Speyer – In seiner Weihnachtspredigt im Dom zu Speyer betonte Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann die Bedeutung der Stille als Quelle von Hoffnung und Menschlichkeit. Angesichts einer Welt voller Herausforderungen, von Gewalt und Hass, sei Weihnachten eine Gelegenheit, Mitgefühl, Solidarität und Respekt neu einzuüben.
Stille als Ort der Besinnung
Der Bischof sprach über persönliche Erfahrungen aus seiner Kindheit, in der die Stille am Heiligen Abend trotz der Hektik der Vorweihnachtszeit Raum für innere Erwartung geschaffen habe. Sie ermögliche es, die Bedeutung von Weihnachten bewusst zu erleben: „Es ist eine ganz einfache, aber alles umstürzende Wahrheit, die uns Weihnachten einimpft als Immunität gegen alles Unempfindsam-Laute, Brutale, Menschenverachtende in unserer Welt.“
Die Stille sei kein bloßer Rückzug, sondern ein Moment der Bewusstwerdung und ein Gegengewicht zu den lauten, destruktiven Kräften der Gegenwart.
Reflexion über Gewalt und Radikalisierung
Mit Blick auf aktuelle Ereignisse, darunter der Anschlag in Magdeburg, zeigte sich Wiesemann erschüttert über die zunehmende Radikalisierung und deren zerstörerische Folgen. Er sprach von „stiller ohnmächtiger Wut und einem stummen Schmerz des Mitleids“ für die Opfer.
Radikale Ideologien, die Menschen ihre Empathie nehmen, seien nicht nur eine Bedrohung der Gesellschaft, sondern ein Angriff auf die Menschlichkeit selbst.
Er erinnerte auch an seine Reise nach Ruanda im Sommer 2024, wo der Genozid von 1994 gezeigt habe, wie Hass und gezielte Manipulation selbst Familienangehörige gegeneinander aufbringen können. Diese Erfahrungen unterstrichen die Dringlichkeit von Besinnung und Mitgefühl als Gegengewicht zu solchen Entwicklungen.
Bischof Wiesemann betonte, wie wichtig es sei, Räume der Stille zu schaffen, in denen Respekt, Zuhören und echtes Mitfühlen wachsen können. Diese Qualitäten seien essenziell für den Dialog innerhalb der Kirche, wie etwa in der Diskussion um die Synodalität, und ebenso für eine funktionierende demokratische Kultur. Radikale Ideologien und autoritäre Bewegungen hingegen hätten stets „etwas Lautes, unsensibel Lärmendes, Machtergreifendes“.
Weihnachten als Gegengewicht
„Weihnachten wirkt wie ein Gegengift zur Machtvergiftung unserer Zeit“, fasste der Bischof zusammen. Die Stille, die in der Weihnachtszeit erfahrbar werde, sei nicht nur ein Rückzugsort, sondern eine Einladung, über das Leben, Mitmenschlichkeit und Solidarität nachzudenken.
Die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes übernahm die Dommusik unter der Leitung von Domorganist Markus Eichenlaub.
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