Landau/Rohrbach. Die Einzelhandelssituation in Landau und das geplante Fachmarktzentrum in Rohrbach waren unter anderem Gegenstand der letzten Stadtratssitzung.
Die SPD-Stadtratsfraktion sprach in einem Antrag davon, dass sie mit „Sorge“ die Belegung der Geschäfte in der Innenstadt beobachte. Auf der einen Seite gebe es Ein-Euro-Läden, Mobilfunkanbieter und Imbisslokale – auf der anderen Seite gebe es Leerstände.
„Leerstände ergeben sich durch Mieterwechsel oder Sanierungsmaßnahmen“, so Wirtschaftsförderer Martin Messemer. Von 17 Leerständen, seien neun tatsächlich so zu werten. Insgesamt sei man aber noch nicht zuletzt durch eine städtische Gewerbedatei und Ausbau der Fußgängerzone „gut aufgestellt“.
Man habe einen Flächenzuwachs im Einzelhandel, gleichzeitig stehe man durch die Zunahme im Online-Handel („er wird laut Prognosen um 20 Prozent steigen“) unter Druck. Alle halbe Jahre mache die Wirtschaftsförderung eine Bestandsaufnahme, so Messemer. Viele Gemeinden haben keine schützenwerten Innendorfgebiete und forcierten daher eine Ansiedlung von Gewerbe an nicht integrierten Standorten. Nicht so Landau, das seinen Einzelhandel im Innenstadtbereich verortet.
Vor diesem Hintergrund ist das Vorgehen gegen die Baugenehmigung für das Fachmarktzentrum in Rohrbach zu sehen.
Im Bebauungsplan des Industriegebiets „Im Gigack“, „Kleine Ahlmühle“, „ImBellensee“, „Große Ahlmühle“ im Südosten Rohrbachs ist ein Sondergebiet“Einkaufszentrum“ festgesetzt.
Bisher war in diesem Sondergebiet der Real- Markt ansässig. Nach längerem Leerstand ist jetzt die Umnutzung zu einem „Fachmarktzentrum“ mit einer Verkaufsfläche von insgesamt ca. 10.000 qm geplant. Es sollen ein Lebensmittel- Discounter (ca. 1000 qm), ein Lebensmittel- Vollsortimenter (ca. 1600 qm), eine Drogerie (ca. 750 qm) und ein Bekleidungsunternehmen (ca. 6200 qm) angesiedelt werden.
Der Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung:
Der Stadtrat nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass die Stadtverwaltung weitere Rechtsmittel gegen die Baugenehmigung des Fachmarktzentrums in Anspruch nimmt, sofern der eingeschaltete Rechtsanwalt hierfür angemessene Erfolgsaussichten sieht.
„Die Verkaufsflächen überschreiten, abgesehen vom Drogeriemarkt, überall die Grenze zur Großflächigkeit (über 800 qm Verkaufsfläche), so die Verwaltung in der Begründung.
Der Bebauungsplan wurde ursprünglich 1970 rechtskräftig. Seitdem sei er mehrfach geändert und der Geltungsbereich verändert worden. Alle Änderungen zusammen überdecken den ursprünglichen Bebauungsplan. Im Falle des Fachmarktzentrums sei die 3. Änderung als Beurteilungsgrundlage heranzuziehen. Für das betreffende Vorhaben sei ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Einkaufszentrum mit Discothek“ festgesetzt.
Auf Basis des rechtskräftigen Bebauungsplans war von der Kreisverwaltung SÜW eine Baugenehmigung erteilt worden.
„Vor allem von dem großflächigen Bekleidungsmarkt mit einer Verkaufsfläche von über 6.000 qm können negative Auswirkungen auf die Landauer Innenstadt und den Einzelhandelsstandort ausgehen“, so OB Hirsch.
Aufgrund der Flächendimension und im Sinne des im Rahmen des Landauer Einzelhandelskonzeptes gefassten Grundsatzbeschlusses, die Landauer Innenstadt als zentralen Einkaufsstandort wettbewerbsfähig zu halten, würden nun rechtliche Schritte gegen die Baugenehmigung erforderlich, erläutert Hirsch noch einmal die Sitzungsvorlage.
Bereits im Dezember 2016 hatte die Stadt Landau deswegen Widerspruch gegen die Baugenehmigung des Fachmarktzentrums eingelegt.
Auch das Mittelzentrum Kandel geht gegen die Baugenehmigung vor. Von Seiten der Regionalplanung habe man sich, vor allem aufgrund der fehlenden zentralörtlichen Funktion, kritisch zu diesem Vorhaben geäußert.
