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Geplantes Fachmarktzentrum in Rohrbach: Stadt Landau ruft Landesplanung als Vermittlerin an

1. März 2017 | Kategorie: Landau, Regional
Die Landauer Innenstadt ist ein attraktiver und lebendiger Einkaufsort. Um das sicherstellen zu können, wird mit Hilfe eines Einzelhandelskonzepts gezielt gesteuert. Die Bestrebungen, im nahen Rohrbach ein Einkaufszentrum mit rund 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, davon mehr als 6.000 Quadratmeter mit Kleidung, zu errichten, konterkarieren diese Bemühungen. Foto: Pfalz-Express/ Ahme

Die Landauer Innenstadt ist ein attraktiver und lebendiger Einkaufsort. Um das sicherstellen zu können, wird mit Hilfe eines Einzelhandelskonzepts gezielt gesteuert. Die Bestrebungen, im nahen Rohrbach ein Einkaufszentrum mit rund 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, davon mehr als 6.000 Quadratmeter mit Kleidung, zu errichten, konterkarieren diese Bemühungen.
Foto: Pfalz-Express/ Ahme

Landau. Es geht nicht nur um Landau und Rohrbach. Es geht um fairen Wettbewerb nach Landesrecht. Es kann nicht sein, dass „Rosinenpicken“ zum Gebot der Landesentwicklung wird.

Aus diesem Grund ruft die Stadt Landau in der Auseinandersetzung um die geplante Ansiedlung eines großflächigen Textil-Fachmarkts in Rohrbach die Oberste Landesplanungsbehörde im Innenministerium als Vermittlerin an.

Oberbürgermeister Thomas Hirsch hat der Behörde die Sicht der Stadt dargestellt und um Vermittlung gebeten mit dem Ziel, für die Region eine einvernehmliche Lösung unter Berücksichtigung der landesplanerischen Zielsetzungen und der Interessen aller Beteiligten zu finden. Der Initiative vorausgegangen war eine intensive Erörterung der Sach- und Rechtslage im städtischen Hauptausschuss gemeinsam mit dem von der Stadt beauftragten Fachanwalt.

„Unsere Innenstadt ist ein attraktiver und lebendiger Einkaufsort“, betont der Oberbürgermeister. „Um das auch in Zukunft sicherstellen zu können, wird in Landau seit Jahren auf Basis eines Einzelhandelskonzepts gezielt gesteuert.

Nur so können sich händlergeführte Geschäfte in der Innenstadt halten. Die Bestrebungen, in Rohrbach ein Einkaufszentrum auf rund 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche – davon mehr als 6.000 Quadratmeter mit Kleidung, also zentrenrelevantem Sortiment – zu errichten, konterkarieren unsere konsequente Entwicklungsstrategie“, so der Stadtchef.

Nicht integrierte Standorte verschafften einigen wenigen Anbietern Vorteile zu Lasten der gesamten Region, führt der OB weiter aus. Auch die Stadt Kandel spreche sich deswegen gegen die geplante Ansiedlung aus.

Nach Ansicht der Stadt Landau wurde dem Investor die Genehmigung für das geplante Fachmarktzentrum auf der Basis eines aus dem Jahr 1970 stammenden, nicht interkommunal abgestimmten und gegen die Ziele der Landesplanung verstoßenden Bebauungsplans erteilt.

An dem Standort in Rohrbach befand sich lange Jahre ein real-Markt; daher sieht der Bebauungsplan in diesem Bereich ein Sondergebiet „Einkaufszentrum und Diskothek“ vor. Seit der Schließung des Markts im Jahr 2015 steht das Gebäude leer. Damit ist nach Ansicht von Baurechtsexperten auch der Bestandsschutz für den Standort verwirkt.

Das Vorhaben verstößt somit gegen die Ziele des Landesentwicklungsprogramms. So heißt es im Landesentwicklungsplan (LEP) IV, dass die Errichtung und Erweiterung von Betrieben mit mehr als 2.000 Quadratmeter Verkaufsfläche nur in Mittel- und Oberzentren zulässig sind. Auf Rohrbach trifft dies nicht zu.

„Ginge es nur um die Nahversorgung der Rohrbacher, um die Ansiedlung eines Lebensmittel- und eines Drogeriemarkts, würde die Stadt Landau keine Einwände erheben“, betont Oberbürgermeister Hirsch. Von einer solchen Konzeption sei man auch ausgegangen, als die Kreisverwaltung mitgeteilt habe, dass sie zur „Revitalisierung des real-Markts“ einen Bauvorbescheid erlassen habe.

Die interkommunale Abstimmung solcher Vorhaben sei eine Bring- und keine Holschuld, weist der OB deswegen auch die Kritik zurück, dass die Stadt nicht schon gegen den Vorbescheid vorgegangen sei.

„Wir reden über ein Projekt mit Outlet-Charakter, dessen Sortiment nicht der Nahversorgung dienst, sondern zentrenrelevant ist“, so der Stadtchef. „Im LEP IV heißt es weiter, dass benachbarte zentrale Orte nicht von der Ansiedlung oder Erweiterung eines Betriebs beeinträchtigt werden dürfen. Das wäre hier aber der Fall, denn Kaufkraft im textilen Sektor ist nicht beliebig vermehrbar.“

Als der real-Markt im Jahr 2015 schloss, hätte die Gemeinde Rohrbach nach den gesetzlichen Vorgaben die Pflicht gehabt, den bestehenden Bebauungsplan zu ändern. Gegen diese Planänderungspflicht wurde nach Ansicht der Stadt Landau verstoßen.

Die Stadt Landau hat gegen die Baugenehmigung für das geplante Fachmarktzentrum in Rohrbach Widerspruch eingelegt und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht Neustadt gestellt.

