
Oberbürgermeister Markus Zwick spricht zum Neujahrsempfang über Vergangenes und Kommendes, flankiert von authentisch uniformierten „Gräflichen Landgardisten“ und dem „Landgraf“ (zweiter von links, teilweise verdeckt).
Foto: W. G. Stähle
Pirmasens. Wie gewohnt lud auch an diesem Jahresanfang die Stadtverwaltung Pirmasens ihre Bürgerschaft zum Neujahrsempfang in die Festhalle.
Wie ebenfalls gewohnt, moderierte routiniert Uwe Hauser, Urgestein des Stadtmarketing. Die musikalische Umrahmung übernahm das „Little Wosnitzas Orchestra“ aus Landstuhl. Zahlreiche fleißige und zuvorkommende Hände gestalteten den gastlichen Rahmen, der eingeleitet wurde von Oberbürgermeister Markus Zwick und weiteren Mitgliedern der Verwaltungsspitze, die, flankiert von authentisch uniformierten „Gräflichen Landgardisten“, alle Ankommenden per Handschlag begrüßten.
„Wir stehen vor großen Herausforderungen“
Das vergangene Jahr habe „uns alle stark gefordert“, Bürgerschaft und Stadtverwaltung, bilanzierte einleitend der Oberbürgermeister vor voll besetztem Saal in seiner mitunter akzentuierten Ansprache.
„Auch 2025 stehen wir alle vor großen Herausforderungen. Gehörigen Anteil daran haben sicherlich die schwierigen und sich oft sprunghaft ändernden Rahmenbedingungen – in politischer, wirtschaftlicher oder auch sozialer Hinsicht. Gleichzeitig sind die Kassen leer und die Preise hoch, während der soziale Frieden vielen Zerreißproben unterworfen wird“. Stichworte seien Rente, Integration, Klimawandel. „Allen neuen Herausforderungen möchten wir als Stadt, wie Sie es von uns gewohnt sind, mit Besonnenheit und Weitblick begegnen und so die passenden Lösungen finden“, versicherte er. Viel sei bereits erreicht worden.
Krankenhausreform lässt Kliniken finanziell ausbluten
Das Städtischen Krankenhaus mit seinen Standorten Pirmasens und Rodalben könne als „Erfolgsgeschichte“ bezeichnet werden. Beide seien nach der Fusion vor drei Jahren zusammengewachsen und würden sich mehr und mehr zum zentralen Gesundheitsstandort entwickeln. Das sei auch der angegliederten Pflegeschule zu verdanken. Die Planung des Erweiterungsbaus gehe zügig voran, auch dank „guter Unterstützung durch die Landesregierung.“
Die Rahmenbedingungen für Kliniken würden bundesweit „immer herausfordernder“. Trotzdem hätte das Städtische Krankenhaus Pirmasens im Jahr 2023 „noch“ ein positives Ergebnis erzielt. „Gegen den Trend, denn die Krankenhausreform aus Berlin lässt – ganz bewusst – die meisten Häuser in Deutschland rote Zahlen schreiben. Sie finanziell ausbluten zu lassen und dadurch ihre Zahl deutlich zu reduzieren, ist nämlich erklärtes Ziel der Bundespolitik“, sieht Markus Zwick.
„Deshalb hat selbst unser erfolgreiches Krankenhaus jetzt Defizite erzielt. Diese Entwicklung wird sich 2025 fortsetzen und ist kaum zu beeinflussen.“
Kommunale Wärmeplanung Aufgabe historischen Ausmaßes
Für die vom Bund verbindlich vorgeschriebene kommunale Wärmeplanung müsse bis Mitte 2028 ein sogenannter Transformationsplan vorliegen, eine Aufgabe „historischen Ausmaßes“. Daten seien zu erfassen und zusammenzuführen. „Der Fahrplan ist stramm.“
Nur über belastbare Strategien und Konzepte lasse sich aufzeigen, wo und wie welche Versorgungswege neu auf- und ausgebaut werden können wie Fernwärmeleitungen, Stromkabel für mehr Wärmepumpen, das Gasnetz um Biogas zu nutzen. „Was mir besonders wichtig ist: Die Wärme- und Klimawende in Pirmasens muss realistisch und bezahlbar sein und verlässlich für die Bürger. In der Bundespolitik haben wir zuletzt erlebt, welche negativen Auswirkungen unrealistische und sprunghafte Entscheidungen auf Bürger und Wirtschaft haben. Als Kommune müssen wir das besser machen!“
Bauhilfe bietet Wohnqualität zu bezahlbaren Mieten
In Pirmasens sei die Bauhilfe über viele Jahrzehnte hinweg Garant für gute Wohnqualität zu bezahlbaren Mieten. 265 Häuser mit 2.013 Wohnungen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts seien klimaneutral zu stellen. „Überall dort den CO₂-verbrauch komplett auf Null zu setzen, erfordert völlig neue Wärmekonzepte.“ Etwa jedes Fünfte im Bestand sei bereits energetisch saniert.
