Mittwoch 12.November 2025

Wirtschaftsforum DÜW – Professorin Rump: Veränderung ist der neue Normalzustand

10. Oktober 2025 | Kategorie: Kreis Bad Dürkheim, Regional, Wirtschaft in der Region

V.li.: Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld, Professorin Jutta Rump und Thomas Distler, Geschäftsführer der Strukturentwicklungsgesellschaft.
Foto: KV DÜW

DÜW – Das Thema „Ausbildung und Beschäftigung im Landkreis Bad Dürkheim in Zeiten des Fachkräftemangels“ stand im Mittelpunkt des diesjährigen Wirtschaftsforums der Strukturentwicklungsgesellschaft des Landkreises Bad Dürkheim und der Sparkasse Rhein-Haardt.

Austragungsort war das Kreishaus, Referentin des Abends war Professorin Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen.

Landrat Ihlenfeld: „Fachkräftemangel ist zentrales Thema“

In seiner Einführung sprach Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld vom „Fachkräftemangel als zentralem Thema für Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft in schwierigen Zeiten“. Hohe Lohn- und Energiekosten sowie eine teilweise schwache Nachfrage führten dazu, dass Unternehmen schließen oder Mitarbeiter entlassen müssten. „Wenn weniger Menschen ein sicheres Einkommen haben, bezahlen sie weniger Steuern und geben auch weniger Geld aus, das wiederum als Einnahmen bei Unternehmen fehlt. Zugleich sehen wir hier in der Verwaltung stetig steigende Belastungen, vor allem im sozialen Bereich“, berichtete Ihlenfeld.

Diese Entwicklung habe auch direkte Auswirkungen auf den Kreishaushalt. Für 2026 sei erneut von einem zweistelligen Defizit auszugehen, „und wir reden nicht von zehn, sondern eher von 30 Millionen“.

Zur ohnehin schwierigen wirtschaftlichen und geopolitischen Lage komme nun der immer deutlicher werdende Fachkräftemangel hinzu. Dieses Thema sei bewusst für das Wirtschaftsforum gewählt worden, „weil es wichtig ist, dass wir in der Region im Gespräch sind und uns über Entwicklungen austauschen, auch darüber, wie wir Nachwuchskräfte gewinnen und Mitarbeiter an uns binden können“, so der Landrat weiter.

Professorin Rump: Generationen, Wandel und neue Arbeitsrealitäten

In ihrem Vortrag beleuchtete Professorin Jutta Rump verschiedene Aspekte des Arbeitsmarktes – vom vermeintlichen Generationenkonflikt über die Vielzahl an gleichzeitigen Transformationen bis hin zur Frage, wie Unternehmen und Verwaltungen in diesen Zeiten attraktive Arbeitgeber bleiben können.

Zum Thema Generationen sagte Rump, sie selbst gehöre zur Generation der Babyboomer: „Wir waren viele, es gab wenige Ausbildungsplätze, ich habe zig Bewerbungen geschrieben und dem Unternehmen, das mich genommen hat, sozusagen die Treue geschworen. Ich habe gelernt, meinen Kopf unter den Arm zu nehmen und mich anzupassen. Das ist Teil meiner Sozialisation.“ Diese Generation sei geprägt von Fleiß, Pflicht und Disziplin.

Demgegenüber stehe die junge Generation, die sehr genau wisse, dass sie angesichts des Fachkräfte- und Nachwuchsmangels ein knappes Gut sei. „Folglich wollen sie es schön und gut haben im Berufsleben, sie wollen wegen allem gefragt werden und brauchen Work-Life-Balance.“

Die Leistungsbereitschaft sei dabei durchaus vorhanden: „Aber ihre Arbeit muss Spaß machen, sinnvoll sein und eine Perspektive bieten. Da stelle ich mir die Frage: Bin ich der Entertainer meiner jungen Mitarbeiter? Wenn ich an den Leistungsdiamanten will, ist die Antwort: Ja!“, betonte Rump.

