Freitag, 19. April 2024

Landesregierung RLP beschließt Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Coronavirus

13. März 2020 | Kategorie: Kreis Bad Dürkheim, Kreis Germersheim, Kreis Südliche Weinstraße, Landau, Ludwigshafen, Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional, Rhein-Pfalz-Kreis, Rheinland-Pfalz, Südwestpfalz und Westpfalz

Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Foto: Pfalz-Express

RLP – „Die Lage ist ernst, deswegen handeln wir entschlossen“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) nach einer Sondersitzung des Kabinetts am Freitagnachmittag.

Grund zur Panik gebe es nicht, denn Rheinland-Pfalz sei gut vorbereitet. Ziel aller Maßnahmen sei es, die Ausbreitung zu verlangsamen. Man orientiere sich am aktuellen Stand der Wissenschaft.

Experten hätten gestern eine neue Einschätzung vorgenommen, deshalb habe sich das Kabinett heute außerplanmäßig getroffen, um eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung des Coronavirus zu beschließen, so Dreyer.

Bund, Länder, Kommunen und alle beteiligten Stellen arbeiteten entschlossen daran, die Ausbreitung des Virus einzudämmen und gleichzeitig auf eine höhere Zahl von erkrankten Menschen eingestellt zu sein. „Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass besonders gefährdete, ältere und hochbetagte Menschen sowie Menschen mit Vorerkrankungen geschützt werden. Jeder Bürger sei dazu aufgerufen, Sozialkontakte einzuschränken.

Versammlungsverbote, um Ausbreitung zu verlangsamen und Personen zu schützen

Auch wenn der Krankheitsverlauf in der Mehrzahl leicht verlaufen könne, müsse massiv Vorsorge getroffen werden, um verwundbaren Personengruppen zu schützen. „Daher werden Veranstaltungen mit mehr als 75 Teilnehmern mit Ausnahme des Besuchs von Bildungseinrichtungen ab 16. März 2020, 8 Uhr, verboten. Das gilt zunächst bis Ostern.“ Bei größeren Menschenansammlungen lasse sich die Gefahr einer Virusübertragung mit SARS-CoV-2 nicht sicher beurteilen.

Dem liegt zugrunde, dass es durch den Übertragungsweg von SARS-CoV-2 über Tröpfchen, z.B. durch Husten, Niesen, und durch teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen zu Übertragungen von Mensch-zu-Mensch kommen kann. Rheinland-Pfalz grenzt an mehrere Risikogebiete bzw. besonders betroffene Gebiete (im Norden Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen, im Süden an das Departement Grand Est), in denen die Krankheit besonders häufig auftritt.

Regulärer Schulbetrieb wird befristet eingestellt: „Notfallbetreuung sichergestellt“

Ab Montag, 16. März 2020, bleiben die Schulen und Kindergärten bis zum Ende der rheinland-pfälzischen Osterferien am 17. April 2020 für einen regulären Betrieb geschlossen.

Es wird eine Notfallbetreuung eingerichtet. Eltern werden aber gebeten, ihre Kinder – wenn möglich – nicht in die Schulen und Kindertagesstätten zu schicken.

Personen, die in ihren Berufen gebraucht werden, beispielsweise im medizinischen Bereich oder beim Lebensmittelverkauf, haben Anspruch auf die Notfallbetreuung, sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD).

Universitäten und Hochschulen erwähnten Dreyer und Hubig nicht, sie bleiben offenbar geöffnet.

Förderschulen, an denen überwiegend Schüler mit komplexen Behinderungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen unterrichtet werden, können nicht geschlossen werden. Die Schulaufsicht will mit diesen Schulen unmittelbar Kontakt aufnehmen und zusammen mit dem jeweiligen Gesundheitsamt über die Infektionshygiene beraten.

Für Lehrkräfte gilt weiterhin Dienst- und Anwesenheitspflicht, außer es besteht ein Corona-Verdacht. Sie sollen dann „ihre Dienstpflicht am häuslichen Arbeitsplatz“ erfüllen. Ebenfalls am Montag wird an allen Schulen des Landes eine Dienstbesprechung zur Organisation des Notbetriebs durchgeführt.

