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70 Jahre CDU Kreis Germersheim: „Wir haben eine ethisch-moralische Verantwortung“

9. Januar 2016 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional
Neujahrsempfang und 70 Jahre Jubiläum der CDU Kreis Germersheim in der Wörther Festhalle. Fotos: pfalz-express.de/Licht

Neujahrsempfang und 70 Jahre Jubiläum der CDU Kreis Germersheim in der Wörther Festhalle.
Fotos: pfalz-express.de/Licht

Wörth – Die CDU Kreis Germersheim feiert in diesem Jahr ihren 70-jährigen Geburtstag.

Es seinen die ersten Wochen des Jahres 1946 gewesen, als sich die Anfänge der CDU gestaltet hätten, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete für die Südpfalz, Dr. Thomas Gebhart, in der Wörther Festhalle.

Dort hatte der CDU Kreisverband Germersheim am 7. Januar beim Neujahrsempfang sein stolzes Jubiläum gefeiert. Man hatte sich für ein neues Konzept entschieden: Statt eines prominenten Festredners gab es eine Podiumsdiskussion.

Die Zeit damals sei für die Menschen alles andere als einfach gewesen, betonte Gebhart: „Viele hatten materielle Sorgen, aber haben sich dennoch aufgemacht, etwas für die Heimat zu tun und den Anfang der jungen Demokratie zu gestalten.“

Dr. Thomas Gebhart.

Dr. Thomas Gebhart.

Die Geschichte der CDU sei zum großen Teil auch die Geschichte des Landkreises, der gut da stehe als „wirtschaftliche Top-Region mit schöner Landschaft und wunderbarer Lebensart.“

Was CDU auszeichne, sei der Anspruch, eine klassische Volkspartei zu sein – für Alle, so Gebhart.

Tatsächlich habe es nur wenige Abgeordnete und Landräte gegeben, da „alle lange gewirkt haben.“ Dennoch sei die CDU die Partei mit den meisten jungen Mandatsträgern im Kreis.

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Zum Thema Rheinbrücke wollte sich Gebhart an diesem Festabend nicht weiter äußern, aber für ein kurzes Statement reichte es doch: „Die Verzögerungen beider Landesregierungen ist alles andere als verantwortlich.“

Gebhart und Brandl sprachen von einer „CDU-Familie“, in der man zusammenhalte, auch gerne diskutiere, dies aber stets fair geschehe.

„Chance, das Heft in die Hand zu bekommen“

Wörths Bürgermeister Harald Seiter betonte, dass es immer wieder CDU-Kandidaten gewesen seien, die die Direktwahl in den Landtag gewonnen hätten.

Harald Seiter.

Harald Seiter.

Nun sei mit der Landtagswahl am 13. März die Chance da, das Heft wieder in die Hand zu bekommen.

„Wahlen gewinnt man, wenn man den Bürgern ehrlich gegenübertritt und keine uneinlösbaren Versprechungen macht“, so Seiter.

„Verantwortung für die nächsten Generationen“

Landrat Dr. Brechtel markierte den Beginn der neuen Epoche in den Mitte-Vierzigerjahren mit der Hinrichtung Hermann Görings. Im gleichen Jahr seien zum Beispiel auch Howard Carpendale, Uschi Obermaier, Geroge Bush oder Bill Clinton geboren worden.

Die „Zeit“ wurde gegründet – als erste freie Presse in Deutschland. Und natürlich die CDU, die sich christlichen Werten, freiem Unternehmertum und dem Schutz der freien Persönlichkeit verschrieben hätte, so Brechtel.

1946 gab es etwa 64.000 Einwohner im Kreis – heute hat sich die Einwohnerzahl verdoppelt. Das Einkommen indes sei um das 22-fache gestiegen, berichtete der Landrat.

Dr. Fritz Brechtel.

Dr. Fritz Brechtel.

„Ich empfinde große Dankbarkeit und Respekt vor der Leistung unserer Eltern und Großeltern, die diese Existenzgrundlage für uns geschaffen haben. Unsere Aufgabe ist es nun, dasselbe für unsere Kinder und Enkel zu tun“, sagte Brechtel.

Julia Klöckner lässt grüßen

Alsdann kam eine Grußbotschaft der Landes-CDU-Vorsitzenden und Spitzenkandidatin Julia Klöckner per Videoaufzeichnung: „Vieles – nicht alles – liegt in unserer Hand, was wir leisten können für ein gelingendes Zusammenleben.“

Videobotschaft Julia Klöckner.

Gespräche

Zur Podiumsdiskussion, die eigentlich mehr ein Podiumsgespräch war, fanden sich unter der Moderation von Thomas Gebhart und Martin Brandl (Landtag) die ehemaligen Abgeordneten Dr. Heiner Geißler (Bundestag) und Manfred Kramer (Landtag) mit dem Kreisvorsitzenden der Jungen Union, Gregory Meyer, und seiner Stellvertreterin Julia Zöller ein.

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Die Jungpolitiker berichteten über ihre noch frischen Anfänge in der Politik und ihre Gründe, der Jungen Union beizutreten. Beide sahen ihre Anliegen in der CDU am meisten vertreten.