Mit Blick auf die Unterschiede zwischen den Generationen sagte sie: „Wenn man das aus aktueller Sicht betrachtet, rasen da gerade zwei ICEs aufeinander zu – und das in Zeiten, in denen wir zueinander stehen müssten, anstatt uns in einem Generationenkonflikt zu verlieren. Das können wir uns in der heutigen Zeit gar nicht leisten.“

Veränderung ist der neue Normalzustand

All dies geschehe, so Rump, in einem übergeordneten Kontext: „Eingerahmt von der demografischen Entwicklung, erleben wir eine ökonomische, digitale und ökologische Transformation.“ Besonders im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) müsse sich jeder bewusst machen: „Das wird in jede Ritze unseres Lebens eindringen, da bleibt kein Stein auf dem anderen.“

KI bringe jedoch auch neue Herausforderungen mit sich. Einerseits führe sie zu einer Explosion des globalen Energieverbrauchs, ein direkter Bezug zur ökologischen Transformation im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit und Klimawandel. Andererseits löse sie eine ökonomische Transformation aus, da künftig jene Länder die globale Vorherrschaft erringen könnten, „die die Rohstoffe haben und einsetzen können“.

„Vor ein paar Jahren führte Protektionismus zur Deglobalisierung. Derzeit erleben wir einen Protektionismus mit einer Reglobalisierung – und die Karten werden neu gemischt“, erklärte die Professorin. Veränderung sei der neue Normalzustand – „was wir in Echtzeit permanent auf unseren Smartphones gezeigt bekommen“. Auch Zeit werde damit zu einer entscheidenden Ressource.

Drei limitierende Faktoren: Zeit, Geld, Fachkräfte

Für Unternehmen ergeben sich daraus viele Fragen: „Sind all diese Veränderungen gleichzeitig zu bewältigen? Was ist in Zukunft relevant? Gibt es eine Prioritätenliste und wie wird all das bezahlt? Wie bleibt man schneller und besser als der Rest und hält das Personal, das mitdenkt, auf hohem Niveau qualifiziert und kompetent ist und mit dem Betrieb durch gute wie schlechte Zeiten geht?“

Rump identifizierte in dieser neuen Normalität drei limitierende Faktoren: Zeit, Geld und Fachkräfte. Die demografische Entwicklung spiele dabei eine entscheidende Rolle. „Die meisten Babyboomer gehen zwischen 2027 und 2034 in Rente. In der Pipeline ist aber nur die Hälfte der Menschen – für zwei Alte, die gehen, kommt nur ein Junger nach.“ Der Nachwuchs müsse also künftig für zwei arbeiten. „Da scheint es gar nicht mehr so unvernünftig, dass der Nachwuchs uns mit Work-Life-Balance kommt“, merkte sie an.

Strategien für Unternehmen

In diesem Spannungsfeld sei ein klarer Handlungsrahmen nötig. Eine Möglichkeit bestehe darin, für mehr Arbeitszeit zu sorgen, etwa durch die Reduzierung von Teilzeitmodellen. Alternativ könne man in Produktivität investieren, um mit einem kleineren Personalbestand auszukommen. „Dafür muss man auf Basis von Prozessanalyse, -optimierung und -harmonisierung sowie Schnittstellenmanagement Digitalisierung und KI draufsetzen, wo immer es möglich ist.“

Wichtig sei dabei jedoch, die Belegschaft „auf dieser Reise mitzunehmen“. Rump sprach von sogenannten „Klebeeffekten“, die dafür sorgen, dass Mitarbeitende bei einem attraktiven Arbeitgeber bleiben. Dazu zählten Unternehmenskultur, professionelle Führung, Sinnhaftigkeit der Arbeit, gute Aus- und Weiterbildung, ein den Stärken entsprechender Einsatz sowie eine faire Bezahlung.

„Wenn Veränderung auf der Welt der neue Normalzustand ist, dann will ich wenigstens einen zuverlässigen, sicheren Arbeitgeber haben“, erklärte Rump.

Beschäftigungsfähigkeit als Erfolgsfaktor

Zum Abschluss schlug die Professorin den Bogen zu ihrem Forschungsfeld, der Employability. „Bei einem guten Arbeitgeber sind Mitarbeiter kompetent und qualifiziert und bringen ein hohes Maß an Identifikation und Motivation mit. Warum? Weil ihre Beschäftigungsfähigkeit ein wesentlicher Rohstoff und Erfolgsfaktor ist. Ich kann es mir als Arbeitskraft nicht leisten, zu einem Arbeitgeber zu gehen, der mich auspresst wie eine Zitrone. Ich suche nach einem Arbeitgeber, der mit mir an meiner Beschäftigungsfähigkeit arbeitet.“

Nach dem Vortrag nutzten die Besucher noch die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Anschließend klang der Abend beim informellen Austausch im Foyer des Kreishauses aus.

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