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Pfalz-Express-Interview mit Oliver Blanz, Mitglied des Landesvorstandes der Deutschen Polizeigewerkschaft Rheinland-Pfalz: „Ich sehe keinen Anlass, unserer Polizei zu misstrauen“

27. Juni 2020 | Kategorie: Allgemein, Landau, Regional

Oliver Blanz sprach ganz offen im Interview über Rassismus-Vorwürfe gegen die Polizei.
Fotos: Rolf H. Epple

Der Fall des dunkelhäutigen George Floyd im Mai diesen Jahres, der bei seiner Festnahme von einem Polizisten getötet worden war, hat in der ganzen Welt hohe Wellen geschlagen.

Mit der Aussage, die deutsche Polizei sei „latent rassistisch“, stieß SPD-Vorsitzende Saskia Esken allerdings auf Kritik, auch in den eigenen Reihen. Rolf H. Epple wollte dem Vorwurf nachgehen und führte deshalb für den Pfalz-Express (PEX) ein Interview mit dem Mitglied des Landesvorstandes der DPolG Rheinland-Pfalz, Oliver Blanz.

PEX: Herr Blanz, wie trifft Sie und Ihre Kollegen der pauschale Vorwurf, sie hätten ein latentes Rassismusproblem?

Blanz: Der Vorwurf, dass es in der Polizei ein Rassismusproblem geben soll, trifft mich persönlich und auch sehr hart. Wir sind für unsere Mitmenschen da, helfen wo wir können und setzen jeden Tag unser Leben für unsere Bevölkerung ein. Ich sehe keinen Anlass, unserer Polizei zu misstrauen.

PEX: Wie erleben Sie bei Ihrer täglichen Arbeit Rassismus und Polizeigewalt?

Blanz: Ich kann von Glück sagen, dass ich bislang noch keine rassistischen Vorfälle aus den Reihen der Polizei erlebt habe. Hautfarbe oder Kultur haben bislang kaum eine Rolle gespielt. Was ich sehr schade finde ist, dass uns immer wieder vorgeworfen wird, dass reine Routinemaßnahmen getroffen würden, weil jemand Ausländer sei oder weil er „schwarz“ sei.

Ich will nicht sagen, dass es in Deutschland keine Polizeigewalt gibt, aber was in der Öffentlichkeit oft überhart wirkt, hat häufig eine saubere rechtliche Grundlage und eine Vorgeschichte. Ein überhartes Eingreifen hat für die Kollegen Konsequenzen, die weit über eine Rüge hinausgehen können. Das möchte niemand freiwillig über sich ergehen lassen.

PEX: Wie stellt sich die Situation bei Festnahmen und Kontrollen von Straftätern dar?

Blanz: Provokationen, Beleidigungen und Unverständnis beherrschen diese Situationen meist, doch wir lassen uns auf keine Diskussionen ein. Maßnahmen dauern so lange, wie sie dauern. Grundsätzlich steht aber die Deeskalation klar im Vordergrund, denn niemand gewinnt, wenn eine Kontrolle eskaliert oder in Gewalt ausartet.

PEX: Welche Präventionsmaßnahmen oder Vorschriften gibt es bereits in Ihrer Dienststelle zur Vermeidung von Polizeigewalt?

Blanz: Der Grundstein hierfür wird bereits im Studium der rheinland-pfälzischen Polizei gelegt.

Ein sicheres Auftreten, rechtliche Sicherheit und die nötige Eigensicherung werden bereits im Studium gelehrt. Ebenso die Konsequenzen für etwaiges Fehlverhalten. Das Wissen, dass im schlimmsten Fall die Entlassung droht, sollte Warnung genug sein. Polizeigewalt ist kein grundsätzliches Problem, sondern die fehlende Selbstregulierung einzelner „Kollegen“.

PEX: Ihre Kollegen in Berlin müssen nun bei Anzeigen bzgl. Diskriminierung ihre Unschuld selbst beweisen, anstatt der Anzeigende diese belegen muss. Was ist Ihre Meinung dazu?

Blanz: Diese Vorgehensweise ist ein Skandal und es schockiert mich, dass so ein Gesetz auf dem Boden unseres Rechtsstaats Anwendung finden darf. Es führt den Grundsatz der Strafverfolgung ad absurdum und stellt die Polizei unter Generalverdacht. Diese Vorgehensweise wird der Berliner Polizei erheblich schaden und die tägliche Arbeit massiv verkomplizieren.