Zöller gründete den Gemeindeverband Lingenfeld, der Rülzheimer Meyer sagte, die CDU habe am ehesten seinen Einstellungen entsprochen.

Der langjährige Landtagsabgeordnete Manfred Kramer, heute Ehrenvorsitzender der Kreis-CDU und 1966 in die Junge Union eingetreten, schilderte seine Anfänge in Bellheim, seine Initiative, bei der Kandidaten die Wahlkampfplakate selbst kleben sollten, um dabei mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen.

Auch die „Klingeltour“, der Wahlkampf an der Haustür, ging auf sein Konto.

Manfred Kramer.

Manfred Kramer.

Es habe viel gebracht und habe Spaß gemacht: „Eine große Gemeinschaft, die da für die CDU marschiert ist – so haben wir 1971 die Stimmenmehrheit für Helmut Kohl gewonnen.“

Die Wahlkämpfe seien damals härter gewesen, so Kramer, aber „man konnte kämpfen, ohne dass der Andere gleich beleidigt war.“

In diesem Zusammenhang nannte er Oskar Böhm (SPD), jahrzehntelang Bürgermeister von Kandel, der in diesen Tagen 100 Jahre alt geworden wäre. Mit ihm habe er viele konstruktive Dinge diskutiert, „aber in der zweiten Reihe haben viele die Messer gewetzt.“

Kramer war auch im Arbeiterflügel der CDU, der CDA, aktiv und saß 22 Jahre im Landtag, bis er sein Mandat 2003 abgab. Nachrücker war Thomas Gebhart. Für diesen wiederum rückte Martin Brandl nach, als Gebhart in den Bundestag gewählt worden war.

Politik-Urgestein, Buchautor, Stuttgart 21-Schlichter und attack-Mitglied Heiner Geißler, ehemaliger CDU-Generalsekretär und Bundesminister – seinerzeit der „Schwarze General“ genannt“ – , dominierte wie bei seinen anderen Auftritten die Veranstaltung.

Auch er, einer der „besten Redner der Bundesrepublik“ (Gebhart), erzählte von seinen Anfängen („ein baden-württembergischer Abgeordneter wird plötzlich rheinland-pfälzischer Minister“) und seiner Motivation, 1953 der CDU beizutreten.

Heiner Geißler.

Heiner Geißler.

Geißlers Vater war Abgeordneter der Zentrumspartei in der Weimarer Republik. Damals hätten die Demokraten geschlafen und die Nazis dadurch gewonnen, zitierte er den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker.

Die CDU habe die Vergangenheit überwunden, sei eine Partei, die sich ein ethisches Fundament gegeben und die Spaltung der Konfessionen überwunden habe: „Quasi die erste ökumenische Organisation.“

Nun sei sie eine Zukunftspartei, die eine moderne Sozial- und Wirtschaftsphilosophie entwickelt habe. Und eine Europa-Partei: „Wir sind damals alle eingetreten, weil wir keinen Nationalstaat wollten, sondern diesen überwinden. Wir wollten die politische Union Europas. Deshalb muss die CDU weiterhin die Europa-Partei bleiben.“

Für ihn stehe klar fest: Der Grund für das Vertrauen in die CDU sei der Wunsch der meisten Menschen nach einem ethischen Fundament in der Politik. Im Fall der CDU sei das das Christliche Menschenbild.

Ohne ein solches Fundament werde die Politik „flatterhaft und wetterwendisch“. Man könne am Beispiel der SPD sehen, wo eine Partei lande, „wenn die Führer die Seele der Partei verraten, so wie Gerhard Schröder es mit der Agenda 2010 gemacht hat.“

„Europa macht mir Sorgen“

Momentan stehe man vor „ganz ernsthaften Herausforderung“. Deutschland profitiere am meisten von der Globaliserung, sei eine der führenden Exportnationen der Welt. „Wer vorschlägt, die Grenzen dichtzumachen, schießt sich ins eigene Knie.“

Hart ins Gericht ging Geißler mit der Wirtschaftspolitik der EU und der USA. Diese sei mitverantwortlich für die derzeitige Flüchtlingssituation.

Mit massenhaftem Export von Nahrungsmitteln in Entwicklungsländer würde die dortige Landwirtschaft ruiniert: „ Wir machen diese Leute kaputt. In der Gründungsordnung der CDU steht, dass wir den Kapitalismus ablehnen. Einige wenige Konzerne verdienen sich dumm und dämlich, der Rest muss hungern. DAS sind die Ursachen für die Flüchtlingsströme.“

Die CDU müsse alles dafür tun, dass eine erfolgreiche Wirtschaft in die ganze Welt exportiert werde: „Sonst wird die Flüchtlingsbewegung weitergehen. Europa muss sich einigen in der Bewältigung dieser Aufgabe.“

Durch die vielen Flüchtlinge würden auch die „Rechten“ wieder erstarken und „frech werden“, erregte sich Geißler.  Demokratische Parteien dürften sich diese Beschimpfungen nicht gefallen lassen.

