim beschäftigt seit über einem Jahr ein Tierhalteproblem Bürger, Tierärzte und Tierschutzorganisationen.

Mittlerweile ist die Situation mehr als ernst, Handlungsbedarf ist geboten – ein Schreiben ging an verschiedene Politiker mit der Bitte um Hilfe in diesem Fall. Und man wandte sich auch an die örtliche Presse.

Zwei Tierschützerinnen hatten schon im letzten Jahr festgestellt, dass in Dammheim an einem Wäldchen zwei alte Pferde auf einer Koppel stehen. Auf der Koppel befände sich ein halb zusammengebrochener Unterstand, berichteten die beiden Frauen.

Die Pferde seien außerdem sehr mager und würden nur unzureichend mit Futter versorgt. Eine der beiden Tierfreundinnen hatte wohl auch die Möglichkeit, mit dem Besitzer der Tiere zu sprechen. Es seien seine zwei alten Reitpferde, die hier ihr Gnadenbrot bekämen, habe der Mann gesagt.

Da dieses offensichtlich zu spärlich war und der Pferdebesitzer, so schien es, uneinsichtig, kaufte eine der beiden Frauen wöchentlich einen 20-Kilo-Sack Pferdemüsli und fütterte dies morgens den beiden Pferden zu. Der Pferdebesitzer hatte nichts dagegen – jedoch entstanden der Tierfreundin für ihre gute Tat monatlich Mehrkosten von 80 Euro.

Der nächste folgerichtige Schritt war für die Frau, beim zuständigen Amtsveterinär anzurufen.
Dieser habe sich die Pferdehaltung angesehen, den Unterstand beanstandet und den Pferdebesitzer aufgefordert, dies zu beheben. Er habe jedoch am Futterzustand der beiden Pferde nichts zu bemängeln gehabt.

Dieser Zustand sei bei alten Pferden normal, so der Veterinär. Er habe geraten, die Zufütterung einfach zu unterlassen. Doch die Pferde taten der Frau leid und sie machte weiter.

Im Herbst 2015 kam sie an die Koppel und entdeckte zu ihrer großen Verwunderung drei weitere Pferde auf der Koppel. Er habe seinen drei Töchtern jeweils ein eigenes Pferd gekauft, so der Eigentümer, und habe die Tiere aus „schlechten Verhältnissen“ übernommen.

Weitere Gespräche mit dem Veterinär und Kontrollen seinerseits hätten zu keinen Beanstandungen geführt, berichtet Tierschützerin Sabine Luppert, die sich mittlerweile der Sache zusammen mit Doris Dühr-Bien , Tierärztin und Vorsitzende des Eselpferdehofs Südpfalz, einem Gnaden- und Begegnungshof, der von Schüler für Tiere administrativ verwaltet wird, angenommen hat.

„Die unhygienischen, teils vermüllten Zustände auf der Koppel sowie eine Mistlagerung unbefestigt auf dem blanken Erdboden interessierten den Amtsveterinär offensichtlich nicht. Zu der unzureichenden Unterstandsfläche, die ja nur für zwei Pferde dimensioniert gewesen ist, hatte er den Pferdebesitzer aufgefordert, einen zudem ungenehmigten Bau im Außenbereich auch noch zu vergrößern. Und so baute dieser noch einen weiteren Verschlag mit LKW-Plane, ebenfalls ungenehmigt hinzu“, so Dühr-Bien.

Dass hier „zwei Alte Pferde zusammen mit drei jüngeren und stärkeren Pferde vermutlich in Zukunft noch weniger an das wenige Futter gelangten“, hätte den Amtstierarzt „nicht weiter interessiert.“ Er habe aber versprochen, die Haltung weiter im Auge zu behalten.

Die Tierfreundin habe dann auch die Zufütterung eingestellt, berichtet Dühr-Bien, da sich die zwei alten Pferde ohnehin nicht mehr an den Zaun heran trauten, wo sie sie früher gefüttert worden waren: “ Sie wurden von den jungen Pferden verdrängt“.