Kommunen müssen genügend Geld für ihre Aufgaben haben
Die Hürden für Förderprogramme würden immer höher. „Wegen zunehmend bürokratisierten Antragsstellungen müssen wir Aufwände auf uns nehmen, die sogar Sisyphos überfordern würden. Im Ergebnis werden die Fördertöpfe von Bund und EU oft erst gar nicht beantragt, und der Verdacht drängt sich auf, dass dahinter Methode steckt.
Schließlich kostet bereitgestelltes und nicht abgeholtes Geld keinen Cent, während die Förderprogramme, ob wirksam oder nicht, als willkommener Tätigkeitsbeweis der Exekutive herhalten. Zielführender wäre es, den Kommunen generell mehr Geld für ihre Aufgaben zu geben und auf bürokratische Förderprogramme zu verzichten, denn wir Städte und Gemeinden setzen die Mittel weitsichtig und besonnen ein.“
Nach dem Matthäus-Prinzip regnet es also genau dort wo es ohnehin schon nass ist, eine fatale Entwicklung die Schieflagen nicht etwa beseitigt sondern nur noch verschlimmert.“ Dies sei lediglich einer von vielen Gründen, „warum heute ALLE rheinland-pfälzischen Städte chronisch unterfinanziert sind.“
Die in den letzten Jahren von der Landesregierung auf den Weg gebrachten Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung der Kommunen begrüße er ausdrücklich, „zumal Pirmasens sehr lange und intensiv um die Entschuldung gekämpft hat“. Von einer nachhaltig finanziellen Gesundung und auskömmlicher Finanzierung könne jedoch nicht die Rede sein. Daran ändere auch der Schuldenschnitt nichts.
„Schließlich packt er das Übel nicht an der Wurzel, sondern korrigiert nur die durch Unterfinanzierung entstandenen Schäden der Vergangenheit.“ Die Zuweisungen für die ständig wachsenden kommunalen Pflichtaufgaben blieben deutlich zu niedrig. „Das führt schnurstracks in die erneute Verschuldung und wird kaum Spielraum für freiwillige Leistungen übriglassen.“
Zwar habe die Landesregierung signalisiert, in Regionen mit schwierigen wirtschaftlichen Lagen oder demografischen Entwicklungen gegenzusteuern, die dafür vorgesehenen Gelder könnten allerdings nicht genutzt werden um vor Ort laufende Kosten zu decken und Haushaltsdefizite zu mindern. „Stattdessen sieht auch dieses Programm vor, konkrete Investitionsprojekte zweckgebunden zu fördern, was man kompliziert beantragen muss. Auch hier werden also Hürden gesetzt, die teure Aufwände auf Seiten der Kommunen schaffen, zu zeitlicher Verzögerung führen und wenig Planungsspielräume erlauben.“
Nun wolle auch der Landkreis Südwestpfalz gegen das Land klagen, gab Markus Zwick bekannt. „Dies begrüße ich auf das Entschiedenste und freue mich sehr, dass wir in Stadt und Landkreis einmal mehr Seite an Seite um unser Recht kämpfen, liebe Susanne“, rief er der anwesenden Landrätin Ganster zu.
Kommunale Selbstverwaltung verbrieftes Grundrecht
Die Kommunale Selbstverwaltung sei ein verbrieftes Grundrecht, präzisierte Markus Zwick im Gespräch mit dem Verfasser am Rand der Veranstaltung. Ja, er sehe eine Tendenz, diese Selbstverwaltungsgarantie zunehmend einzuschränken. Dementsprechend habe seine Stadt auch eine Klage gegen das Land gewonnen, eine weitere sei beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Den Kommunen würden ständig weitere Aufgaben übertragen ohne der Pflicht nachzukommen, die entstehenden Kosten auszugleichen (wir berichteten).
Stattdessen in Einzelfällen Fördergeld zu gewähren erhöhe die Abhängigkeit. „Wir sind am Ende der Nahrungskette und sollen von dem leben was vom Tisch des Landes abfällt.“ Den Kommunen sollen „freie Mittel“ zur Verfügung gestellt werden, fordert der Pirmasenser Oberbürgermeister. Die Anteile an der Einkommen- und der Mehrwertsteuer zu vergrößern sei eine Möglichkeit.
