Gastkünstler Karl F. Stewart aus Tournus bei Germersheimer Kultur- und Museumsnacht

Ausstellung „Kunst in den Gewölben“ läuft noch bis zum 1. Dezember 2019

14. November 2019 | Kategorie: Kreis Germersheim, Kultur

Stewart im Gespräch.
Fotos: Simone Nelles

Germersheim – Der amerikanische Künstler Karl F. Stewart, der schon seit längerer Zeit in Germersheims französischer Partnerstadt Tournus lebt und die Festungsstadt Mitte April 2019 zum ersten Mal besuchte, stellt vom 2. November bis zum 1. Adventssonntag in Kooperation mit dem Germersheimer Kunstverein im Zeughauses im Deutschen Straßenmuseum (rechter Aufgang) aus.

Bei der offiziellen Vernissage am 2. November 2019 dankte Germersheims Bürgermeister Marcus Schaile dem amerikanischen Gastkünstler, der in seiner Wahlheimat ein Jahr zuvor als „artiste de l’année“, als Künstler des Jahres, ausgezeichnet worden war, dafür, die französische Partnerstadt in Form von hervorragenden Bildkompositionen nach Germersheim geholt zu haben.

Um die Präsenz und die Arbeiten des Künstlers aus Tournus entsprechend zu würdigen, fand auch die offizielle Eröffnung der Germersheimer Kultur- und Museumsnacht durch das Germersheimer Stadtoberhaupt am 8. November 2019 im Zeughaus statt.

Marita Mattheck, langjährige Vorsitzende des 1992 ins Leben gerufenen Germersheimer Kunstvereins, war es gelungen, die beiden bedeutenden Bildhauer Stefan Engel und Stefan Forler ebenfalls für die Ausstellung zu gewinnen, die sich noch bis zum 1. Dezember anzusehen lohnt.

Alle in Stewarts Serie „Vanishing Beauty“ enthaltenen Werke sind fotografische Bildkompositionen. Die Technik, die Stewart verwendet, bezeichnet er als dokumentarische Fotomalerei.

Jedes Foto dokumentiert einen Moment, eben genau die Zeit, die benötigt wird, um eine Szene fotografisch abzubilden. Menschen und Objekte wie Autos oder Boote, die Stewarts Werke „durchqueren“, werden letztlich in einem verdichteten Moment dargestellt, der durch das fertige Werk eingefangen wird.

Die malerische Komponente ergibt sich aus dem Verschmelzen der verwendeten Bilder zum fertigen Foto. Stewarts Kompositionen setzen sich aus jeweils 10 bis zu mehr als 25 Bildern zusammen. Der Künstler bedient sich ausschließlich der digitalen Bildbearbeitung.

Für den „Bildmaler“ Stewart stellt Germersheims französische Partnerstadt in Südburgund den Prototypen einer europäischen Kleinstadt schlechthin dar – noch losgelöst von der Umklammerung des digitalen Zeitalters und gleichzeitig sehr darauf bedacht, sich ihre Regionalität, ihren Bezug zum Land, das sie jahrhundertelang mit Lebenskraft gespeist hat, zu erhalten.

Tournus ist ein exzellentes Beispiel für die vielen Städte in Europa, die noch über eine märchenhafte, historisch gereifte Schönheit verfügen, sich aber schon längst in einer Phase des nicht aufzuhaltenden Umbruchs befinden.

„Vanishing Beauty“ ist eine poetische Hommage an Städte wie Tournus, die sich, umgeben von einer Welt aus Plastik, Bits, Bytes und Botox, in der heutigen schnelllebigen Zeit und inmitten ewigen Wandels eine Schönheit zu bewahren wissen, die unter die Haut geht.

Der Bildhauer Stefan Engel lebt und arbeitet in der Nähe des Donnersbergs in der Pfalz, wo ihm ein großes Atelier erlaubt, raumgreifende Keramik- und Holzplastiken zu schaffen.

Zahlreiche seiner Arbeiten befinden sich mittlerweile im öffentlichen Raum, so das Synagogendenkmal in Kusel und das „Denkmal für die Zeit 1939-45“ in Viernheim, der „Sumebrunnen“ am Heumarkt in Heidelberg, der „Blaue Brunnen“ auf dem Marktplatz in Rockenhausen und die „Menora für Elias Grünebaum“ an der Wasserburg Reipoltskirchen.

Diese Werke an prominenten öffentlichen Orten dokumentieren in der genannten Reihenfolge exemplarisch, wie sich in den vergangenen Jahren Engels künstlerisches Interesse von abstrakten figuralen Rinnen und Röhren hin zu Gehäusen für den menschlichen Körper verlagerte. So vollzog sich seine künstlerische Entwicklung vom Habitus als Erscheinung, Haltung, Gehabe und äußerer Gestalt zum Habitat.

Raumgreifende Holzskulptur von Stefan Engel.

Die neuesten Gehäuse – bühnenartige Kulissen, futuristische Hemisphären und „Behausungen für Avatare“ reflektieren Visionen eines verinselten, sich im Labyrinthischen verlierenden Lebens. Meist scheinen diese Kapseln mehrfach „wiederbesiedelt“ worden zu sein, was ihnen die Anmutung archäologischer Siedlungsschichten einträgt. So verführt der Künstler den Betrachter dazu, weniger gegenwartsgebunden auf das Menschsein und seine Hinterlassenschaften zu blicken.

Stefan Forler zeigt im Kunstverein Germersheim einige seiner aus Rundstahl gebogenen Stahlskulpturen. Gleich im Eingangsbereich wird der Besucher mit einer 4 Meter hohen dreiteiligen Arbeit empfangen: Bauchig geformte Stäbe ragen in die Höhe und belegen den Platz, den das Treppenauge bietet.

Im ersten Ausstellungsbereich oben beschäftigt sich eine Installation unter dem Titel „Be-Lastung“ mit dem Kontrast von senkrecht stehenden Glasplatten und darauf aufliegenden Stahlbügeln. In der nächsten Gewölbenische erobert sich eine dreiteilige Arbeit den Raum und füllt ihn, trotz der geringen Stärke (d:2 cm) des verwendeten Rundstahls.

Stahlskulptur von Stefan Forler.

Gegenüber präsentieren sich mehrere Stahlskulpturen (d:4 cm) auf den Sandsteinplatten des Fußbodens und erinnern an Schachfiguren auf einem Schachbrett. Die Arbeiten Forlers kreisen um das Thema „Skulptur im Raum“.

Sehenswert | À voir:

„Kunst in den Gewölben“ bis zum 1. Dezember im Zeughaus Germersheim (rechter Aufgang)
Öffnungszeiten samstags 15 bis 18 Uhr, sonntags 14 bis 18 Uhr | Finissage 1. Dezember 15 Uhr.

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