Abiturprüfungen und sonstige Abschlussprüfungen werden grundsätzlich durchgeführt. Allen Schüler wird ermöglicht, ihre Prüfung durchzuführen, ggf. auch zu einem späteren Zeitpunkt. Die Prüfungen für das mündliche Abitur starten nicht wie geplant am kommenden Montag, sondern finden in der Woche vom 23.3.2020 statt. Die Schulen erhalten Vorgaben zur Gestaltung der Prüfungen.

Soweit Schüler in der Notfallbetreuung in den Schulen sind, soll es dort ein an die „Situation angepasstes pädagogisches Angebot“ geben. Für alle anderen Schüler muss eine Versorgung mit Lernmaterialien zum häuslichen Studium organisiert werden. Das könne über digitale oder analoge Unterstützungsangebote erfolgen, hieß es.

Erzieher sollen weiterhin für die Notfallbetreuung in ihren jeweiligen Einrichtungen anwesend sein (Ausnahme: Corona-Verdacht).

Verstärkung Intensivbetten

Die Krankenhäuser im Land seien gut aufgestellt, sagte Dreyer. Am Montag wollen sie und Ministerin Bätzing-Lichtenthäler mit den zuständigen Krankenhausträgern darüber sprechen, wie planbare Eingriffe, die medizinisch nicht unbedingt notwendig sind, verschoben werden können, damit möglichst viele Ressourcen für die Behandlung von Corona-Patienten vorgehalten werden können. Dazu gehöre auch die Schulung und Verstärkung des Personals und die Anschaffung von notwendigem Material.

Um die Gesundheitsämter personell zu entlasten, sollen pensionierte Ärzte angeschrieben und wieder in den Dienst zurück geholt werden. Auch fortgeschrittene Medizinstudenten könnten unterstützen, beispielsweise bei diversen Hotlines.

Auch um die Kapazitäten an der Hotline des ärztlichen Bereitschaftsdienstes (116117) erweitern zu können, sind Vorkehrungen getroffen worden. In den Leitstellen Mainz und Landau wird derzeit die technische Infrastruktur für weitere 22 Arbeitsplätze geschaffen, die im Bedarfsfall für eine landesweite Kapazitätserweiterung sorgen.

Zudem werden die Lehrgänge an der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule des Landes ab sofort ausgesetzt. Die Einsatzkräfte werden in den Kommunen gebraucht. Das Aussetzen gemeinsamer Seminare mit Teilnehmenden aus dem gesamten Land soll auch dazu beitragen, die Ausbreitungswege weiter zu reduzieren.

Wirtschaftsfördernde Maßnahmen und Stundung der Steuerschuld

Der Ministerrat begrüßte ausdrücklich, dass die Bundesregierung ein umfassendes Hilfspaket für die Wirtschaft vorgestellt hat. Die Landesregierung werde gleichermaßen alle notwendigen Maßnahmen vornehmen, um die Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Rheinland-Pfalz dauerhaft sicherzustellen, so die Ministerpräsidentin.

Im Wirtschaftsministerium wurde eine Stabsstelle „Unternehmenshilfe“ eingerichtet. Diese ist Ansprechpartner für Unternehmen, die aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus mit wirtschaftlichen Problemstellungen konfrontiert sind.

Gemeinsam mit der ISB und der Bürgschaftsbank Rheinland-Pfalz will das Finanzministerium sicherstellen, dass kurzfristig Bürgschaften und Liquiditätshilfen für Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, um wirtschaftliche Schäden der Corona-Krise zu minimieren.

Vom Corona-Virus betroffene Unternehmen können zudem bei ihrem Finanzamt Anträge auf die Herabsetzung von Vorauszahlungen sowie auf Billigkeitsmaßnahmen wie Stundung oder Erlass der Steuerforderung oder Vollstreckungsaufschub stellen. Weitere Maßnahmen werden derzeit zwischen Bund und Ländern abgestimmt. (red)

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