Grundsteuerreform zeigt wenig Weitsicht der Landesregierung
Ein weiteres „wenig weitsichtiges Handeln der Landesregierung“ zeige die Grundsteuerreform. Nachdem 2018 vom Bundesverfassungsgericht das bisherige System für verfassungswidrig erklärt worden sei, hätte in der Folge Berlin ein Modell konstruiert von dem die Länder abweichen dürfen.
„Bereits vor längerer Zeit war absehbar, dass es mit dem ‚Bundesmodell‘ zu erheblichen Steuerverschiebungen und Mehrbelastungen für Eigentümer und Mieter von Wohnimmobilien kommen würde, während gleichzeitig überwiegend gewerblich genutzte Grundstücke stark entlastet werden.“ Der Städtetag habe gewarnt und das Land konstruktiv auf das folgenschwere Problem hingewiesen.
„Doch unsere Rufe sind verhallt. Das Mainzer Finanzministerium hat das dringende Ersuchen um verträgliche Nachbesserung bis zuletzt abgetan!“ Kommunen würden nun gezwungen die Grundsteuern zum Teil drastisch zu erhöhen. „In Pirmasens hätten wir den Hebesatz der Grundsteuer B für bebaute Grundstücke von 570 auf sage und schreibe 1.026 Prozent erhöhen müssen, um die bisherigen Einnahmen halten zu können.“ (Wir berichteten.) Das sei „schlichtweg unzumutbar“. Daher habe Pirmasens der Kommunalaufsicht als Kompromiss vorgeschlagen den neuen Hebesatz auf 700 Prozent zu deckeln, um die finanzielle Belastung der privaten Haushalte abzufedern. Die Stadt verliere dadurch immer noch drei Millionen Euro Einnahmen im Jahr. „Für Besonnenheit und Weitsicht ist es nie zu spät“, hofft der Oberbürgermeister und kündigte an: „Ich werde als Vorsitzender des Städtetages Rheinland-Pfalz in Mainz weiter für unsere Bürger dafür kämpfen, dass das Land doch noch seine Hausaufgaben macht und eine eigene Regelung zur Grundsteuer vorlegt!“
„In unserer schönen Stadt hat sich auch viel Positives getan“
„In unserer schönen Stadt hat sich im vergangenen Jahr aber auch viel Positives getan“, leitete Markus Zwick zu einer Reihe von Beispielen über. Das Projekt Schuhstadt wachse und gedeihe, im „wunderschönen Poissygarten im Strecktalpark“ könne man seit Sommer heiraten und ein ebenso besonderer Ort sei die Münztreppe geworden (wir berichteten). Außerdem habe Pirmasens im letzten Jahr erneut Zeichen in Natur- und Artenschutz gesetzt. Der neugestaltete Schillerplatz sei zu einer kleinen grünen Oase geworden, mit Sitz- und Spielgelegenheiten sowie dem Konzept „Essbare Stadt“ mit Naschhecken und Pflanzbeeten.
„Wo Licht ist, ist aber bekanntlich auch Schatten.“ Der Einzelhandel in der Innenstadt sei um drei Traditionsunternehmen ärmer geworden. Gut sei, „dass gerade in Zeiten wie diesen“ ein Unternehmerpaar aus dem Sauerland drei Modeläden in der Innenstadt übernommen habe. Man müsse die Transformation der Pirmasenser Innenstadt mit ganzer Kraft voranbringen und sie zu einem gern und oft besuchten Ort der Begegnung machen.
„Es ist unser Ziel, in den kommenden Jahren die Aufenthaltsqualität zu erhöhen und die Fußgängerzone wieder stärker als Treffpunkt für die ganze Region zu beleben.“ Das Kaufhallengelände in der Höfelsgasse soll dieses Jahr seiner neuen Bestimmung übergeben werden. Nur einen Steinwurf von dort entstehe ein B&B-Hotel und neben der Jugendherberge das neue Jugendhaus.
Auf dem TVP-Gelände (Turnverein Pirmasens) werde eine multifunktionale Turnhalle errichtet. „Diese neue Halle hat sich die Stadt lange gewünscht, jetzt wird sie endlich Realität.“ Der Waldfriedhof, der zu den rheinland-pfälzischen Kulturdenkmälern zähle, werde aktuell um einen Memoriam-Garten ergänzt.
Die „Pirmasenser Fototage“ gingen im Herbst unter neuer Regie an den Start und im November finde zum vierten Mal die „KREATIVVITTI“ statt (Messe für die Innovations- und Kreativwirtschaft).
60 Jahre Städtepartnerschaft mit Poissy
Stolze 60 Jahre Partnerschaft mit der Stadt Poissy könnten dieses Jahr begangen werden, freute sich Oberbürgermeister Zwick. „Wir freuen uns sehr, unsere lieben französischen Freunde aus diesem Anlass hier bei uns willkommen zu heißen und zusammen die Jumelage zu feiern“.
