Germersheim – Die Stadt und die Uni rücken wieder ein Stück näher zusammen.
Germersheim, die Stadt der Sprachen, der vielen Nationen, braucht einen Webauftritt, der mehr als nur zweisprachig (deutsch, englisch) ist.
Dr. Julia Neu, Dozentin im Arbeitsbereich Interkulturelle Germanistik, hat ein Projekt ins Leben gerufen, von dem sowohl die Stadt als auch die Universität und ihre Studenten profitieren.
Und nicht nur diese: Deren Angehörige, Freunde und Touristen aus aller Welt können in den nächsten Monaten Informationen über Germersheim in den Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch, Polnisch, Chinesisch und Arabisch aus dem Internetauftritt der Stadt beziehen.
Gearbeitet und übersetzt wird in Gruppen, deren Mitglieder – logischerweise – der jeweiligen Sprache mächtig sind. Die Beteiligung ist freiwillig und quasi ehrenamtlich.
Barrieren umgehen
Manche Übersetzungen gestalteten sich durchaus kniffelig, sagte Neu. So komme der Begriff „Oberamtsstadt“ recht häufig auf der Germersheimer Webseite vor – in anderen Sprachen gebe es diese Terminologie so aber nicht. Da hieß es für die Studierenden: Recherchieren, überlegen, welche fremdsprachliche Entsprechung möglich ist.
Auch kulturell-religiöse Hintergründe müssen berücksichtigt werden: So berichtete die marokkanische Studentin Safaa Tauil, dass man das Wort „Weinprobe“, das zum Beispiel bei der „Festungsführung mit Weinprobe“ vorkommt, nach einigen Diskussionen ganz weggelassen habe. Der Grund: In arabisch sprechenden Ländern ist der Großteil der Bevölkerung muslimisch, Alkohol ist verboten.
Dass die Leistung der Uni für die Stadt kostenlos ist, freut natürlich das Stadtoberhaupt. Bürgermeister Marcus Schaile betonte, man wolle Übersetzern oder Übersetzungsbüros nicht die Aufträge wegnehmen, aber: „Auf dem freien Markt wäre das für uns zu teuer gewesen. Wir hätten es sonst nicht machen können – oder nur auf sehr einfachem Weg, auf englisch oder noch maximal französisch.“ Im Haushalt der Stadt sei eine solche Ausgabe nicht vorgesehen.
Auch Julia Neu versicherte: „Wir wollen nicht in den Markt eingreifen.“
Die „Studis“ könnten hier an einem authentischen Projekt mitarbeiten, das dann doch noch etwas anderes sei als reine Studienübungen. Das wirke zudem motivationssteigernd: „Wir wollen auch, dass die Studierenden etwas machen, wofür es keine Leistungspunkte gibt.“
Den Mehraufwand versuche man durch Flexibilisierung der Lehrkräfte möglich zu machen.
Multikulti und multilingual
Schaile indes hofft bei dem auch in Zukunft erweiterbaren Projekt irgendwann auf eine ungarische Übersetzung. Germersheim feiert dieses Jahr die zehnjährige Partnerschaft mit der Stadt Zalaszentgrót.
111 Nationen lebten aktuell in Germersheim, sagte Schaile. Ein weiterer Grund, über die Nähe der Uni froh zu sein: „Egal, welche Sprache da ist, wir haben immer jemand, der übersetzen kann.“ Besonders bei Asylsuchenden sei der große Sprachenpool in der Festungsstadt von großem Vorteil.
66 Texte sollen bis Ende des Jahres fertig sein und auf die Internetseite gestellt werden. Ganz anonym müssen die fleißigen Übersetzer jedoch nicht bleiben: Als Anerkennung werden die Teams auf der dann neu gestalteten Seite der Stadt vorgestellt.
Und noch eine weitere Vertiefung der Kooperation von Uni und Stadt hat sich im Zuge des Projekts entwickelt, berichtete Simone Nelles, die Beauftragte der Stadt für Städtepartnerschaften, Stadtbibliothek, Internet: Das Tourismuszentrum im Weißenburger Tor bietet nun zwei Praktikumsplätze für Studenten an.
Damit werden nicht nur die dortigen Mitarbeiter entlastet, es stehen zwei weitere Fremdsprachen zusätzlich für ausländische Besucher zur Verfügung. (cli)
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