Ich bin froh, dass ich dort keinen Dienst verrichten muss. Ich hoffe, dass unsere rot-grün-gelbe Landesregierung nicht eine Sekunde an ein solches Gesetz denkt, denn so möchte ich nicht arbeiten müssen. Es gibt Menschen, die sind uns grundsätzlich nicht wohl gesonnen und diese werden jedes einzelne Wort nutzen, um uns und unserem Berufsstand zu schaden.

PEX: Man liest immer mehr von Gewalt gegen Rettungs- bzw. Einsatzkräfte – ist Ihnen so etwas auch schon widerfahren?

Blanz: Ja, leider musste ich bei solchen Situationen schon häufiger dabei sein. Eskalierende Personenkontrollen, körperliche Auseinandersetzungen oder Angriffe auf Rettungskräfte gehören zu unserem täglichen Alltag. Dass man uns als Polizei nicht gerne sieht, weil wir oft negative Konsequenzen verursachen, kann ich verstehen, aber eine Rettungssanitäterin/einen Rettungssanitäter anzugreifen ist aus meiner Sicht absolut inakzeptabel.

Diese Menschen haben es sich zur Aufgabe gemacht zu helfen, es drohen keine Anzeigen oder juristische Nachspiele. Leider musste ich schon mehrfach erleben, wie bei einem Transport nach Rettungskräften geschlagen, getreten oder gespuckt wird.

PEX: Die Geschehnisse von Stuttgart zeigen, dass der Respekt vor der Blaulichtfamilie von einigen Gesellschaftsgruppen sehr gering ist. Fühlen Sie sich von der Politik im Stich gelassen?

Blanz: Ja, weil die Politik nicht immer rückhaltlos hinter unserer Polizei steht. Die Szenen in Stuttgart lassen meiner Meinung nach keinen Spielraum für Interpretationen. Wer ein Polizeifahrzeug derart beschädigt, greift nicht nur das Fahrzeug an, sondern die Institution an sich. Eine lückenlose Aufklärung und harte Strafen müssen die Folge aus den Geschehnissen in Stuttgart sein, denn ansonsten muss jeder Polizist künftig fürchten, dass ein Angriff auf ihn verharmlost wird.

PEX: Wie erleben Sie bei Kontrollen oder Festnahmen die Solidarisierung gegen die Einsatzkräfte?

Blanz: Leider musste ich das auch bereits mehrfach persönlich erleben. Direkt Beteiligte oder Unbeteiligte können die Konsequenzen bei Nichtbefolgen einer polizeilichen Aufforderung oft nicht nachvollziehen und versuchen, die einschreitenden Beamten davon abzubringen.

Das kann im besten Falle mit Worten geschehen oder im schlimmsten Fall mit Versuchen denjenigen, der sich in polizeilichem Gewahrsam befindet, zu befreien und zwar auch unter Einsatz von Gewalt gegen die Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Ganz selten stoßen diese Maßnahmen, also die Durchsetzung eines Platzverweises nach Nichtbefolgen, auf Verständnis.

PEX: Welchen Appell haben Sie an die Bevölkerung bei Ihren Einsätzen?

Blanz: Beobachten Sie das Verhalten der Polizei gerne, gerne auch kritisch, denn nicht jeder handelt einwandfrei, das bestätigen die Erkenntnisse der Vergangenheit. Aber mischen Sie sich keinesfalls aktiv in eine polizeiliche Maßnahme ein.

Eine Beschwerde kann problemlos im Nachgang formuliert werden. Ich kann Ihnen aus meiner Erfahrung als Polizist und Personalrat sagen, dass solche Beschwerden ernst genommen werden und im schlimmsten Fall sogar der Polizeipräsident höchst persönlich aktiv wird. Niemand möchte diesen schwarzen Schafen, wie sie gerne genannt werden, Deckung geben oder das falsche Handeln dulden. Verfehlungen fallen immer auf die gesamte Organisation zurück und stellen diejenigen, die korrekt handeln und das Ansehen der Polizei hochhalten, in Verruf.

Zur Person:

Oliver Blanz, Polizeikommissar, 29 Jahre, verheiratet, seit 2010 bei der Polizei Rheinland-Pfalz und stellvertretender CDU Stadtverbandsvorsitzender, Beisitzer Schutzpolizei im Landesvorstand der DPolG Rheinland Pfalz

 

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