Freitag, 26. April 2024

Rheinzabern: Ich smartphone, also bin ich

16. November 2018 | Kategorie: Kreis Germersheim, Kultur

Ortsbürgermeister Gerhard Beil, Kerstin Püttmann, Naila Alvarengo, Heidrun Paulus und Kerstin Koblitz.
Foto: Beil

Rheinzabern – Wer wagt, gewinnt. In der Tat war der Titel des vhs-Abends gewagt, die Gäste indes waren begeistert von hintergründigen Texten, netter Musik und außergewöhnlichen Bildern.

Erinnerte Ortsbürgermeister Gerhard Beilin seiner Begrüßung an die letztjährige Doppel-Ausstellung „Not macht erfinderisch“ versus „Upcycling“, so zeigte Kerstin Koblitz an mehreren Beispielen unterhaltsam und hintergründig, wie der Mensch zu Dingen steht, mit ihnen Beziehung aufnimmt, mit ihnen kommuniziert und wie die Dinge auch etwas über den Menschen aussagen können.

Ob nützlich oder überflüssig, hängt von den Ding-Mensch-Beziehungen ab. Oft wird dies Menschen erst klar, wenn sie sich von den Dingen trennen müssen.

Ein Stück Seife etwa kann von der Person erzählen, die sie nutzt, von ihrem Geruchssinn, wie sie sich beim Einschäumen freut. Die Seife löst sich für ihren Benutzer sogar auf, bis zur Erschöpfung, glänzt wie ein Zauberstein. Mehr als nur ein Ding zum Reinigen.

Oder ein Aufzug. Er kann zur Horrorkiste werden, wenn er überfüllt ist, Blicklosigkeit und Platzangst produzieren. Der Aufzug schafft soziale Fakten. Ganz anders der gleiche Raum, wenn sich zwei Menschen im Aufzug begegnen und den Blickkontakt suchen, es vielleicht zum Flirt kommt.

Ich smartphone, also bin ich modifizierte Kerstin Püttmann das Zitat von René Descartes – cogito, ergo sum. Ohne Smartphone fühlen sich viele als Nichts. Das Smartphone ist nicht nur Notizbuch, Telefon, Auskunftsmedium u.a.m., es verbindet mit einem Netzwerk, ermöglicht Tele-Kommunikation von nah bis fern. Und wer sich außerhalb dieser Gesellschaft befindet, ist quasi exkommuniziert.

Dinge können auch fremd werden, ihren Wert, ihren Sinn verlieren, nutzlos herumstehen. Wir kennen die „Tücke des Objekts“, wenn ein Brot mit der beschmierten Seite auf den Boden fällt. Schließlich ging es auch um „eingeschnappte“ Türen; Menschen können auch eingeschnappt sein.

Und der Sammler hat besondere Beziehungen zu seinen Objekten, er pflegt Erinnerung als Leidenschaft, denn es „…schläft ein Lied in allen Dingen …triffst du nur das Zauberwort.“(Eichendorff)

Heidrun Paulus (Flöte) und Naila Alvarengo (Klavier) führten die Besucher auf launige Weise durch das Programm, während Kerstin Püttmann ihre Fotografien aus der Miniwelt zeigte, mit denen sie auch schon in einem längeren Beitrag beim SWR zu sehen war.
Ein kurzweiliger vhs-Abend mit Sektpause, für den es reichlich Applaus gab. vhs-Leiter Gerhard Beil dankte mit „Dingen“ – kleinen aber aufschlussreichen Büchlein über Elisabeth Langgässer.

Die Bilder von Kerstin Püttmann im Kleinen Kulturzentrum Rheinzabern sind nochmals bei einer Sonderöffnung am Sonntag, 25.11., 15-17 Uhr, sowie während des Annereslmarkts am ersten Adventswochenende zu sehen. Stadtbahn S 51 und S 52 – Haltestelle Bahnhof.

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