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Projekt „Schwer begabt“ bringt behinderte Menschen in Arbeit: Betriebe sollen weiter ins Boot genommen werden

14. August 2017 | Kategorie: Kreis Bad Dürkheim, Landau, Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional
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Vordere Reihe v.l.: Maik Leidner, Dirk Bliemeister, Stefanie Leitz (AAW Landau), Peter Humm (Integrationsamt Landau). Dahinter v.l. Liliana Friedrich, Christian Dawo, Markus Landua (BFB Grünstadt), Ursula Rosemann (AAW Landau), Markus Dawo und Patrick Hess (Leiter soz. Hilfsdienste).
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Landau/Speyer/Bad Dürkheim.  Schwer begabt ist ein Unternehmensberatungs-und Integrationsservice in der Südpfalz, der Coaching für Betriebe und schwerbehinderte Arbeitssuchende anbietet.

Es wird vom Bundesministerium für Arbeit gefördert und soll die intensivere Eingliederung schwerbehinderter Menschen im Bezirk der Agentur für Arbeit ermöglichen.

Dazu gehören die Landkreise Bad Dürkheim, Germersheim und Südliche Weinstraße sowie die kreisfreien Städte Landau und Neustadt.

Die drei Bildungsträger BFB in Grünstadt und Neustadt, AAW in Landau und VFBB in Germersheim, führen das Projekt vor Ort durch.

80 Menschen wurden bisher in Arbeit vermittelt, 211 Menschen mit Behinderung haben seit April 2015 freiwillig am Projekt teilgenommen. Sie werden durchschnittlich ein halbes Jahr betreut, bei begründeter Aussicht auf anschließende Integration, auch länger.

Die Betreuung fußt auf individuelle Talente. Eine persönliche „Talent-Mappe“ beschreibt die Einsatzbereiche und Fähigkeiten. Insgesamt wird dadurch eine Einstellung erleichtert und gibt auch dem Arbeitgeber Hilfen an die Hand. Man will Bürokratiebarrieren überwinden und die Arbeitgeber für die Einstellung behinderter Arbeitnehmer sensibilisieren.

Die Projektlaufzeit beträgt insgesamt drei Jahre und läuft noch bis März 2018 (www.schwer-begabt.de).

Der Landesbehindertenbeauftragte Matthias Rösch, den seine Sommerreise quer durch Rheinland-Pfalz führen sollte, hatte ursprünglich vor, auch Behinderte und ihre Arbeitgeber in Bad Dürkheim, Landau und Speyer aufzusuchen, was ihm aber aus Krankheitsgründen nicht möglich war.

Für ihn besuchten Beate Sitzenstuhl (VFBB) und Liliana Friedrich (VFBB) drei Unternehmen, nämlich die Firma Fairtex – soziale Wiederverwertungs UG in Bad Dürkheim, wo die 27-jährige Janina Wahl mit einer Einschränkung der Sehfähigkeit eine unbefristete Stelle in Vollzeit bekommen hat. Träger ist die BFB e. V. Grünstadt.

In Speyer erhielt die 45-jährige Julia Renz (Einschränkung des Hörvermögens) bei der Sprachschule Holfelder einen Arbeitsvertrag auf zunächst 12 Monate mit Übernahmeoption. Träger ist die VFBB e. V. Germersheim.

In Landau wurden die Beiden vom Club Behinderter und ihrer Freunde (CBF) erwartet.
Dort ist Markus Dawo (58, Einschränkung des Bewegungsapparates) seit 1. Januar 2016 in Teilzeit im mobilen sozialen Dienst beschäftigt. Das Ganze ist auf zwei Jahre befristet mit Übernahmechancen. Träger dort ist die AAW Landau.

„Schwerbehinderte müssen oft mit Vorurteilen kämpfen“ wird zum Beispiel beim Besuch beim CBF deutlich gemacht. Bei der Besetzung von offenen Stellen würden sie oft unterschätzt.

„Es ist auch unser Anliegen, Menschen in Arbeit zu bringen“, so CBF-Geschäftsführer Christian Dawo. Für die Beschäftigungsquote von 14 Prozent habe man 2016 sogar eine Auszeichnung vom Land erhalten.

„Wir sind nicht nur Rollifahrer“, so der erste Vorsitzende Dirk Bliemeister. Zum Spektrum des CBF gehören auch geistig Behinderte. Akzeptanz, Verständnis und ein gutes Miteinander: dann sei „alles möglich“.

Markus Dawo jedenfalls fühlt sich beim CBF sehr gut aufgehoben und „angekommen“. Er ist im Fahrdiest tätig, holt die Klienten mit einem Kleinbus ab. Es handelt sich dabei nicht nur um Personenbeförderung, sondern es werden Menschen mit eingeschränkten Fähigkeiten befördert. Dazu bedarf es eines Fahrsicherheitstrainings, Rotkreuzkurses, diverser Einweisungen wie zum Beispiel Umgang mit dementen Personen und andere Qualifikationen mehr.

„Es macht mir einen riesen Spaß“ freut sich Markus Dawo, der jetzt endlich wieder eine Perspektive für sich gefunden hat.

Auch Maik Leidner, seit 2014 hauptamtlicher Beauftragter für Inklusionsfragen bei der Stadt Landau, kann nur über gute Erfahrungen berichten.

„Ich möchte vor allem Ansprechpartner und Vertrauensperson für die Betroffenen sein und auch in engem Kontakt zu den entsprechenden Institutionen stehen. Es ist wichtig, sowohl als Lotse als auch als Fürsprecher in schwierigen Situationen zu fungieren sowie die Belange der Menschen anzunehmen und umzusetzen“, so Leidner.

Auch die Stadt Landau betätigt sich als Arbeitgeber. Im städtischen Bauamt gibt es zwei Mitarbeiter, die inzwischen übernommen wurden und sich bestens in den Arbeitsablauf des Bauhofes integriert haben. (desa)

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Ein Kommentar auf "Projekt „Schwer begabt“ bringt behinderte Menschen in Arbeit: Betriebe sollen weiter ins Boot genommen werden"

  1. Odradek sagt:

    Das freut mich sehr, wenn solche Projekte behinderte Menschen in Arbeit bringen. Nach wie vor sind viele dieser Menschen einsam und ohne Perspektive. Jeder will gebraucht werden!