Forderung nach Unterschutzstellung der Befestigungsanlagen: Sollen Landauer um ihr kulturelles Erbe betrogen werden?

10. September 2014 | Kategorie: Landau, Regional

Ein Modell der Landauer Festung wie sie ursprünglich aussah. Das Modell ist im Stadtmuseum ausgestellt.
Foto: pfalz-express.de/Ahme

Landau. Derzeit sammeln Mitglieder des Festungsbauvereins e. V. Unterschriften mit dem Ziel, sämtliche noch bestehenden Reste der früheren Vaubanschen Befestigung Landaus, einschließlich der unter der Erdoberfläche befindlichen Teile, unter Denkmalschutz stellen zu lassen. Es wird außerdem gefordert, die noch vorhandenen Teile der Festung zu erhalten und soweit wie möglich für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die SPD-Stadtratsfraktion spricht dies in einem Brief an OB Schlimmer an. Sie befürchtet, dass „die Realisierung aller drei Maßnahmenkomplexe – Unterschutzstellung, Sanierung und dauerhafte Öffnung – “ erhebliche und tief greifende Folgen mit sich bringen und bis zu einem gewissen Grad einen Einschnitt in die bisherige Form der Stadtentwicklung bedeuten würde. Zudem wäre das mit einem erheblichen, bislang nicht bezifferten Kostenaufwand verbunden.“

In der öffentlichen, intensiv geführten Diskussion seien die Kosten wie auch die rechtlichen Konsequenzen weitgehend unbeachtet geblieben, stellt Fraktionsvorsitzender Dr. Ingenthron fest und stellt deshalb im Namen der SPD-Stadtratsfraktion den folgenden Antrag zur Behandlung in der nächsten Sitzung des Stadtrats:

1. Die Stadt Landau ermittelt die Vorbedingungen und Folgen einer Unterschutzstellung sämtlicher Reste der früheren Befestigung in rechtlicher, finanzieller und zeitlicher Hinsicht. Insbesondere stellt die Verwaltung die zu erwartenden Konsequenzen für die Stadtentwicklung, für Investoren und Privateigentümer dar.

2. Die Verwaltung listet die baulichen Teile der Befestigung auf, die saniert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnten und ermittelt die Kosten für den Sanierungsaufwand und – soweit sich das daraus ergibt – die Folgekosten für den laufenden Betrieb (Sach- und Personalkosten). Mögliche Zuschüsse Dritter (Bund, Land usw.) werden berücksichtigt und dargestellt, ebenso die durch den Festungsbauverein dauerhaft zu erbringenden Leistungen.

3. Die Verwaltung prüft in diesem Zusammenhang die Überlegung, die noch bestehenden Teile der Festung in die nationale Vorschlagsliste zur Klassifizierung als UNESCO-Welterbe aufzunehmen. Die zuständigen Behörden sollen um eine Stellungnahme gebeten werden, ob ein solcher Antrag eine Chance auf Verwirklichung hat.

Begründung:

Der Festungsbauverein hat bislang ein hohes Engagement zur Verwirklichung seiner satzungsgemäßen Ziele gezeigt. Aber trotz der hohen Wertschätzung für dieses Engagement reicht es nicht, alleine Forderungen zur Grundlage der Willensbildung zu machen, auch wenn diese noch so nachvollziehbar und sympathisch sind.

Es ist unerlässlich, dass zunächst alle Fakten, Folgen und Kosten ermittelt und zusammengestellt werden. Erst dann kann diese Diskussion wirklich zielgerichtet und sachorientiert geführt werden. Genau das ist die Intention dieses Antrags.

Mit einem Beschluss würde der Rat aus unserer Sicht die zum jetzigen Zeitpunkt und beim gegenwärtigen Diskussionsstand richtige Weichenstellung für den weiteren Willensbildungsprozess vornehmen.

Dazu eine der kritischen Stimmen, sie kommt von Helgit Renner-Moser.

„Kürzlich fand die großartige Führung der Archäologen durch das neu ausgegrabene, historische Festungsgelände Werk 38 in Landau statt. Der phantastische Zustand der ausgegrabenen Mauern und gut erhaltenen Wehrgänge, die riesigen Festungstüren, deren eiserne Angeln sogar noch erhalten sind, zogen alle Besucher in Bann. Derer gab es so viele, dass sie geduldig warten mussten, bis etliche weitere Gruppen geführt werden konnten.

Unfaßbar, dass dieses historische Geschenk, wonach sich andere Städte , die Finger lecken würden, durch Bagger komplett zerstört werden soll, um einer Tiefgarage zu weichen. Ja, sie lesen richtig-einer Tiefgarage! Die Zerstörung einmaligen Kulturgutes ist ein Verbrechen am gemeinsamen kulturellen Erbe und es ist unwiederbringlich auch den kommenden Generationen genommen. Wer verhökert hier für ein paar „müde Kröten“ unsere Geschichte? Mit welcher Begründung soll Landau weiterhin als Festungsstadt beworben werden? Ich hoffe nur, dass viele Pfälzer die Zerstörung der Zeugnisse ihrer Geschichte nicht hinnehmen werden. Die Zeit für Einwände ist bewusst kurz gefasst worden. (red/desa)

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