Bürgerbefragung soll Wege in eine erfolgreiche Zukunft aufzeigen
Im September hätten rund 2.500 Menschen an einer offenen Bürgerbefragung teilgenommen. Aus den zusammengetragen Daten seien unter dem neuen Claim „PS – Unser Antrieb“ Strategien für ein dynamisches und lebenswertes Pirmasens entwickelt worden. „Wir stehen im stetigen Dialog mit den Bürgern und setzen Maßstäbe als naturnahe, klimaresiliente Stadt.“ PS – Unser Antrieb sei „das Versprechen, unsere Stadt mit Leidenschaft, Mut und Tatkraft in eine erfolgreiche Zukunft zu führen“, zusammen mit jeder Bürgerin und jedem Bürger und deren Liebe zu Pirmasens. In den nächsten Wochen werde das neue Leitbild vorgestellt und anschließend gestartet.
Bewerbung für Landesgartenschau 2032
Ergebnisse aus dem Bürgerdialog würden auch direkt einfließen in die Bewerbung für die Landesgartenschau 2032. Ein Eckpunkt der Bewerbung sei das Leitmotiv „Der Natur ganz nah“, die Vision einer Grünachse vom Zentrum über den Alten Friedhof und das Rauschenbrunnental zum Freizeitgelände Eisweiher.
Angedacht sei außerdem eine enge Verzahnung von einzelnen „Trittsteinen“ wie Klimaparks und Bürgergärten mit städtebaulichen Maßnahmen sowie die erwähnte Umgestaltung der Fußgängerzone zu einem attraktiven Begegnungsraum für alle Generationen. Eine ganz entscheidende Rolle bei der Bewerbung spiele die Förderung der biologischen Vielfalt und des Klimaschutzes.
Dabei komme zugute, „dass wir bereits vor fünf Jahren eine umfassende Biodiversitätsstrategie entwickelt und schrittweise umgesetzt haben, etwa mit insektenfreundlichen Blühoasen, einer naturnahen Gestaltung und Pflege unserer Parkanlagen, Grünflächen und Spielplätzen oder auch der Renaturierung des Blümelsbachs, um ein weiteres Beispiel zu nennen.“
Dank an alle im Haupt- und im Ehrenamt, Gönner und Stifter
„Alle positiven Entwicklungen und Perspektiven wären nicht möglich ohne die Akteure unserer Pirmasenser Stadtgesellschaft, im Haupt- und im Ehrenamt. Wie gut, dass wir uns bei allen Herausforderungen auf unsere engagierten Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Institutionen verlassen können.
Sie springen in unserer Stadt überall dort in die Bresche, wo der Verwaltung die notwendigen Mittel zur Gestaltung versagt bleiben. Darüber können wir uns überaus glücklich schätzen“, so Markus Zwick.
Sein herzlicher Dank gelte auch den vielen Gönnern und Stiftern. „Mit Ihrem Beitrag machen Sie das Leben in Pirmasens noch lebenswerter. Dafür danke ich Ihnen von Herzen!“
Bürgerstiftung geht an den Start
„Zum Ende ist es mir eine ganz besondere Freude, Ihnen heute Abend den Startschuss für die ‚Bürgerstiftung Pirmasens‘ zu verkünden. Bei meiner Rede im vergangenen Jahr (wir berichteten) hatte ich bereits von meiner Idee berichtet, eine eigene Stiftung für die Pirmasenserinnen und Pirmasenser zu etablieren – jetzt ist es soweit. Die neue Stiftung gibt den Bürgern aus Pirmasens, aber auch allen die sich der Stadt verbunden fühlen, die Möglichkeit, Mitverantwortung für unser Gemeinwesen zu übernehmen.
Denn, wie schon beim neuen Leitbild gesagt, kaum eine andere Stadtgesellschaft zeigt, vor allem in schwierigen sozialen und finanziellen Umständen, größeren Zusammenhalt als Pirmasens.
Die Bürgerstiftung ermöglicht es allen, ihre Liebe zur Stadt, ihrer Geschichte und ihren Einwohnern auszudrücken, sei es durch Spenden und Zustiftungen, durch Einwerben von Spenden oder auch mit der Übernahme einer Funktion in der Stiftung. Wir wollen Projekte fördern, die dem Gemeinwesen in Pirmasens und seinen sieben Ortsbezirken zugutekommen.“ (Werner G. Stähle)

Das „Little Wosnitzas Orchestra“ jazzt.
Foto: W. G. Stähle

