Montag, 13. Mai 2024

Stadtrat Kandel übt Kritik an Stadtbürgermeister Niedermeier – Rechnungshof-Prüfbericht weiter Thema

12. Mai 2023 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional

Stadtratssitzung am 11. Mai 2023.
Foto: Pfalz-Express/Licht

Kandel – Viel Kritik an Stadtbürgermeister Michael Niedermeier (CDU) gab es am Donnerstagabend bei der Stadtratssitzung in der Stadthalle. 

Thema Nummer 1 des Abends war der Prüfbericht des Rechnungshofs, der viel Wirbel verursacht hatte. Zur Erinnerung: Ein Bürger hatte eine Eingabe beim Rechnungshof gemacht, weil Niedermeier wegen der rechtswidrigen Kündigung einer Kita-Leiterin Ende 2019 (wir berichteten mehrfach) und eines darauffolgenden Rechtsstreits der Stadt zusätzliche Kosten verursacht haben soll.

Niedermeier hatte seinerzeit eine private Anwaltskanzlei engagiert. Und das, obwohl die Stadt Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) ist und somit Rechtsbeistand gestellt bekommen hätte.

Viel wurde in der regionalen und sogar überregionalen Presse darüber geschrieben. Was bislang fehlte, war ein Statement von Niedermeier selbst. Der Stadtbürgermeister hatte sich nie dazu öffentlich geäußert. 

Nicht erst seit dem Rechnungshofbericht, der Ende März 2023 auf dem Tisch lag, kochen die Emotionen hoch. Nun aber gibt es greifbare Zahlen. Zumindest der Rechtsstreit schlägt mit etwa 15.000 Euro zu Buche. Der Frust der Stadtratsfraktionen machte sich jedoch nicht allein daran fest, sondern es wurde durch die Bank Niedermeiers Amtsführung kritisiert. „Nicht transparent, eigenmächtig, keine Informationen an den Stadtrat oder keine Antworten auf Anfragen – so und ähnlich lauten die Vorwürfe. 

Im Stadtrat bilden CDU, Grüne und FDP eine Koalition. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Jäger-Hott kritisierte, der Stadtrat sei bei fast allen Vorgehen gar nicht oder zu spät eingebunden worden und merkte an Kandels Ruf sei „vernichtet“. Ludwig Pfanger von den Freien Wählern meinte, das Desaster in vielen Bereichen sei auf die „Große Koalition“ zurückzuführen. 

Prüfbericht nicht nur KiTa-Angelegenheit

Niedermeier äußerte sich dieses Mal ausführlich zu den Vorwürfen, stellte aber voran, dass der Prüfbericht „weit mehr“ sei, als in der Presse dargestellt. Es gehe auch um die prekäre Haushaltslage, denn der Haushalt 2022 ist noch immer nicht genehmigt. Unterstützung kam von Judith Vollmer (CDU). Sie betonte, dass Kandel seit 2016 einen rechtswidrigen Haushalt führe. „Wenn man den Rechnungshofbericht auseinander nimmt, muss man auch andere Dinge lesen.“ 

„Stadtrat hätte alles umkehren können“

Niedermeier äußerte sich dann zu den Vorwürfen gegenüber seiner Person und seinem Agieren im Kita-Fall. Zu den Vorfällen um die Kita-Leiterin habe er bewusst nicht gesagt. „Eine Gegendarstellung hätte in der aufgeheizten Stimmung nichts gebracht.“ Vieles habe sich an der Kündigung aufgehängt. 

Weiter schilderte er im chronologischen Ablauf, was sich aus seiner Sicht zugetragen hatte, als er von den Missbrauchsfällen in der Kita Kenntnis erlangt hatte. Er habe viele Gespräche geführt, beispielsweise mit dem Kreisjugendamt, dem Landesjugendamt, mit zahlreichen weiteren Institutionen und mit der Kita-Leiterin selbst.

Fakt sei, dass in „mehreren Sitzungen gesagt wurde, dass die Leiterin nicht tragbar sei und ihr gekündigt werden muss“, so Niedermeier. Er habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und alles am 5. März 2020 mit dem Stadtrat abgestimmt. Der Stadtrat habe jederzeit die Möglichkeit gehabt, jede „Entscheidung zu stoppen bzw. umzukehren.“ 

Er habe jedoch auch Selbstkritik geübt, beteuerte der Stadtbürgermeister, und der Kita-Leiterin seine „tief empfundene Entschuldigung“ angeboten – die sie auch angenommen habe. 