Als nun besagte Tierfreundin wieder aktiv wurde, habe sie die alten Pferde in einem katastrophal abgemagerten Zustand vorgefunden: „Der Hufzustand ist ebenfalls absolut ungepflegt und das Gelände weiterhin unbefestigt, matschig und vermüllt“. Es sei weder Heu noch Stroh auf dem Grundstück gewesen, nur Mist und Schlamm, das Gras komplett abgefressen.

Tierärztin Doris Dühr-Bien fragt fassungslos: „Wie kann es sein, dass ein Amtsveterinär solche Pferdehaltungen als korrekt einstuft? Wieso kann im Außenbereich ein Unterstand für fünf Pferde ohne Baugenehmigung erstellt und geduldet werden?

Wieso fordert ein Amtstierarzt einen Pferdehalter, der einen baurechtlich ungenehmigten Unterstand für Pferde erstellt hat auch noch auf, diesen um das Doppelte zu vergrößern? Warum werden vom Umweltamt solche vermüllten Grundstücke über Jahre toleriert?

Warum wird eine Mistablagerung ohne unterliegende Betonplatte oder Lagerung auf einem Mistwagen vom Wasseramt nicht geahndet?

Warum involviert der mehrfach kontrollierende Amtstierarzt nicht die anderen hier zuständigen Ämter?“

Man könne sich dem Eindruck nicht entziehen, dass man es sich hier einfach nur einfach machen wolle, so Dühr-Bien: „Bürger mit Mitgefühl für Tiere, Ordnungs- und Natursinn möchten solche Anblicke nicht haben und fragen sich mit Recht, warum die zuständigen Ämter im Sinne des Bürgerwohles und natürlich auch zum Wohle der Tiere hier nicht schon längstens tätig geworden sind und solche katastrophalen Missstände komplett abstellen!“

Man spürt die Verärgerung der Tierärztin, die allgemein beklagt, dass Pferde sehr oft – auch in der Südpfalz – in die Hände von, wie sie es nennt, „Dilettanten“ geraten, die weder über Wissen, Zeit noch Geld für eine Pferdehaltung verfügten.

Pferdehaltung sei mit großem Aufwand verbunden, den Viele nicht leisten könnten. Ausgemusterte Pferde wie Schulpferde oder Rennpferde, wie im Fall des getöten Pferdes in Landau, das noch bis vor kurzem Rennen lief, würden von eben solchen Leuten aufgekauft.

„Will man warten, bis die Tiere einfach so zusammenbrechen, wenn es erst richtig nass und kalt ist?“, fragen Luppert und Dühr-Bien entrüstet und denken dabei an die beiden alten Dammheimer Pferde.

Die bräuchten eine angemessene Fütterung, getrennt von den anderen kräftigen Pferden, sie bräuchten eine Möglichkeit, sich im Trockenen hinlegen zu können, Thermodecken und natürlich einen Unterstand, der vor Wind und Wetter schützen kann.

Im Übrigen wäre es sinnvoll, dem Pferdehalter von amtstierärztlicher Seite eine Frist zu setzen mit Androhung eines Bußgelds, so die Tierärztin.

„Hier sind Missstände da, die bagatellisiert werden“. Auch von den Pferden in der Presse als „Gäule“ zu sprechen, sei unangebracht: „Das hört sich nach schlechter Ware und Schlachtvieh an“.

Die Frage bleibt, ob und wie die Behörden in diesem Fall weiter verfahren, ob und wann sie tätig werden und ob der Pferdebesitzer seiner Verantwortung den Tieren gegenüber gerecht wird oder im besten Fall, die Pferde abgibt, bevor es für sie zu spät ist. (Bildergalerie ganz unten)(desa)

Stellungnahme der Abteilung Veterinärwesen und Landwirtschaft der Kreisverwaltung SÜW:

„Die angesprochene Pferdehaltung ist hier im Hause bekannt. Dass das Veterinäramt diese Haltung als „korrekt“ eingestuft habe und untätig war, trifft jedoch nicht zu.

