BBS-Schulleiter Ernst Gamber verabschiedet: Eine Ära geht zu Ende – Interview mit dem Pfalz-Express

31. Januar 2017 | Kategorie: Landau, Leute-Regional, Regional
Standing Ovations für Ernst Gamber. Foto: Pfalz-Express/Ahme

Standing Ovations für Ernst Gamber.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Landau. Der Schulleiter der BBS Landau, Ernst Gamber, wurde gestern (30. Januar) offiziell verabschiedet. Menschen mit denen Gamber verbunden war, erwiesen ihm die Ehre und dies in der BBS-Schulturnhalle, für die Gamber viele Jahre gekämpft hatte. Der Lehrerchor brachte ihm einige Ständchen, darunter einen selbstgedichteten Abschiedsgruß („Adieu, Monsieur, le Directeur“).

Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt. Foto: Pfalz-Express/Ahme

Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Der stellvertretende Schulleiter Rolf Metzger beschrieb Gamber als souverän, konsequent, als Motor und Visionär, der motivieren konnte und für den die Schule immer an erster Stelle stand. Ein Schulleiter mit „Ecken und Kanten“. „Anekdoten“ hätte auch Beate Engelhardt-Sikora von der Schulaufsicht über Gamber beisteuern können, aber „darüber legen wir den Mantel des Schweigens“. Sie bemühte alte Beurteilungen aus den achtziger Jahren in denen schon damals Gambers großes Potential als Führungskraft erkennbar gewesen sei.

„Wir haben oft kontrovers diskutiert, aber immer fair“, so die ADD-Vertreterin. „Herr Gamber setzte sich 100prozentig für seine Schule ein. Wir verabschieden heute auch einen Baumeister“.
Tatsächlich wurde in der Ära Gamber viel gebaut, die Sporthalle war sicherlich die Krönung aller diesbezüglichen Aktivitäten. Dies hoben auch Ralf Müller, der in Vertretung des erkrankten Bürgermeister Ingenthron für die Stadtverwaltung gekommen war und MdL Wolfgang Schwarz, welcher wie Gamber, einst Schüler der BBS, hervor.

Barbara Engelhardt-Sikora verabschiedet den Schulleiter. Foto: Pfalz-Express/Ahme

Barbara Engelhardt-Sikora verabschiedet den Schulleiter.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Der Landtagsabgeordnete lud den scheidenden BBS-Leiter mit Ehefrau Beate ein, einmal selbst vor Ort in Mainz die Arbeit eines Abgeordneten zu erleben.

„Sie haben immer zu Ihren Überzeugungen gestanden und wenn notwendig, auch in der Sache gestritten“, so MdB Dr. Gebhart in seinem Grußwort. „Sie waren Streiter und Mahner. Ich würde mir im Übrigen im eigenen Land mehr Wertschätzung für das duale System und die BBSsen wünschen“.

Thierry Ringeisen, Schulleiter aus der elsässischen Partnerstadt Hagenau war mit zwei Kollegen gekommen. Er beschrieb die gute Freundschaft und den Austausch beider Schulen: „Wir haben eine Brücke gebaut, auch wenn es nur die Lauter war und wir haben viel für den europäischen Gedanken getan und schöne Projekte zusammen gemacht. Unsere Freundschaft und die zwischen den Schulen bleibt bestehen“.

Viele Wegbegleiter waren bekommen. Foto: Pfalz-Express/Ahme

Viele Wegbegleiter waren gekommen…
Foto: Pfalz-Express/Ahme

...um ihm ihre Wertschätzung zu zeigen. Foto: Pfalz-Express/Ahme

…um ihre Wertschätzung zu zeigen.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Der Vorsitzende des Fördervereins Klaus Wolf erläuterte den Einsatz des Vereins, der Unterstützung in vielen Bereichen des BBS-Lebens gibt.

Atila Simsek, in Vertretung der Schülerschaft und Gabriele Benzhaf, Personalratsvorsitzende, meldeten sich ebenfalls zu Wort und wünschten ihrem Schulleiter alles Gute.

„Ich bin entsetzt, dass er noch vor dem Glockenschlag geht“ begann die Personalratsvorsitzende ihre wohl gesetzte Laudatio, in der sie durchaus auch Kritisches, aber immer „mit einem Augenzwinkern“, vorbrachte.