Dass Niedermeier quasi auch die Opposition in Mithaftung nahm, entrüstet Jäger-Hott und Pfanger, die wiederholt darauf beharrten, dass die Informationen seitens des Stadtbürgermeisters zu spärlich oder gar nicht geflossen seien.

Auch Niedermeiers eigene CDU-Fraktion bemängelte die Transparenz von seiner Arbeitsweise. Diese sei „unzureichend und schlampig“, sagte Niklas Hogrefe, der Vorsitzender der Stadt – und Verbandsgemeinde CDU ist. 

Presse gerügt

Deutliche Kritik kam auch von den Grünen – und nicht nur am Stadtbürgermeister. „Die Berichterstattung rund um den Missbrauchsfall in der Kita Wasserturm und der Kündigung der damaligen Leitung widerspricht einem ethischen Umgang und gefährdet nachhaltig lokalpolitisches Engagement“, sagte die Fraktionsvorsitzende Ursula Schmitt-Wagner. 

In der Berichterstattung über Fehlentscheidungen in der Kommunalpolitik mit ehrenamtlich tätigen Entscheidungsträgern solle „größte Sorgfalt“ walten. Das gelte insbesondere in Zeiten, in denen Kommunalpolitiker nehmend von Hass, Hetze und Bedrohung betroffen seien.Die ohnehin schon schwindende Attraktivität ehrenamtlichen politischen Engagements droht dadurch noch weiter befeuert zu werden.“

Allerdings sagte Schmitt-Wagner auch: „Die Grüne Fraktion ist höchstem Maße unzufrieden mit der Ausübung der Amtsgeschäfte durch den Stadtbürgermeister.“ Sie betonte aber gleichzeitig, dass die Beigeordneten (Michael Gaudier, Jutta Wegmann, Dr. Werner Esser) „einwandfreie Arbeit“ leisteten. 

Dubiose Rechnungen

Volker Merkel (CDU) wollte wissen, warum bei vier Märkten im Jahr 2022 Rechnungen an ein privates Unternehmen gezahlt worden seien. Schließlich habe man einen Marktmeister gehabt, der alles in den Jahren zuvor hervorragend gemanagt habe. Da sei „Hilfe“ von privater Seite nicht nötig. Zudem sei undurchsichtig, ob das „Stadtfestival“ nun eine städtische oder eine private Veranstaltung sei, oder ein Mischmasch aus beidem.

Stadtbürgermeister Niedermeier sagte an diesem Abend nichts dazu, versprach aber, bei der nächsten Ratssitzung Klarheit zu schaffen. 

Prüfbericht wird öffentlich ausgelegt

Was also tun in der doch recht verfahrenen Situation? Zunächst einmal wird der Prüfbericht in der Verbandsgemeindeverwaltung an sieben Werktagen während der allgemeinen Öffnungszeiten öffentlich ausgelegt, erläuterte der Fachbereichsleiter Organisation und Finanzen, Jens Forstner. Auch digital soll er einsehbar sein. Wann genau, wird noch bekannt gegeben. Zudem beinhalte der Prüfbericht Handlungsvorgaben. So muss zum Beispiel im Sommer ein Zwischenbericht zu den Kandeler Finanzen abgegeben werden. 

Wer zuständig ist für mögliche Schadenersatzforderungen, die der Rechnungshof anmahnen könnte, müsse erst noch herausgefunden werden, so Forstner. 

Aufwandsentschädigung zurückgenommen

Des Weiteren wurden auf Antrag der SPD-Fraktion die 10 Prozent mehr an Aufwandsentschädigung für den Stadtbürgermeister (2019 eingeführt) wieder zurückgenommen (mehr dazu demnächst). 18 Räte stimmten dafür, zwei enthielten sich, Gegenstimmen gab es nicht.

Ein weiterer SPD-Antrag, den für Stadtbürgermeister für öffentliche Ausgaben frei verfügbaren Betrag von 10.000 Euro auf 5.000 Euro herunterzuschrauben, wurde auf Vorschlag von Niklas Hogrefe bei 10.000 belassen, dafür soll im Stadtrat eine detaillierte Aufstellung der Ausgaben präsentiert werden. Eine Kürzung behindere unter anderem die Arbeit der Beigeordneten, so Hogrefe. Damit war die SPD einverstanden, der Stadtrat stimmte zu. 

Mehr zu den anderen diesen und anderen Themen, die im Rat beschlossen wurden, in Kürze. (cli) 

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