Als wichtigste Errungenschaft der vergangenen Jahrzehnte und gleichtzeitig auch seine persönlichen Höhepunkte nannte Geißler die deutsche Einheit und die deutsch-französische Freundschaft, die es zu bewahren gelte: „Der derzeitige Zustand Europas macht mir Sorgen.“

Jungpolitiker kennen nur Rot-Grün

Auf Brandls Frage, wie sie sich die politische Zukunft vorstellten, setzen Gregory Meyer und Julia Zöller auf „Gespräche und Offenheit“. Das Persönliche zu den Bürgern müsse immer vorhanden sein, sagte Zöller.

Für Meyer ist wichtig: „Wahlkämpfe sollten nicht persönlich, sondern inhaltlich geführt werden.“

Auch verstehe er die derzeitige Unzufriedenheit der Bürger: „Man sollte mit den Menschen mitgehen und zuhören. Ein `Wir schaffen das` ist nicht genug. Ein klarer Plan wäre hilfreich, um wieder mehr Menschen der Demokratie zuzuwenden.“

Julia Zöller und Gregory Meyer.

Julia Zöller und Gregory Meyer.

Ziel ist natürlich auch für diese Beiden der Gewinn der Landtagswahl. Beide kennen bislang altersgemäß nur die Rot-Grüne-Landesregierung, was Martin Brandl halb scherzhaft als einen „bitteren Fakt“ bezeichnete.

Zeitdokumente

Der Neujahresempfang wurde mit einer kleinen Ausstellung garniert. Fotos, Plakate und Zeitungsausschnitte dokumentierten für die etwa 120 Gäste 70 Jahre CDU Kreisverband.

Die junge Pianistin Evelyn Ruf (1. Preis beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ in der Kategorie „Klavier solo“) untermalte den Abend musikalisch. (cli)

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2 Kommentare auf "70 Jahre CDU Kreis Germersheim: „Wir haben eine ethisch-moralische Verantwortung“"

  1. Sepp Böckmann sagt:

    Die CDU im Landkreis Germersheim hat an ihrem „stolzen“ Jubiläum noch ein paar Leistungen vergessen: Nicht nur die Einwohnerzahlt hat sich seit 1946 verdoppelt (was kaum Verdienst der CDU sein dürfte, genausowenig, wie die Einkommenserhöhungen): Besonders unter dem CDU-Landrat Dr. Fritz Brechtel hat sich der Schuldenstand des Landkreises in den letzten Jahren rasant auf über 130 Millionen Euro erhöht. Glückwunsch!

    Da mutet es schon fast als Realsatire an, wenn Herr Brechtel über die Leistungen unserer Eltern und Großeltern philosophiert, unseren Kindern und Enkeln faktisch aber einen rekordverdächtigen Schuldenberg hinterläßt.

    Auch spannend die Aussagen des linken Heiner Geißler: „Wir sind damals alle eingetreten, weil wir keinen Nationalstaat wollten, sondern diesen überwinden. Wir wollten die politische Union Europas. Deshalb muss die CDU weiterhin die Europa-Partei bleiben.“ Die Überwindung des Nationalstaates also – hört man doch eigentlich nur von der linksradikalen Antifa. Aber ok; die CDU wird ja nicht umsonst mittlerweile von der Mehrheit der Bundesbürger als „linke Partei“ angesehen.

    „Durch die vielen Flüchtlinge würden auch die „Rechten“ wieder erstarken und „frech werden“, erregte sich Geißler.  Demokratische Parteien dürften sich diese Beschimpfungen nicht gefallen lassen.“ Guter Witz, Herr Geißler! War es doch die Führerin Angela Mekrel der „demokratischen CDU“, die sich nicht erst die letzten Monate über Gesetze und Abkommen hinwegsetzt und die ganze Welt nach Deutschland eingeladen hat. Die Früchte dieser unverantwortlichen und gesetzeswidrigen Politik können wir gerade in ganz Deutschland bewundern (Köln, Stuttgart, Bielefeld etc. pp.). Aber schon klar: Wer jetzt meckert, kann natürlich nur Rechts und frech sein. Schau mer mal, wie das die Wählerinnen und Wähler am 13. März sehen.

    Der Knüller kommt zum Schluß: „Man könne am Beispiel der SPD sehen, wo eine Partei lande, „wenn die Führer die Seele der Partei verraten, so wie Gerhard Schröder es mit der Agenda 2010 gemacht hat.“ Und das von der CDU…

    • Danny G sagt:

      Ich bin der Überzeugung, dass die Mehrzahl, der auf der Veranstaltung anwesenden Politiker, noch nicht in der Realität des Jahres 2016 angekommen sind.
      Maulkorb und schönreden längst vergangener Taten, ignorieren aktueller Notwendigkeiten..
      Herr Geißler erinnert mich persönlich immer mehr an Gerhard Schröder in der Elefantenrunde nach seiner „gewonnenen“ Wahl..

      Die Welt scheint aus einer Dienstlimousine anders auszusehen als sie wirklich ist….