Auch gegen den Bauvorbescheid geht die Stadt mittlerweile vor. Gegen diesen war zunächst kein Widerspruch eingelegt worden, da aus den von der Kreisverwaltung zugesandten Unterlagen die Dimension des Vorhabens nicht ersichtlich war. Erst aus der Baugenehmigung ging die wahre Größe des Vorhabens hervor.

„Wenn diese Baugenehmigung rechtmäßig ist, wie man glaubt, dann gibt es keinen Grund, Landau zu kritisieren, dass das gerichtlich bestätigt werden soll. Wenn die Baugenehmigung aber nicht rechtmäßig ist, gibt es keinen Grund für Landau, dies zu akzeptieren“, fasst Oberbürgermeister Hirsch zusammen.

Dennoch verschließt sich die Stadt Landau einer einvernehmlichen, außergerichtlichen Lösung nicht. Momentan gestaltet es sich trotz erster konstruktiver Gespräche aufgrund unterschiedlicher Interessen aber schwierig, einen Kompromiss zu finden, der den Positionen aller Beteiligten Rechnung trägt. Daher hat die Stadt zur Vermittlung die Landesplanungsbehörde angerufen. (ld)

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4 Kommentare auf "Geplantes Fachmarktzentrum in Rohrbach: Stadt Landau ruft Landesplanung als Vermittlerin an"

  1. Anonymer Bürger sagt:

    Was heisst hier „errichtet“? Es wird nur wieder nach einer Umbauphase neueröffnet. 🙂

  2. Änner ausm Nirchendwo sagt:

    Seit Jahrzehnten gibts dieses ‚Fachmarktzentrum‘ in Rohrbach, erst als Wasgau Markt, dann Continent, dann WalMart, dann real. Nie hat man gehört, dass Leute aus Landau nach Rohrbach zum Einkaufen gefahren wären (eher umgekehrt) oder dass sich irgend jemand beschwert hätte ob der Konkurrenz.

    JETZT auf einmal ist es verboten, sittenwidrig, gehört zugemacht abgerissen etc. pp. blabla.

    Den Einwohnern zwischen Kandel und Landau, insbesondere Winden, Steinweiler, Rohrbach fehlt eine naheliegende Einkaufsmöglichkeit. Die Discounter in Kandel sind alle auf der ‚falschen‘ Seite Richtung Wörth. Nach Landau ‚mal eben in den Aldi‘ ist mit einer Quälerei bis ins Stadtzentrum verbunden. Rohrbach liegt zentral, hat ausreichend Parkplätze, nimmt niemand die Kunden weg und trägt zur Erstarkung der ländliche Infrastruktur bei, den ein Teil der Steuereinnahmen bleibt in Rohrbach.

    Die Landauer sollen erstmal vor der eigenen Haustür kehren und ihre verkorkste Verkehrspolitik korrigieren und dann erst über andere herziehen.

  3. Jurist aus Landau sagt:

    Die rechtliche Aussagen von OB Hirsch sind schlicht nicht haltbar. Aufgrund des bestandskräftigen und von Landau nie bestrittenen Bebauungsplans ist der Landentwicklungsplan hier nicht einschlägig.

    Auch gibt es keine Pflicht, einen Bebauungsplan aufzuheben, nur weil in einem kleinen Teil des Gesamtbebauungsplans eine Gebäude während eines Eigentümerwechsel kurz leersteht

    Da weder eine Nutzungs- noch eine Bebauungsplanänderung vorliegt, muss auch keine interkommunale Abstimmung durchgeführt werden.

    Wie schon gesagt wurde, es geht nicht um den Neubau eines Einkaufszentrums, sondern ausschließlich um die Weiternutzung und die Renovierung eines 50 Jahre alten Zentrums durch einen neuen Eigentümer!

    Statt hier polemisch nicht vertretbare Rechtsmeinungen darzustellen und selbstgefällig Partikularinteressen zu vertreten sollte der OB Hirsch lieber wieder an das Gemeinwohl denken, zu dem er als öffentlicher Amtsträger verpflichtet ist.

  4. Ortskundiger sagt:

    Ich bin kein Jurist und kein Baurechtsexperte, aber ich habe Augen im Kopf, weshalb mich eine Sache bei der Argumentation der Anti-Rohrbach-Fraktion sehr ärgert: Es wird ständig von grüner Wiese gesprochen. Jene Damen und Herren sollen mir doch bitte einmal die grüne Wiese auf dem Gelände zeigen. Ich kann sie nämlich nicht finden. Dort sind jede Menge Parkplätze, die man mit dem Fachmarktzentrum wieder einer sachgerechten Nutzung zuführt. Ja, auch diese müssen nicht extra gebaut werden. Die sind – oh Wunder – schon da.

    Eines ist sicher: Setzt sich in diesem Stellvetreterkrieg zweier Textilgrößen, jene aus Landau durch, wird es in Rohrbach auch keine Nahversorgung geben. In dem Fall gibt es eine hässliche Baustelle im Ort, einen Haufen verärgerter Bürgerinnen und Bürger (nicht nur Rohrbacher) und wohl eine Millionenklage des Verlierers. So etwas bezeichnet man dann gemeinhin als Pyrrhussieg. Alle Unterstützer der Klage sind dann herzlich nach Rohrbach eingeladen, um dort die grüne Wiese zu pflegen. Bei der Gelegenheit können sie den jungen Familien im benachbarten Neubaugebiet dann auch gleich erklären, warum der ihr Grund und Boden tendziell an Wert verlieren wird… und auf dem Heimweg nach Landau kann man vielleicht noch die ein oder andere Oma als Mitfahrerin zum Einkauf transportieren.

    Ansonsten gilt auch hier: Nicht jeder, der im Recht ist, hat auch Recht.