Jedoch fehle aufgrund des rechtskräftigen Bebauungsplans bisher die Handhabe, um gegen das Vorhaben vorzugehen.
Man habe etliche „kollegiale Gespräche“ mit der Kreisverwaltung geführt, so Hirsch. Doch die Grenzen der Kommunikation seien jetzt erreicht.
Weiteres Vorgehen
Ob der eingelegte Widerspruch und ein mögliches gerichtliches Verfahren erfolgversprechend sind, könne derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden, so die Verwaltung in ihrer Einschätzung.
Im Bereich eines Bebauungsplans hat ein Bauherr grundsätzlich bauplanungsrechtlich einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, wenn das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht.
Das Vorhaben Fachmarktzentrum ist grundsätzlich innerhalb eines entsprechenden Sondergebiets zulässig. Nach der Rechtsprechung der Obergerichte muss aber die förmliche Planung dem „interkommunalen Abstimmungsgebot“ gerecht werden.
„Dass eine solche Abstimmung stattgefunden hat, ist nicht ersichtlich. Allerdings kann ein Bebauungsplan auch bei Verstoß gegen das Abstimmungsgebot nur unter bestimmten Umständen nach Eintritt der Rechtskraft noch angefochten werden. „Dies erfordert eine dezidierte Prüfung der Planverfahren. Eine solche Prüfung erfolgt derzeit unter Einschaltung eines Fachanwalts“, erläutert Hirsch das Procedere.
„Wenn wir das heute nicht verabschieden, verfolgen wir zukünftig eine ganz andere Politik, dann können wir gleich alles dem freien Spiel der Kräfte überlassen“, so Hirsch.
Der Antrag wurde angenommen, wobei sich die SPD-Fraktion und Pfeffer&Salz-Vertreter Wagner enthalten haben, die UBFL dagegen gestimmt hat.
Statement der Kreisverwaltung SÜW: Baugenehmigung für Fachmarktzentrum Rohrbach auf der Grundlage des gültigen Bebauungsplanes – Frühzeitige Information der benachbarten Städte
Aus Anlass der Debatte im Landauer Stadtrat und der Ankündigung, sich gegen das Fachmarktzentrum in Rohrbach zur Wehr setzen zu wollen, erklärt die Kreisverwaltung Südliche Weinstraße:
Der Bauantrag „Umbau Fachmarktcenter, Neuordnung Stellplätze“ beinhaltet die Revitalisierung des genehmigten Real-Marktes. Rechtsgrundlage für die Genehmigung ist der rechtskräftige Bebauungsplan „Industriegebiet „Im Gigack“, Kleine Ahlmühle, Im Bellensee, Große Ahlmüle“ der Ortsgemeinde Rohrbach.
Dieser setzt für das Vorhaben ein „Sondergebiet Einkaufszentrum“ fest. Ein Bebauungsplan wird als Satzung beschlossen und ist somit ein „Gemeindegesetz“, das von der Unteren Bauaufsichtsbehörde als Exekutive angewendet und umgesetzt werden muss. Im Baugenehmigungsverfahren ist zu prüfen, ob das Vorhaben den Festsetzungen des Planes entspricht.
Das ist hier der Fall. Der Antragsteller hat damit einen Rechtsanspruch auf die Baugenehmigung, die am 01.12.2016 erteilt wurde.
Bereits ein Jahr zuvor wurden die bauplanungsrechtlichen Inhalte durch eine Bauvoranfrage abgeprüft. Aus den o.g. Gründen wurde am 26.01.2016 ein positiver Bauvorbescheid erteilt. Da der Kreisverwaltung als unterer Bauaufsichtsbehörde an einem transparenten Verfahren gelegen war, wurde der Bauvorbescheid den umliegenden Mittelzentren (Landau, Kandel,
Bad Bergzabern und Wörth) zugestellt.
Im Anschreiben wurden die geplanten Sortimente (Bekleidung, Drogerieartikel, Lebensmittel) genannt und auf die Rechtsgrundlage „Bebauungsplan“ hingewiesen.
Zwecks Beantwortung weitere Fragen wurden die Kontaktdaten des Bauamtsleiters genannt. Das Schreiben enthält weiterhin eine Rechtsmittelbelehrung und setzte damit eine Frist zur Widerspruchseinlegung in Gang.
Alle vier Mittelzentren haben den Eingang dieses Schreibens bestätigt. Widerspruch wurde von keiner der Städte eingelegt. Der Bauvorbescheid wurde damit bestandskräftig.