Es wurden mehrfach entsprechende Auflagen zur dringend gebotenen Verbesserung der Haltung gemacht.

So wurde beispielsweise eine große überdachte Heuraufe gebaut, die den Pferden das erforderliche Raufutter beliebig in akzeptabler Qualität garantierte.
Beschwerden wurde stets umgehend nachgegangen.

Negativ fiel diese Haltung v.a. in den Wintermonaten durch aufgeweichte Bodenverhältnisse auf.
Punktuell wurde diese Pferdehaltung über das Jahr hinweg mehrfach inspiziert. In der warmen Jahreszeit mit entsprechender Vegetation war diese Haltung noch im Rahmen tierschutzrechtlicher Belange akzeptabel.

Die jüngste Beschwerde datiert vom 26. Oktober 2016. Am darauffolgenden Morgen (27. Oktober) wurde die Pferdehaltung sofort überprüft; fünf Pferde wurden angetroffen, wovon sich drei in guter Kondition befanden, die zwei alten Pferde in einem sehr mäßigen bzw. schlechten Ernährungszustand.

Die Heuraufe war bis oben hin gefüllt, auch war Graswuchs in einigen Arealen der Koppel durchaus sichtbar und keineswegs völlig abgenagt.

Da nicht alle Pferde von starker Magerkeit betroffen waren, spricht dies nicht für eine generelle Unterversorgung der dortigen Tiere.

Die Pferde werden morgens und abends von ihrem Besitzer individuell mit Kraftfutter versorgt und erhalten Heu nach Belieben.

Das Problem stellen die alten Pferde dar: Der eine Fuchswallach ist nahezu 30 Jahre alt und hat gerade in diesem Jahr stark abgebaut, ein Indiz dafür, dass ein altersbedingter Verfall eingesetzt hat, der nicht mehr aufzuhalten ist.

Bei dem Schimmelwallach, 24jährig, handelt es sich um ein übergroßes Warmblut, das in dieser Größe nicht selten zu Knochigkeit und Schwerfuttrigkeit neigt und daher auch aufgrund des vorgeschrittenen Alters nur schwer in eine deutlich bessere Kondition zu bekommen ist.

Tatsache ist, dass es solche Pferdegreise früher nicht gab und diese spätestens, wenn der sichtbare Verfall einsetzte, abgeschafft wurden.

Heute werden solche Individuen teilweise noch weiter gehalten – manchmal unter den Augen der Öffentlichkeit, was immer wieder zu erheblicher Kritik führt. So lange solche Pferde ansonsten aber noch unauffällig und munter sind, ist ihre Tötung nach dem Tierschutzgesetz keineswegs dringend geboten.

Mit dem Tierhalter wurde noch am selben Tag persönlich Kontakt aufgenommen und folgende Auflagen gemacht, die umgehend zu erfüllen sind:
– Tierärztliche Kontrolle der Zähne und ggf. erforderliche Behandlung bei den beiden alten Pferden
– Instandsetzung des beschädigten 2. Unterstandes (mit dieser wurde bereits begonnen)
– Säuberung und Einstreu der beiden Unterstände
– Auffüllung des vermatschten Bereiches um die Futterstelle und die Unterstände mit beispielsweise Holzhackschnitzeln

Die Erfüllung der o. a. Auflagen wird zeitnah kontrolliert, das Ergebnis der tierärztlichen Zahnuntersuchung in den nächsten Tagen bleibt abzuwarten. Ggf. sind dann noch weitere Maßnahmen zu ergreifen.

Eine Aufstallung der beiden alten Pferde erscheint nach glaubhafter Versicherung des Besitzers problematisch, da bereits entsprechende Versuche in der Vergangenheit nicht den gewünschten Erfolg hatten, da die Tiere die Freiheit im Herdenverband kennen und in Boxen unruhig sind.

