Donnerstag, 25. April 2024

„Respektloser Umgangsstil“: Gabriel rechnet mit SPD-Führung ab

9. Februar 2018 | Kategorie: Nachrichten, Politik
Sigmar Gabriel. Foto: dts Nachrichtenagentur

Sigmar Gabriel.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Berlin  – Der geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel hat seine von der SPD-Spitze geplante Ablösung im Fall einer neuen Großen Koalition bedauert und der Führung seiner Partei einen respektlosen Umgangsstil vorgeworfen.

„Ich habe das Amt des Außenministers gern und in den Augen der Bevölkerung offenbar auch ganz gut und erfolgreich gemacht. Und da ist es ja klar, dass ich bedauere, dass diese öffentliche Wertschätzung meiner Arbeit der neuen SPD-Führung herzlich egal war“, sagte Gabriel.

Er kritisiere die Entscheidung nicht, denn das Recht auf Neubesetzung von Ministerposten habe jede neue SPD-Führung, so Gabriel. Politiker seien „Gewählte und keine Erwählten“.

Doch fügte er hinzu: „Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt.“ Er wisse, dass in der Politik auch schon mal mit harten Bandagen gestritten werde. „Aber es sollte mit offenem Visier erfolgen.“

Gabriel warf der SPD-Spitze indirekt Unehrlichkeit vor: „Ich komme wohl noch zu sehr aus einer analogen Welt, in der man sich nicht immer nur umschleicht, sondern sich einfach mal in die Augen schaut und die Wahrheit sagt. Das ist scheinbar aus der Mode gekommen.“

Gabriel sagte mit Blick auf seine Zukunft: „Für mich beginnt jetzt eine neue Zeit. Zuhause freuen sich schon mal alle darauf.“ Seine kleine Tochter Marie habe ihm am Donnerstagmorgen gesagt: „Du musst nicht traurig sein, Papa, jetzt hast Du doch mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht.“

In den nicht öffentlichen Sitzungen von Vorstand und Bundestagsfraktion der SPD ist es am Mittwoch indes zu deutlicher Kritik an dem geplanten Wechsel von Parteichef Martin Schulz an die Spitze des Auswärtiges Amtes (AA) gekommen. Während die meisten Redner den Koalitionsvertrag und die Ressortverteilung einhellig gelobt hätten, sei Schulz für seine Ambitionen als Außenminister in beiden Sitzungen mehrfach kritisiert worden.

In der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion kritisierten am Mittwochabend etliche weitere Abgeordnete, der geplante Wechsel von Schulz ins AA sei vor dem Hintergrund seiner apodiktischen Festlegung gegen einen Kabinettsposten unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der SPD-Basis nicht zu vermitteln.

Der Wechsel vom Parteivorsitz ins AA sei unglücklich. Außerdem verstärke sie das ohnehin ausgeprägte „starke Misstrauen“ innerhalb der Partei.

Mehrere Parlamentarier klagten, nun werde vor dem Mitgliedervotum der SPD der für sehr gut befundene Koalitionsvertrag von Personaldebatten und den Ärger über Schulz verdrängt. Der noch amtierende Parteichef habe für seine Äußerungen in der Fraktion kaum Beifall erhalten, hieß es in Teilnehmerkreisen.

Kritik an Schulz` Ambitionen hätten dabei nicht die „üblichen Verdächtigen“ unter den Abgeordneten geäußert, sondern eher neue, unbekannte Parlamentarier.

Demzufolge handelte es sich um Vertreter unter anderem aus den pragmatischen Gliederungen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen-Nord. Demnach meldeten sich etwa der Finanzpolitiker Bernhard Daldrup aus NRW und die Bildungsexpertin Daniela De Ridder aus Niedersachsen zu Wort. Mit ihrem gut 20-prozentigen Wahlergebnis habe die SPD „mehr als 50 Prozent des Koalitionsvertrages“ bestimmt, sagte Daldrup nach Informationen der „Welt“.

Die gute Leistung der sozialdemokratischen Verhandler werde „aber jetzt leider durch die Personalentscheidungen überlagert“. Schulz gebühre für seine Arbeit „unser Respekt, aber dennoch kann ich nicht erklären, dass jetzt ein beliebter Außenminister einfach in die Wüste geschickt werden soll“, sagte Daldrup mit Blick auf Sigmar Gabriel.

(dts Nachrichtenagentur)

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Ein Kommentar auf "„Respektloser Umgangsstil“: Gabriel rechnet mit SPD-Führung ab"

  1. Aufgewachte sagt:

    Da muss ich Gabriel zustimmen. Er hat eine sehr ordentliche Arbeit als Außenminister gemacht, und ich persönlich halte ihn trotz einiger früherer etwas polternder Bemerkungen gegenüber Pegida für wesentlich integrer und ehrlicher als Schulz. Im Grunde genommen ist er einer der besten Politiker der SPD.