Der Revitalisierung des ehemaligen Real-Marktes schien damit nichts mehr im Wege zu stehen. Der Antragsteller nahm daher den nächsten Schritt, nämlich den Bauantrag, in Angriff, der im Gegensatz zur Bauvoranfrage mit größeren Investitionen verbunden ist.
Wie auch schon der Bauvorbescheid wurde die Baugenehmigung direkt nach der Erteilung den vier Mittelzentren zugestellt.
Der Landkreis Südliche Weinstraße legt großen Wert auf die Feststellung, dass das Verfahren vom Amt für Bauen und Umwelt korrekt auf der Grundlage des gültigen Bebauungsplans durchgeführt wurde. Das gilt auch für Transparenz und die frühzeitige Beteiligung der nachbarlich Betroffenen.
Wenn nun der Rechtsweg beschritten wird, der in unserem Rechtsstaat jeder Behörde und jedem Bürger offen steht, wird das Urteil des Gerichts abzuwarten sein.
Landrätin Theresia Riedmaier fügt eine persönliche Erklärung an:
„Die Ankündigung des REAL-Konzerns, den Rohrbacher Markt zu schließen, war ein schwerer Schlag für die etwa 80 Mitarbeiter.
Ich habe die Verzweiflung der Frauen gesehen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben. Ich habe die Erschütterung aber auch den Kampfesmut der Betriebsrätinnen erlebt und werde die Existenzangst der Betroffenen nie vergessen, als klar war: REAL schließt und der Arbeitsplatz ist weg.
Die Gemeinde Rohrbach hat mit der Schließung des REAL-Marktes auch einen schweren Schlag erlitten. Viele Bürger müssen weitere Wege zum Einkaufen auf sich nehmen, für Ältere ist das besonders schwer; auch die Attraktivität eines Ortes lebt von guten Einkaufsmöglichkeiten und wenn sie fehlen, wird das spürbar.
Aus diesen Gründen habe ich mich von Anfang an zusammen mit Herrn Feser, dem Bürgermeister der Gemeinde, mit den Gemeinderäten, den Betriebsrätinnen und vielen Unterstützern darum bemüht, so schnell als möglich eine Revitalisierung des Einkaufszentrums zu erreichen.
Das war sehr schwer.
Als sich vor etwas mehr als einem Jahr die Chancen dafür abzeichneten, war es für mich selbstverständlich, Rohrbach zu unterstützen und die Möglichkeiten der Kreisverwaltung auf der Basis geltenden Rechts auszuschöpfen, wieder eine Anschlussnutzung hinzubekommen.
Eine unwirtliche Brache in einem so schönen Dorf wie Rohrbach, einen Stillstand in der Entwicklung dieser Gemeinde, den Verlust von Arbeitsplätzen und Lebensqualität für die Bürger konnte und wollte ich keinesfalls einfach so hinnehmen.
Also war klar: Rohrbach wird in jeder denkbaren und möglichen Weise unterstützt.
Wenn nun Landau und Kandel eine richterliche Klärung herbeiführen wollen, ist das zu akzeptieren. Es bleibt die Gewissheit, dass die Kreisverwaltung auf der Basis geltenden Baurechts genehmigt hat und es bleibt die Erwartung, dass große Hoffnungen der Bürger von Rohrbach und der Gemeinde nicht enttäuscht werden.“ (desa/ld/kv-süw)
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Die Gründe, für eine nicht vorhandene Attraktivität zum Einkaufen der Landauer Innenstadt sind wohl eher hausgemacht.
Der Normalbürger aus dem Umland versteht solche Maßnahmen wie fehlende Parkplätze, horrende Gebühren fürs Parken statt Parkscheibennutzung, usw. schon so, wie sie auch gemeint sind:
Wir sind hier nicht erwünscht!
Wenn die Stadt Landau noch Kapazitäten frei hat, um Einkaufsmöglichkeiten im Landkreis zu sabotieren, bedeutet das doch, dass die Fähigkeiten, um Innenstadtprobleme zu lösen, fehlt.
Da wäre es doch sinnvoller, die überflüssigen Kapazitäten abzubauen oder sich die Fähigkeiten anzueignen, die für die Probleme der Stadt Landau erforderlich sind.
Stattdessen die Probleme auf andere zu schieben (Internethandel!) und im Umland Amok zu laufen, hilft der Innenstadt keinen Schritt weiter!
Hirsch wetterte gegen Trumps „America First“ – Er selbst handelt nach dem Motto „Landau First“. Ich kaufe in Landau zumindest nichts mehr ein!