Der Vorwurf, die alten Pferde würden von den jüngeren abgedrängt, trifft insbesondere bei dem Schimmelwallach nicht zu, da dieser nach wie vor der Rudelführer ist.“

Neue Entwicklung: Pferdeunterstände müssen beseitigt werden (8. November)

Wie eine Anfrage des Pfalz-Express an die Stadt Landau ergab, müssen die Pferdeunterstände beseitigt werden.

Der Besitzer der Pferde wird durch einen Brief der städtischen Baubehörde in den nächsten Tagen davon in Kenntnis gesetzt.

Er hat dann Gelegenheit, sich binnen vier Wochen dazu zu äußern. (desa)

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6 Kommentare auf "Katastrophale Haltungsbedingungen in Dammheim: Unterstände müssen beseitigt werden"

  1. Anonymous sagt:

    Aber wehe, man zahlt keine Rundfunk- Zwangsabgabe, da droht das Ordnungsamt mit Pfändung. Die Welt ist ein Irrenhaus, aber hier in Deutschland ist die Zentrale.

  2. hastreiter sagt:

    Ich gehe natürlich davon aus das der Pfalz Express vor Ort war und die tiere selbst in Augenschein genommen hat. Sicher wurde auch mit dem Besitzer gesprochen und seine Sicht der Umstände angehört?
    ganz bestimmt wurde das , sonst wäre es ja unseriöser Jornalismus, und das liegt euch doch sicher fern 😉

  3. Redaktion sagt:

    Hallo sehr geehrter Herr Hasreiter (Klarnamen weiß ich leider nicht),

    selbstverständlich waren wir das. Sie können davon ausgehen, dass wir da selber nachschauen, da wir uns auch privat dem Tierschutz verbunden fühlen.

    Gerne kann sich der Besitzer mit uns in Verbindung setzen und seine Sicht der Dinge darlegen.

    Was unseriös is,t lassen wir dahingestellt sein…Da könnte man trefflich streiten….
    Beste Grüße, Ihre Redaktion

  4. Ambrosia sagt:

    Auf solche Amtstierärzte kann man verzichten, sofort entlassen!! Aber nein, das geht ja nicht, die bekommen ja Beamtenpension. Also vorzeitig in den bestbezahlten Ruhestand schicken.
    Anonymus hat recht.

  5. Hastreiter sagt:

    Ich habe nun nochmal mit dem Besitzer gesprochen, es hat niemand vom Pfalzexpress gesprochen.
    soviel zu seriös!

    Macht doch lieber einen Aufruf zu einer tollen Hiflsaktion , anstatt Halbwahrheiten zu verbreiten.

    Interessieren würde mich außerdem, wieviel antworten eurerseits nicht freigeschaltet werden. So kann natürlich auch ein einseitiger Eindruck entstehen. 😉

    • Redaktion sagt:

      Sehr geehrter Herr H., (Ihren Namen haben Sie uns immer noch nicht verraten)

      Zu Punkt 1) Es stimmt, wir haben nicht mit dem Besitzer gesprochen. Er kann sich natürlich jederzeit mit uns in Verbindung setzen. Gerne auch per Mail oder über diese Kommentarfunktion.

      zu 2) Wir machen seriösen Journalismus, auch wenn Sie das bestreiten.

      Zu 3) Vorschläge! Wir verbreiten keine Halbwahrheiten, sondern können nur bestätigen, dass die Unterbringung nicht in Ordnung ist.

      Zu 4) Bei uns werden alle Kommentare frei geschaltet, insofern kann kein einseitiger Eindruck entstehen. Wir behalten uns allerdings vor, Kommentare, die zu Hass aufrufen oder Beleidigungen enthalten zu kürzen oder abzulehnen – das ist übrigens seriöser Journalismus.

      Mit freundlichen Grüßen!