Erster Diener der Schule, Präsenz, Kämpfer, Nachhaltigkeit, Mathematiker, der Menschliche, unter diesen Oberbegriffen zeichnete sie ein Bild eines „Machers“, aber auch eines Menschen, der  immer hinter seinen Lehrern gestanden habe.

„Verlasse das Fest, wenn es am Schönsten ist“, so Ernst Gamber in seinem Schlusswort und machte damit der Schule wohl das schönste Kompliment. (desa)

Ein Ständchen gabs vom Lehrerchor. Foto: Pfalz-Express/Ahme

Ein Ständchen gabs vom Lehrerchor.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Interview mit dem Pfalz-Express

Ernst Gamber an seinem Arbeitsplatz. Foto: Pfalz-Express/Ahme

Ernst Gamber an seinem Arbeitsplatz.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Am Montag wurde der Schulleiter der Berufsbildenden Schule (BBS) Landau, Ernst Gamber, offiziell verabschiedet.

Wie sehr er an seiner Schule hängt, wird beim Interview mit dem Pfalz-Express (PEX) deutlich.

Von 1968 bis 1973 war er Schüler der BBS, danach über 37 Jahre Lehrer und seit 2003 ist er Leiter dieser Schule.

„Die BBS Landau war über mehr als vier Jahrzehnte ein erfüllender Teil meines Lebens“, so der Betriebswirtschaftler und Mathematiker Gamber.

Aus gesundheitlichen Gründen muss nun kürzer getreten werden. Die Arbeit wird ihm sicherlich nicht ausgehen. Auf privaten Bildern ist sein wunderschöner Rosengarten mit vielen verschiedenen Sorten zu sehen, auch das Reisen, Wandern und Radfahren soll nicht zu kurz kommen. Und da ist ja auch die Familie, die sich freut, endlich mehr von Mann, Vater und Opa zu haben.

Nachwievor wird sich Ernst Gamber auch auf der politischen Schiene, in seinem Heimatgemeinderat engagieren.

2170 Schüler , 142 Lehrkräfte, Klassen in 20 Schulformen, Berufsschulklassen in 15 verschiedenen Ausbildungsberufen: Die BBS Landau ist seit Jahrzehnten ein Erfolgsmodell, das den Übergang von Schule zum Beruf sichert, als dualer Partner eine wesentliche Grundlage zur Fachkräftesicherung legt und einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit leistet.
„Wir haben 539 Ausbildungsbetriebe als duale Partner, arbeiten mit verschiedenen Kammern und der Kreishandwerkerschaft zusammen und arbeiten in den entsprechenden Berufsausbildungsausschüssen mit.“
Wenn Ernst Gamber über die BBS spricht, merkt man ihm seine Begeisterung an. Und man merkt auch: Hier sitzt Keiner, der diese Aufgabe halbherzig ausgeführt hat.

PEX: Ist es ein Vorteil wenn man die Schule gut kennt?

Ja, auf jeden Fall. Das ist eine Region, die mir vertraut ist, da bringe ich mich intensiver ein.

Man sollte die Leitung einer Schule nur übernehmen, wenn man das Schulumfeld gut kennt und gute Kontakte ins schulische Umfeld hat, das ist eine notwendige Voraussetzung.

Die Zusammenarbeit mit der Stadt und deren Gebäudemanagement war außerordentlich gut- ich bin dankbar dafür.

Die Schule hat ja unendlich viele Partner wie die Polizei, die Handwerkskammer oder andere Kammern – das muss man pflegen. Auch der Schulelternbeirat und der Förderverein haben uns immer sehr stark unterstützt. Entweder ist man als Schule präsent oder man existiert nicht. Natürlich muss man auch die schulinterne Zusammenarbeit intensiv pflegen.

PEX: Was hat sich geändert seit 2003?

Die Schülerschaft und die Art des Arbeitens, auch organisatorische Strukturen haben sich geändert.

Es gibt Berufe, die nicht mehr ausgebildet werden, neue sind hinzugekommen. Ich kann auch Beispiele dafür geben: Klempner, Fleischer, auch der Beruf des Automobilkaufmanns ist stark zurückgegangen. Sogar die IT-Berufe sind zurückgegangen. Einem Industriekaufmann kann ich die IT beibringen, einem IT-ler aber nicht unbedingt kaufmännische Grundlagen.

