Kreistag Germersheim will Müllheizkraftwerk Pirmasens verkaufen

8. September 2020 | Kategorie: Kreis Germersheim

Müllheizkraftwerk Pirmasens
Foto: Pfalz-Express

Der Kreistag Germersheim hat am 7. September die wegweisende Entscheidung getroffen, das Müllheizkraftwerk Pirmasens ab dem 1.1.2024 für 49 Millionen Euro an die aktuelle Betreiberfirma „Energy from Waste“ (EEW) unter Beibehaltung der strengen Abgaswerte zu verkaufen.

Die endgültige Entscheidung trifft nun die ZAS Verbandsversammlung Anfang Dezember 2020.

Das Kraftwerk in Pirmasens fällt am 31.12.2023 von dem heutigen Betreiber Energy from Waste an den Zweckverband Abfallverwertung Südwestpfalz (ZAS) zurück. Deshalb hätten sich die Verbandsmitglieder schon frühzeitig mit den Gestaltungsmöglichkeiten des Weiterbetriebs auseinandergesetzt, so Landrat Dr. Fritz Brechtel.

Neben dem Landkreis Germersheim sind die Städte Landau, Pirmasens, Zweibrücken und die Landkreise Südwestpfalz und Südliche Weinstraße Mitglieder im ZAS. Die Firma teamwerk AG aus Mannheim wurde vom Zweckverband beauftragt, den Verband bei den weiteren Schritten zu einer Entscheidungsvorlage zu unterstützen. Dazu wurde ein Verfahren zur Prüfung* entwickelt.

„Die Ergebnisse haben eindeutig den Verkauf der Anlage empfohlen“, so Landrat Dr. Fritz Brechtel, der im Verkauf die große Chance für den Landkreis sieht, nach 25 Jahren nicht mehr an das Kraftwerk mit seinen hohen Kosten gebunden zu sein. „Von der jährlichen Verbrennungskapazität von 180.000 Tonnen bringen die Verbandsmitglieder nur noch ca. 60.000 Tonnen nach Pirmasens. Die große Restmenge von 120.000 Jahrestonnen müssen auf dem freien Markt akquiriert werden, teils zu sehr niedrigen Marktpreisen. Das Delta zu den betriebsbedingten Mehrkosten ging dann bisher zu Lasten der ZAS Mitglieder.“

Rechtsanwalt Adams führte in der Kreistagssitzung aus, dass ein Weiterbetrieb durch den ZAS keinen Sinn mache, da die Risiken, z.B. Auslastungsrisiko und Personalrisiko, viel zu groß seien. In der Regel seien Großkonzerne am Markt, die über mehrere Anlagen verfügen. Der ZAS müsste bestimmte Dinge regeln, bevor er am Markt teilnehme, z. B. wenn die Anlage über einen längeren Zeitraum ausfällt, verfügt dieser nicht über genehmigte Zwischenlagerkapazitäten. Ebenso wenig verfüge der ZAS über ein Management sowie über technisches Personal, um diese Anlage zu betreiben. Die öffentliche Hand müsse sich die Frage stellen, ob sie Unternehmer sein möchte mit allen Risiken oder nicht.

Landrat Brechtel betonte, dass über die vielen Jahre hinweg die zahlreichen Kommunen in Deutschland einen großen Preisvorteil hatten, die die Beseitigung ihres Hausmülls frei auf dem Markt ausschreiben konnten. Nun könne durch die auslaufenden Verträge endlich auch der Landkreis Germersheim diesen Vorteil in Zukunft nutzen. „Zudem fließen 26 Prozent des Verkaufserlöses nach Abzug durch Schuldentilgung beim ZAS an den Landkreis zurück, was 7,7 Mio. Euro ausmacht, und dies wird neben den verringerten Verbrennungskosten dafür sorgen, die Müllgebühren in Zukunft zu senken oder zumindest stabil zu halten. Auch die Verbesserung des Müllentsorgungsservice wird künftig möglich sein. So oder so: die Gebührenzahler im Kreis Germersheim werden sich freuen können“, so Brechtel.

Ungewiss sei, ob in Zukunft der Zweckverband noch gebraucht werde. Eine Option sei, den Verband in veränderter Form weiter zu führen und die Verbrennung der Restabfälle, den Umschlag und Transport gemeinsam auszuschreiben, oder den ZAS aufzulösen und jede Gebietskörperschaft schreibe zukünftig selbst die Beseitigung der Restabfälle aus. „Diese Optionen können wir nach dem Verkauf in Ruhe beraten.“

*Info 

Das Verfahren setzt sich im Wesentlichen aus drei Komponenten zusammensetzt: Zuerst wurde ein strukturiertes Bieterverfahren durchgeführt zur Ermittlung des höchsten Marktpreises, ohne Kopplung der Entsorgungsverträge für die Restabfälle der ZAS Mitglieder. Alternativ wurde eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für den Fall des Weiterbetriebs durch den ZAS selbst gemacht.

Dann wurden die Prozessstränge in einer Kosten-Nutzen-Analyse (NKA) zusammengeführt, in die neben dem Verkaufserlös auch Risiken wie Auslastung, Personal, Entsorgungssicherheit, Einhaltung der Garantiewerte und Strukturpolitische und kommunale Aspekte einflossen.

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