Den Schwerpunkt haben wir übrigens schon immer auf kaufmännische Berufe gelegt.

Wir haben das zweite berufliche Gymnasium mit Gesundheit und Soziales bekommen, dafür hab ich gekämpft. Dann wurde das schulische Angebot durch die Berufsoberschule II mit den Fachrichtungen „Wirtschaft und Verwaltung“ und „Gesundheit und Soziales“ erweitert.
PEX: Was hat sich noch verändert?

Unsere Sanierungsmaßnahmen: Wir sind seit Jahren eine Baustelle. Die Sporthalle war überfällig.
PEX: Was ärgert Sie?

Der Lehrermangel, der immer noch nicht überwunden ist. Wir stehen da in Konkurrenz mit der Industrie.
Letztes Jahr hatten wir massive Ausfälle bei den Metallern.

PEX: Sie sind in ständigem Austausch mit ausländischen Schulen…

Wir haben seit 20 Jahren eine intensive Partnerschaft mit dem Lycée Professionnel et C.F.A. „André Siegfried“ in der Landauer Partnerstadt Hagenau. Die Klassen besuchen sich regelmäßig gegenseitig, wir haben einen Austausch von Lehrkräften und wir organisieren Betriebspraktika für Landauer Schüler in Hagenau und umgekehrt.

Auch mit dem Business College in Vejle (Dänemark) aus dem dortigen Wirtschaftsgymnasium stehen wir in Kontakt, den wir noch ausbauen wollen. 2012 haben wir uns am Comenius-Projekt mit Schulen aus Spanien, Frankreich, Italien, Polen und Rumänien beteiligt. Das sind nun mal die Anforderungen in einer globalisierten Welt.

Es wurden uns Kontakte nach China angeboten, das habe ich abgelehnt. Die Kontakte müssen für Schüler durchführbar sein.

PEX: Stichwort „Schulentwicklung und Unterrichtsqualität“…

Der Beruf des Lehrers an einer berufsbildenden Schule muss in allen Aspekten attraktiver werden, wenn das System seine Nähe zur beruflichen Wirklichkeit erhalten und sich weiter entwickeln will, stellt der Schulleiter fest.

Ein Problem sieht Gamber in der Wertung der politischen Entscheidungsträger – die BBS als Stiefkind und Aschenputtel in der Schullandschaft. „Ich sehe keine Gleichbehandlung der berufsbildenden Schulen mit den allgemein Bildenden. Sichtbar wird dies z. B. daran, dass ein struktureller Unterrichtsausfall von 5 bis 10 Prozent an den BBSn akzeptiert wird, bei allgemeinbildenden Schulen ein struktureller Ausfall von 2 Prozent und weniger als untragbar bezeichnet wird.“

Unabhängig von der Schulart kann sich der Schulleiter vorstellen, dass Lehrer vor dem Eintritt in den Schuldienst eine „außerschulische“ berufliche Ausbildung nachweisen . Der zunehmenden Entfremdung von Schule und Arbeit könne so nachhaltig entgegengewirkt werden.

„Die Vielfalt von Aufgaben und Problemen, denen man sich als Schulleiter gegenüber sieht, machen den Reiz dieser Position aus“, so Gamber. Und der Herausforderungen gibt es einige. Der Schulleiter sei eingebunden in eine Vielzahl von Interessen, denen man zum Vorteil der Schule, d.h. der Schüler gerecht werden muss.

Als Schulleiter hat sich Gamber mit Bildungsministerium, der Schulaufsicht, pädagogischen Einrichtungen, dem Schulamt, dem Gebäudemanagement auseinander zu setzen. Durch die relativ kurze Verweildauer der Schüler entsteht ein hoher Verwaltungsaufwand. Im Blick hat der Leiter auch die technische Ausstattung der Schule.

PEX: Und wie wird sich das Schulsystem BBS weiter entwickeln?

Die berufliche Bildung muss auch im Blick auf ihre zunehmende gesellschaftspolitische Bedeutung neu justiert werden. Nicht mehr zeitgemäß ist, dass sie alleine in der Verantwortung des Bildungsministeriums steht. Ich denke, dass die Verbindung von Arbeit und Lernen an allen Schularten bedeutsamer werden wird.

Das Interview führte Desirée Ahme

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